Die Legenden der Albae: Dunkle Pfade (German Edition)
Buchstaben erkennen. Tirîgon sah sich genauer um.
Zwei der Stege waren beschädigt und auf einer langen Strecke eingebrochen. Die Tore wirken nicht, als würden sie häufig geöffnet. Sie sind voller Rost, ungepflegt. Somit bestand der einzige Zugang für die Elben und für alle anderen aus der Spalte, die sich geschätzte dreihundert Schritt von der Insel entfernt befand. Ohne ein fliegendes Schiff ging es von dort nicht weiter. »Sie haben den Palast eingenommen und zu ihrem Lager gemacht. Eine perfekte Festung.«
»Und woher stammt der Satz auf Albisch?« Esmonäe sprach aus, was er gedacht hatte.
»Möglicherweise lebte einst ein Alb darin, ehe sie ihn umbrachten.« Wäre ich auf Dauer in Phondrasôn, würde ich mir genau so einen Stützpunkt wünschen.
Das Schiff senkte sich und nahm Kurs auf den Palast.
»Was tun wir? Sie werden uns entdecken, wenn wir hier hängen wie ein Windspiel.« Tirîgon fiel nicht ein, was sie unternehmen konnten. Auch das Einhüllen in Schatten brachte nichts. Schwarze Klumpen am Seil fielen nicht minder auf.
»Runter bis ans Ende«, entschied Esmonäe, löste die Schlinge und rutschte am Tau hinab. »Wir springen ab, sobald wir über der Insel sind.«
Er glitt am Seil nach unten und fühlte die Wärme, die das flüssige Glas ausstrahlte. Die Wogen verhielten sich gleich echtem Wasser, rollten gegen die Ufer und liefen den Strand hinauf, wo sie in den Felsen versickerten. Die Steine müssen genauso heiß sein, sonst würde das Glas daran haften und aushärten.
Dann kamen die ersten Bäume, die grünlich schwarze Blätter aufwiesen. Der Abstand von seinen Sohlen bis zur Krone belief sich auf geschätzte zehn Schritt. Das ist zu hoch.
»Erinnerst du dich, was du mir in der anderen Höhle sagtest?«, rief Esmonäe ihm zu.
»Was meinst du?«
»Du sagtest: Folge mir.« Die Albin öffnete die Hände und stürzte nach unten.
Sie ist … Tirîgon ließ das Seil los und fiel – Das ist purer Wahnsinn, was ich tue! –, um gleich darauf im weichen Blättertuch zu landen. Er breitete die Arme aus und versuchte sich an dicken Zweigen zu halten. Sie brachen unter ihm, schmerzhaft peitschten sie ihm auf die Brust und ins Gesicht.
Er rauschte abwärts, bis er mit der Hüfte am dicken Stamm hängen blieb, der seinem Sturz eine neue Richtung gab.
Tirîgon krachte mit dem Oberkörper auf einen Ast und klammerte sich fest. Geschafft! Ihm tat der geschundene Rücken weh, seine Arme zitterten, und sein Herz wollte in der Brust zerspringen.
Mühsam und umständlich kletterte er den Baum hinab und sprang auf die Erde, wo ihn Esmonäe bereits erwartete, natürlich mit einem Lächeln auf den lockenden Lippen.
»Sieh an, der junge Krieger erscheint wie ein alt gewordener Hangbär. Pflücktest du unterwegs Früchte oder was hielt dich auf?«, begrüßte sie ihn und gab ihm einen Kuss. »Das war deine erste Belohnung. Die zweite wirst du bekommen, wenn wir die Elben getötet und Tossàlor befreit haben. Ich verspreche dir, dass du es nicht bereuen wirst.« Sie lief los.
»Woher weißt du, wohin wir uns wenden müssen?«
»Wir schwebten über der Insel. Hast du dir den Weg nicht eingeprägt? Es war lange genug dafür Zeit, während wir an den Seilen hingen.« Esmonäe verschwand zwischen dem hoch wachsenden Farn, der sich hinter ihr schloss. »Bleib bei mir, sonst verlierst du mich.«
Tirîgon folgte ihr, sein Schwert gezogen und achtsam, falls die Elben Wachen aufgestellt hatten. Sein Rückgrat sandte Schmerzen, die sich ins rechte Bein zogen, wenn er zu hart auftrat. Und ihr geht es so gut, als sei sie von einer niedrigen Mauer gehüpft.
Dicht an dicht liefen sie den Hügel hinauf, grinsten sich dabei gelegentlich an.
Es gefällt mir, mit ihr ins Gefecht zu ziehen. Ihre Zuversicht wirkte ansteckend. Er sorgte sich nicht wegen der Übermacht. Er war begierig darauf zu sehen, von welchen Tricks sie gesprochen hatte.
Esmonäe gab ihm ein Zeichen, stehen zu bleiben und duckte sich ab, kroch über den Boden bis zum Waldrand.
Tirîgon kam gebückt nach und warf durch das Blattwerk einen Blick auf den Palast, über dem das Schiff schwebte.
Die Klappe im Bug öffnete sich, die Elben ließen den Käfig mit Tossàlor herab. Wo der Gefangene landete, konnten sie von hier aus nicht erkennen. Sie haben keine Wächter aufgestellt. Sie fühlen sich sehr sicher. Gut für uns! Er wechselte einen Blick mit der Albin. »Hast du einen Plan?«
»Einen recht einfachen. Wir gehen rein und töten die Elben
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