Die Legenden der Albae: Dunkle Pfade (German Edition)
nicht. Sie ist nicht deine Gefährtin. Wie kann sie das von dir fordern?
Tirîgons Miene verschloss sich. »Der Fisch verbrennt.«
Esmonäe hob den Stock und prüfte das Fleisch, das an einer Stelle schwarz geworden war. »Es ist gar.« Sie schnitt sich ein Stück heraus und legte es auf einen Stein zum Abkühlen, reichte den Spieß an den Alb. »Bitte hasse mich nicht für meine Frage«, sagte sie ängstlich.
Hassen? »Nein, Esmonäe!« Er sah sie erschrocken an. »Ich weiß, wie du es meintest.« Er pulte Fleisch von den Gräten und schob es sich in den Mund. Der Fisch schmeckte nach nichts. »Ich verspreche dir, dass wir nicht ewig nach ihnen suchen werden«, hörte er sich selbst sagen.
Während Esmonäe ihm ein Lächeln schenkte, das sein Herz vor unbändigem Glück zum Pochen brachte, wurde der Mahnende dadurch zum Schweigen gebracht und erstickt.
Tirîgon und Esmonäe wanderten durch die Gänge, Kavernen und Tunnel.
Die Albin führte sie zu einer von Tossàlors Unterkünften. Er unterhielt mehrere, wie sie Tirîgon unterwegs berichtete. Zur Inspiration, in verschiedenen Gegenden.
Während des Laufens schmiedeten sie Pläne für die gemeinsame Zukunft in Dsôn, und die Vorstellungen der beiden deckten sich, was die Euphorie des Kriegers steigerte. Bei ihren Rasten errichteten sie stets nur eine Schlafstatt, die sie mit Hingabe teilten.
Endlich passierten sie einen Höhleneingang, der hoch über einer hügeldurchzogenen Landschaft lag, ein gezackter Himmel wölbte sich darüber.
»Wir sind da.« Esmonäe klatschte. »Lobe mich, dass ich uns sicher hierherbrachte.«
»Ich lobe dich.« Tirîgon küsste sie. »Sooft du möchtest.« Dann wandte er den Kopf.
Was er zunächst für gefrorene Blitze gehalten hatte, entpuppte sich als Stalaktiten, die von innen heraus leuchteten und Licht spendeten. In der Decke und den Wänden klafften breite Spalten und riesenhafte Löcher, durch die ein Drache hätte gleiten können.
Im Schein der schimmernden Kalkgebilde wuchsen gelbgrünliche Nadelwälder, in den Lichtungen breitete sich orangefarbenes Gras aus. Rehähnliche Tiere ästen darauf, Vögel zogen über den Baumkronen ihre Kreise. Vereinzelt erhob sich Rauch aus einfachen Hütten, es gab bestellte Felder mit Ähren und Rebstöcken. Am anderen Ende, in etlichen Meilen Entfernung, war ein befestigtes Gebäude im Fels zu erkennen, über dem ein braun-oranges Banner mit unkenntlichen Ornamenten wehte.
Es sieht friedlich aus, dachte Tirîgon verblüfft. Weder Ungeheuer noch Attacken von Barbaren. Scheint, als könne man in Phondrasôn doch ein normales Leben führen. Er sah verwundert zu Esmonäe. »Ist das die Insel der Glückseligen?«
Sie lachte. »Nein. Die Höhle der Wehrhaften.« Sie wies auf die Festung. »Darin halten die Bewohner, die einem Barbarenstamm entstammen, ein Scheusal gefangen, das sie stets freilassen, sobald sie von außen bedroht werden. Diese Bestie ist gewaltig und kann fliegen, aber sie kehrt in ihren Hort zurück, nachdem sie die Gefahr abwehrte. Sie scheint sich darin wohlzufühlen.«
»Und sie dulden Tossàlor in ihrer Heimat?«
»Mehr noch, sie mögen ihn sogar. Daher sind wir auch vor der Bestie sicher. Sie kennt unser Volk und ist darauf abgerichtet, uns nicht anzugreifen. Das erklärte mir Tossàlor zumindest.« Esmonäe blickte sich um. »Wenn ich mich richtig erinnere, liegt sein Haus gleich unter uns, in der rechten Ecke. Zwischen den großen Bäumen.«
Tirîgon erkannte die große Hütte, die auf Stelzen errichtet stand und um die herum Knochen von unterschiedlicher Größe verteilt lagen. Vermutlich der Abfall bei der Erschaffung neuer Werke. Das Dach strahlte weiß gestrichen und warf seinen hellen Schein weithin sichtbar ins Land.
Sie eilten den gewundenen Pfad hinab, vorbei an den Feldern mit Weinreben. Die grellroten Trauben hingen voll und reif an den Zweigen. Tirîgon widerstand dem Wunsch, einige Früchte zu kosten. Am Ende schadete ihm der Verzehr. »Sollte ich noch etwas über ihn wissen?«
»Du klingst ja beinahe ängstlich«, zog Esmonäe ihn auf. »Er wird sich nicht mit seinen Ausbeinmessern auf dich werfen.«
Er verkniff sich die Frage, weswegen Tossàlor ihr nichts antat. Weil er wenigstens hier unten so viel Anstand besitzt und den Zusammenhalt wahrt? »Ich bin nicht ängstlich. Ich suche nach Gründen, die ihn dazu bringen könnten, uns zu helfen. Ein Lockmittel, wenn du verstehst?«
»Dir wird schon etwas einfallen. Du bist schlau.« Esmonäe führte
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