Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Legenden des Raben 05 - Drachenlord

Titel: Die Legenden des Raben 05 - Drachenlord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
Vom Netzwerk:
Kälte nahm zu, und das blaue Glühen im Riss am Himmel breitete sich aus. Eine böse Aura entfaltete sich hinter den Mauern. Seinen Kriegern entging es so wenig wie ihm.
    Leise sprachen sie miteinander, sangen ihre Stammeslieder und starrten ihn und das Kolleg an. Sie hatten Angst, aber keiner würde weglaufen, nicht einmal im Angesicht eines Feindes, den sie nicht zu bekämpfen wussten.
    »Mylord, schaut nur!«, rief ein Krieger.
    Die zweitausend Männer verstummten. Sechs Wesen stiegen hinter den Mauern des Kollegs auf. Eines, der Anführer, war halb so groß wie die Mauern und wahrlich beeindruckend. Es hatte den Körper und Kopf eines Mannes, von der Hüfte abwärts hingen jedoch nur noch Tentakel herab, die wie bei einer Seeanemone pendelten und das Wesen durch die Luft beförderten. Die anderen, die es begleiteten, besaßen Flügel, Schwänze und flache, kalte und tote Gesichter. Alle waren haarlos und bläulich gefärbt, hier und dort zogen sich rote oder grüne Streifen über die Haut.
    Tessaya packte seine Klinge unwillkürlich fester.
    »Zeigt keine Furcht«, rief er. »Wir sind die Wesmen, wir fürchten nichts.«
    Als er hörte, wie sie seine Worte wiederholten und weitergaben, nickte er zufrieden und lächelte grimmig. Er beobachtete die Kreaturen, die sich auf einer Woge kalter Luft rasch näherten. Der Riese ließ sich vor ihm auf den Tentakeln nieder. Er war völlig geruchlos.

    »Wir sind hier die neuen Herren«, sagte das Wesen. »Du wirst dich uns unterwerfen. Du wirst keine Waffen tragen und uns alle deine Untertanen als Opfer darbieten. Wir werden nehmen, was uns gefällt. So soll es sein.«
    »Niemand herrscht über die Wesmen. Wir werden dich bekämpfen, und wir werden siegen.«
    Tessaya schlug mit der Klinge zu. Tief drang das Schwert ein, und er spürte den Widerstand im Körper des Wesens, doch als er die Klinge herauszog, heilte die Wunde vor seinen Augen. Das Wesen verzog einen Moment lang schmerzlich das Gesicht.
    »Ihr könnt uns nicht besiegen«, erklärte ihm das Wesen. »Du wirst der Erste sein. Dein Volk wird lernen, uns zu gehorchen. Es gibt keinen anderen Weg.«
    Das Wesen berührte Tessaya über dem Herzen und packte zu, verzog dann erstaunt das Gesicht. Es stieß noch einmal zu. Tessaya stolperte rückwärts und wurde von den Männern hinter ihm aufgefangen.
    »Was ist das?«, zischte das Wesen. »Deine Seele gehört mir. Alle eure Seelen gehören mir.«
    Tessaya lachte ihm laut ins Gesicht.
    Ihm fiel das Wort ein, das die Menschen im Osten benutzten. »Dämonen.« Er spuckte auf den Boden. »Wisst ihr es denn nicht? Ihr könnt die Wesmen nicht berühren. Die Geister schützen unsere Seelen.«
    »Dann werden wir die Geister zerschmettern, ehe wir euch niederwerfen.«
    »Diesen Kampf könnt ihr nicht gewinnen.«
    Der Dämon starrte ihn noch einen Augenblick an, drehte sich um und schwebte zum Kolleg zurück. Unbehagliches Schweigen senkte sich über die Wesmen. Tessaya richtete den Blick wieder auf die Türme von Xetesk.
    Sie waren schlau, diese Xeteskianer. Die Dämonen konnten
mit Magie vernichtet werden, doch die Kräfte, die für den Angriff zur Verfügung standen, waren begrenzt, und die Gegner waren überwältigend stark. Die Verteidiger hatten sich jedoch rasch überlegt, was die Dämonen fürchteten, und eine magische Barriere aufgebaut. Trotz ihrer Stärke nahmen sich die Dämonen vor der Barriere in Acht und hielten sich zurück.
    Wie auch immer dieser Spruch beschaffen war – im Innern starben die Dämonen, und daher blieben sie draußen. Kaum einmal im Leben hatte Tessaya den Wunsch gehabt, er könne die Magie verstehen, doch in diesem Augenblick wünschte er es sich. Er beneidete die Xeteskianer um ihre Macht und konnte einstweilen nur neugierig und ohnmächtig zusehen. Die Xeteskianer konnten jedenfalls die Dämonen töten oder wenigstens verletzen, während er trotz seiner Leidenschaft und Stärke nichts auszurichten vermochte.
    Die Sonne versank schon hinter den Türmen, als er endlich genug gesehen hatte. Der Augenblick kam, in dem die Barriere den Dämonen vorerst die Gelüste ausgetrieben hatte, und so wandten sie sich der ungeschützten Bevölkerung zu. Tessaya hatte nicht die Absicht, das gleiche Schicksal zu erleiden.
    »Die Magier werden nicht so leicht und auch nicht sehr bald sterben«, erklärte er dem Leutnant, der neben ihm stand. »Für heute ist unsere Chance vertan.«
    »Vielleicht für immer«, sagte der Krieger.
    »Es wird andere Gelegenheiten

Weitere Kostenlose Bücher