Die Leiche im rosa Nachthemd
ausführt.
Ich weiß schon, was ich will.«
»Aber du ißt wirklich nicht
genug, Donald. Du bist doch nur Haut und Knochen.«
Ein Streit mit ihr war mir zu
anstrengend. Ich schwieg und rauchte vor mich hin.
Bertha sah mich verstohlen von
der Seite an, während sie herzhaft Zugriff. »Du siehst aus wie durch
Seifenlauge gezogen«, meinte sie. »Du wirst mir doch nicht krank werden?«
Ich sagte nichts. Beim Essen
legte sich das flaue Gefühl etwas, das ich im Magen hatte. Der schwarze Kaffee
war gut, aber das Schinkenbrot schaffte ich nicht ganz.
»Ich weiß, woran es liegt«,
sagte Bertha. »Du hast dir in diesen gammligen Restaurants in Oakview den Magen
verrenkt. Meine Güte, Donald, stell dir vor, das ist unsere Chance! Dr. Alfmont
mischt in einem Wahlkampf mit, in dem er die eine Hälfte der Bevölkerung
blamiert, wenn er einen Rückzieher macht, und in dem die andere Hälfte ihn
abschießen will. Wir können fordern, was wir wollen.«
»Das hat er auch schon gesagt«,
meinte ich.
»Jetzt müssen wir schnell
arbeiten. Das bedeutet Dienst rund um die Uhr.«
Ich machte den Mund auf und
machte ihn wieder zu. Es lohnte sich nicht.
»Sei doch nicht so stur,
Donald. Spuck’s schon aus!«
Ich goß mir den letzten Schluck
Kaffee ein und kippte ihn herunter. »Also ganz kurz. Dr. Lintig brennt mit
seiner Sprechstundenhilfe durch. Sie nennt sich wahrscheinlich jetzt Mrs.
Alfmont, aber geheiratet haben sie wohl nicht; denn das wäre Bigamie gewesen.
Vielleicht haben sie es doch getan. Die Konsequenzen kannst du dir selber
ausmalen. Wenn Mrs. Lintig tot ist oder die Scheidung durchgesetzt hat, ist Dr.
Alfmont aus dem Schneider. Er hat keine Bigamie begangen, und seine
Sprechstundenhilfe ist die rechtmäßige Mrs. Alfmont. Vielleicht sind auch
Kinder da.
Wenn aber Mrs. Lintig die
Scheidung nicht durchgesetzt hat, und das hat sie nach ihrer eigenen Aussage
nicht; wenn sie lebt und wohlauf ist, braucht sie nur am Vorabend der Wahl in
Santa Carlotta aufzukreuzen. Sie identifiziert Dr. Alfmont als Dr. Lintig,
ihren ihr nach wie vor Angetrauten. Die Frau, die die Bevölkerung von Santa
Carlotta als Mrs. Alfmont kennt, wird wieder zu Vivian Carter, der
Mitschuldigen in einem Ehescheidungsprozeß. Sie haben offen zusammen als Mann
und Frau gelebt. Ein schöner Skandal, was?«
»Dazu müssen sie erst mal Mrs.
Lintig haben.«
»Wahrscheinlich haben sie sie
schon«, sagte ich. »Leider sieht es ganz so aus. Es ist doch sonderbar, daß sie
gerade jetzt in Oakview auftaucht und die Scheidungsklage zurückziehen läßt.«
»Erzähl mal genauer!« verlangte
Bertha.
Ich schüttelte den Kopf. »Nicht
jetzt. Ich bin fix und fertig. Ich gehe erst mal nach Hause und schlafe mich
aus.«
Bertha langte mit ihren beringten
Fingern über den Tisch und packte meine Hand in einem überraschend kräftigen
Griff. »Du bist ja ganz kalt, Donald. Du mußt ein bißchen auf dich achtgeben.«
»Ganz meiner Meinung. Die
Rechnung kannst du zahlen. Ich gehe.«
»Du Ärmster«, sagte Bertha
mütterlich. »Fahr nicht mit dem Wagen nach Hause, Donald. Nimm dir ein Taxi —
nein, warte mal. Hat Alfmont was davon gesagt, daß er mir eine weitere Zahlung
überweist?«
»Gesagt hat er es.«
»Sagen kann er viel. Du kannst
auch mit dem Bus fahren. Hauptsache, du setzt dich nicht ans Steuer.«
»Nun übertreibe bloß nicht. Ich
bin schließlich noch kein Invalide. Außerdem brauche ich den Wagen heute
abend.«
Ich kam mit der Firmenkutsche
recht und schlecht nach Hause, kletterte ins Bett, nahm einen großen Schluck Whisky
und fing nach einer Weile an, angenehm zu dösen.
Als ich gerade so richtig fest
eingeschlafen war, wurde mein süßer Schlummer durch ein aufdringliches Phänomen
gestört, das sich eine kleine Ewigkeit lang in den verschiedensten Abarten
bemerkbar machte. Erst waren es nackte Wilde, die um ein Feuer tanzten und die
Kriegstrommel schlugen. Als die sich verflüchtigt hatten und ich gerade wieder
eindöste, fingen Zimmerleute an, einen Galgen zusammenzuhämmern, an dem ich
aufgeknüpft werden sollte. Es waren alles Frauen in Bikinis. Sie hämmerten in
einem seltsamen Rhythmus: Bumm, bumm, bumm, bumm — bumm, bumm, bumm, bumm —
bumm, bumm, bumm, bumm. Und dazwischen riefen sie: »Donald! Bitte, Donald...«
Schließlich kam ich so weit zu
mir, daß ich merkte, daß das Hämmern sich an meiner Tür abspielte und daß eine
durchaus wirkliche weibliche Stimme rief: »Donald! Bitte, Donald!«
Ich knurrte verschlafen vor
mich
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