Die Legenden der Albae: Dunkle Pfade (German Edition)
Statthalter gegen das Holz, sodass der Alb dahinter in den Flur geschleudert wurde und zu Boden ging.
Du wirst mir die Wahrheit beichten! Aïsolon stürmte hinein, packte Wènelon am Kragen des dunklen Hausmantels und zog ihn auf die Beine, presste den Jammernden gegen die Wand. »Ich komme gerade von Ranôria«, raunte er düster.
»Bist du verrückt? Du hast mir die Nase zertrümmert!«, protestierte Wènelon.
»Sie lag tot auf einem Dachboden, ermordet, mit mehreren Stichen im Leib. Und ich weiß«, Aïsolon rammte den Alb mit Schwung gegen die Steinwand, »ich weiß, dass sie bei dir war, um über die Nacht des Verbrechens zu sprechen, das Firûsha und Sisaroth angeblich begingen. Deinetwegen und aufgrund deiner Freunde«, er schlug ihm ins Gesicht, »verbannte ich meine Kinder nach Phondrasôn! Weil ihr es mir geschworen hattet! Und jetzt bin ich hier, um dir erneut die Frage zu stellen: Was geschah bei diesem verfluchten Mahl im Hause von Tênnegor?«
»Kann es nicht ein Räuber gewesen sein, der …«, versuchte Wènelon eine Ausflucht.
»NEIN!«, schrie ihm Aïsolon ins Gesicht. Die Wutlinien jagten über seine Züge wie schwarze Blitze. Das Ziehen, das sie verursachten, schmerzte und stachelte ihn noch mehr an. »Versuche nicht, mich zu täuschen, oder ich schleife dich auf der Stelle zum Wall hinauf und lasse dich an deinen eigenen Gedärmen hinabhängen!«
»Statthalter, ich …« Wènelons Augen zuckten furchtsam. »Ich kann nicht!«
» Ich kann schon!« Aïsolon zog seinen Dolch aus der Scheide und setzte ihn gegen dessen Bauch. »Ich verspreche dir, dass niemand mitbekommen wird, was aus dir wurde«, grollte er hassend. »Du wirst einfach verschwinden.« Rede, oder ich … Aïsolon verstärkte den Druck, die Spitze drang in die Haut ein.
Wènelon schrie in Todesangst. »Acòrhia! Es war Acòrhia, die uns dazu zwang!«
Die Geschichtenweberin! Aïsolon musste sich beherrschen, den Dolch nicht in den Eingeweiden zu versenken. »Ihr steckt unter einer Decke, du und die übrigen sechs?«
Der Alb nickte hastig. »Bitte, töte mich nicht!«
Ich will sie alle, die ganze Lügengesellschaft. Aïsolon zog die Klinge weg, machte einen Schritt nach hinten und winkte einen Gardisten heran. »Geh und sage Gàlaidon, dass er alle Zeugen der Mordnacht unauffällig einsammeln und in die Festung bringen lassen soll. Niemand darf etwas davon bemerken.« Der Untergebene salutierte und lief hinaus. »So, Wènelon. Ich möchte hören, warum ihr beschlossen habt, meine Kinder ins Verderben zu stürzen. Liefere mir den Grund.«
Drei sind eins.
Säuseln, wispern,
erzählen vom Tod.
Und bringen ihn
ganz ohne Not.
Drei sind eins.
Nachtgedanken, Nachtgestalten,
sind von keinem aufzuhalten.
Geschwister, liebreizend, schön,
töten offen oder ungesehen.
Drei sind eins.
Drei sind alles.
Drei sind untrennbar, unverkennbar.
Drei sind immerdar:
Sisaroth, Tirîgon und Firûsha.
Erster Lobgesang, aus dem Epos »Junge Götter«,
aufgezeichnet von Carmondai, dem Meister in Bildnis und Wort
Phondrasôn, nach dem 5427. Teil der Unendlichkeit
Umgebracht? Sisaroth dachte zuerst, er habe sich verhört.
Doch da Marandëi nach ihrem Mordgeständnis an ihrem Meister beharrlich schwieg, als wolle sie das Gesagte rückgängig machen, unterstellte er ihr, dass sie die Wahrheit gesagt hatte.
Sie wandelten durch die Labyrinthe von Phondrasôn, verloren kein weiteres Wort und beschränkten sich auf knappe Absprachen, wenn sie auf Kreuzungen stießen.
Seit einiger Zeit befanden sie sich in einem Abschnitt, in dem die Wände aus Buntsandstein bestanden. Es roch feucht. Kleinere Gewächse, die sich zusammenzogen, sobald Helligkeit sie traf, hingen in Nischen und von der Decke.
So ist es recht. Zieht euch zurück und lasst uns in Frieden. Im Schein des Lichts, das Marandëis Stabintarsien warfen, erkannte Sisaroth verschiedenste Spuren im sandigen Untergrund. Einige deutete er als Óarcofüße, manche wiesen die vierfache Größe auf. Und Krallen. Er fragte sich, wie solche Bestien durch die engen Röhren gelangt waren.
Gerade weil er die Abdrücke bemerkt hatte, verzichtete er darauf, die Namen seiner Geschwister zu rufen. Er brauchte erst eine bessere Ausrüstung, um neuerliche Kämpfe zu schlagen. Und eine Rast, mit Essen und Schlaf. »Ist es noch weit?«, sagte er leise zu Marandëi.
»Ich schätze, wir werden noch zweimal ein Lager aufschlagen und uns ausruhen müssen, bis es so weit ist«, antwortete sie
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