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Die Legenden der Albae - Vernichtender Hass

Die Legenden der Albae - Vernichtender Hass

Titel: Die Legenden der Albae - Vernichtender Hass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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von seinem Turm herab auf eine Gruppe von Albae, die
sich dem Tor nähern wollte. Sie trugen ihr Hab und Gut in Säcken auf dem
Rücken, die Mäntel waren zerschlissen und die Säume der Beinkleider
ausgefranst. Es fällt mir schwer, aber ich darf kein Mitleid
zeigen. »Bleibt weg! Im Namen von Nagsor und Nagsar Inàste, weicht
zurück und wartet im Lager für die Neuankömmlinge! Einen Schritt weiter, und
ich muss euch mit Pfeilen vertreiben – oder töten lassen!«
    Sie
sahen zu ihm hinauf, berieten sich.
    Â»Zielt
auf sie!«, befahl Caphalor den Bogenschützen rechts und links der Brüstung. Sie
hoben ihre Fernwaffen und machten sich bereit.
    Die
Albae am Boden sahen es und rannten Hals über Kopf davon.
    Caphalor
hasste es, derlei Drohungen gegen die Flüchtlinge auszustoßen, doch zum Schutz
derer, die in Dsôn Balsur lebten, ging es nicht anders. Die Gesunden mussten
gesund bleiben. »Anscheinend werden die Wachen am Zugang des Steinernen Torwegs
in Ishím Voróo nachlässig. Sie hätten die Gruppe aufhalten müssen.«
    Â»Vielleicht
sind sie schon tot?«, warf ein Schütze ein und senkte den Bogen. »Die Parasiten
machen vor keinem Halt.«
    Â»Das
wäre schlecht. Wir brauchen auch dort unten Leute, die weiterhin für Ordnung
sorgen.« Caphalor blickte zur Barrikade, die er im Durchgang hatte errichten
lassen. Dahinter standen Pfeil- und Speerkatapulte, die den Steinernen Torweg
entlangzielten; er selbst befand sich auf dem rechten der Türme, um sich ein
Bild von der Lage an diesem Moment der Unendlichkeit zu machen.
    Ohne
Ordnung ging es nicht.
    Er
hatte die Flüchtlinge in mehrere Lager einteilen lassen, von vorn nach hinten
gestaffelt: Ganz hinten mussten die Neuankömmlinge warten. Sie durften erst
nach fünfzig Momenten der Unendlichkeit ins anschließende Lager, nachdem klar
war, dass sie keine Parasiten in sich trugen. Auch das zweite Übergangslager
stand unter strenger Beobachtung; zeigten sich bei den Albae nach weiteren zehn
Momenten keine Anzeichen für die Krankheit, durften sie ins dritte vorrücken.
Dort warteten die Gesunden auf den Moment, an dem Caphalor ihnen mitteilte,
dass sie passieren durften.
    Die
Kontrolle und Aufrechterhaltung der Ordnung übernahmen Soldaten, die man
seinerzeit zur Bekämpfung der Dorón Ashont zurückbeordert hatte und die deshalb
zu den Ausgestoßenen gehörten. Caphalor kannte einige vom Feldzug in Tark Draan
her. Sie ritten jeden Morgen bis nahe an die Barrikade, erstatteten ihm Bericht
und nahmen von ihm Befehle entgegen, die sie umsetzten. Sein verlängerter Arm.
    Aïsolon, mein Bester. Beschütze diejenigen, die wie du entschieden
haben, Dsôn Faïmon die Treue zu halten. Er dachte oft an seinen guten
Freund, der eine große Aufgabe versah.
    Ebenso
oft dachte er an seine Kinder, deren Schicksal er nicht kannte. Lebendig, tot,
von Säure zerfressen … Die Ungewissheit bereitete ihm grausamsten Schmerz in
tiefster Seele.
    Und
er dachte an Sinthoras, der durch den Westen von Ishím Voróo zog. Er könnte den Wartenden Zuversicht geben und ihnen Visionen von
einem neuen Leben schenken. Sofern er noch unter den Lebenden weilt.
    Voller
Mitgefühl betrachtete Caphalor die Zelte, die sich im Torweg drängten. Eilends
errichtete Mauern trennten die drei Lager voneinander, dazwischen gab es
jeweils einen Schritt breite Gräben, gefüllt mit Säure aus Dsôn, als Barriere
gegen kriechende Parasiten.
    Dennoch
war es nicht einfach, der Plage Herr zu werden. Es gab nach wie vor große
Verluste und Neuansteckungen. Alles in allem befanden sich viertausend seines
Volkes im Grauen Gebirge und hausten unter unwürdigsten Bedingungen.
    Welch Elend. Caphalor ballte die Rechte zur Faust – und
konnte doch keinen für das Schicksal seines Volkes zur Rechenschaft ziehen.
Die Dorón Ashont waren ebenso in der Säure vergangen wie Tausende von Albae.
Samusin hatte eingegriffen. Und doch gab es da diesen Gedanken …
    Er
wusste nicht, was er tun würde, wenn sich ein Freund oder eines seiner Kinder
zu erkennen gäbe und um Einlass bettelte. Er konnte nur hoffen, dass dies
niemals geschehen würde.
    Hinter
ihm wurde leise gesprochen, dann trat ein Alb, der von einem langen, schnellen
Ritt gezeichnet war, neben ihn und reichte ihm eine Lederhülle mit dem Zeichen
der Unauslöschlichen. »Nachricht für dich, Caphalor.

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