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Die Leopardin

Titel: Die Leopardin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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nicht. »Legen Sie sich auf den Boden, Gesicht nach unten, Hände auf den Rücken.«
    Sie gehorchte.
    Er steckte die Pistole weg. »Ich glaube, im Keller habe ich einen Strick gesehen«, sagte er zu Stephanie.
    »Ich hole ihn.«
    Sie kehrte mit einem Stück Wäscheleine zurück. Franck fesselte Marie an Händen und Füßen. »Ich muss sie nach Sainte-Cecile bringen«, sagte er. »Falls heute noch ein britischer Agent auftauchen sollte, können wir sie hier nicht brauchen.« Er sah auf seine Uhr. Es war gerade zwei, sodass er Marie ins Schloss bringen und gegen drei wieder zurück sein konnte. »Du musst allein in die Krypta gehen«, sagte er zu Stephanie. »Fahr mit dem Kleinwagen hin, der in der Garage steht. Ich werde in der Kathedrale sein, auch wenn du mich nicht siehst.« Er küsste sie. Fast wie ein Ehemann, der ins Büro geht, dachte er mit einer Art finsterer Belustigung, hob Marie vom Boden und warf sie sich über die Schulter. »Ich muss mich beeilen«, sagte er und verließ das Haus durch die Hintertür.
    Draußen drehte er sich noch einmal um und sagte: »Versteck das Fahrrad!«
    »Wird gemacht«, sagte Stephanie.
    Franck schleppte das gefesselte Mädchen durch den Hof auf die Straße, öffnete den Kofferraum seines Wagens und legte Marie hinein. Ohne die »Besatzerhure« hätte er sie auf dem Rücksitz untergebracht.
    Er schlug den Kofferraumdeckel zu und blickte sich um. Niemand war zu sehen, aber in Straßen wie dieser gab es immer Neugierige, die durch ihre Rollläden linsten. Sie hatten sicher auch mitbekommen, wie Mademoiselle Lemas am Tag zuvor abtransportiert worden war, und hatten sich den himmelblauen Wagen gemerkt. Sobald er fort war, würde das Getuschel über den Mann losgehen, der ein Mädchen in den Kofferraum seines Wagens verfrachtet hatte. In normalen Zeiten hätten sie sofort die Polizei gerufen, aber in einem besetzten Land sprach niemand, der es nicht unbedingt musste, mit der Polizei, vor allem, wenn damit zu rechnen war, dass auch die Gestapo mitmischte.
    Die Schlüsselfrage für Dieter Franck war: Würde die Resistance von Mademoiselle Lemas ‘ Verhaftung erfahren? Reims war eine Stadt, kein Dorf. Jeden Tag wurden irgendwelche Leute verhaftet – Diebe, Mörder, Schmuggler, Schwarzhändler, Kommunisten, Juden. Es bestand daher eine gute Chance, dass Michel Clairet von den Ereignissen in der Rue du Bois nichts zu Ohren kommen würde.
    Eine Garantie dafür gab es allerdings nicht.
    Dieter Franck stieg ein und fuhr los. Sein Ziel war Sainte-Cecile.
    Zu Flicks Erleichterung hatte ihr Team die morgendlichen Instruktionen ohne weitere Schwierigkeiten hinter sich gebracht. Alle beherrschten jetzt die erforderlichen Landetechniken und damit den schwierigsten Part des Fallschirmspringens. Weniger erfolgreich war der Unterricht im Kartenlesen verlaufen. Ruby hatte niemals eine Schule besucht und konnte kaum lesen; man hätte ihr anstelle einer Karte auch einen chinesischen Text vorlegen können. Maude kam mit den Himmelsrichtungen wie Nord-Nordost nicht zurecht, sah den Ausbilder aus großen Augen an und klimperte mit ihren hübschen Wimpern. Denise erwies sich trotz ihrer teuren Schulbildung als vollkommen unfähig, mit Koordinaten umzugehen. Sollte die Gruppe in Frankreich auseinander gerissen werden, kann ich mich nicht darauf verlassen, dass die Mädchen sich allein zurechtfinden, dachte Flick besorgt.
    Am Nachmittag standen die härteren Aufgaben auf dem Programm. Für die Ausbildung an der Waffe war Hauptmann Jim Cardwell zuständig, der vom Charakter her ganz anders veranlagt war als Bill Griffiths. Jim war ein umgänglicher Mann mit einem zerfurchten Gesicht und einem dicken schwarzen Schnurrbart. Als seine Schülerinnen merkten, wie schwer es ist, mit einem halbautomatischen Colt, Kaliber .45, aus sechs Schritt Entfernung einen Baum zu treffen, grinste er freundlich.
    Ruby fühlte sich wohl mit der Pistole in ihrer Hand und traf die vorgegebenen Ziele. Flick vermutete, dass sie schon Erfahrung mit Handfeuerwaffen hatte. Noch wohler fühlte Ruby sich, als Jim seine Arme um sie legte, um ihr zu zeigen, wie man ein Lee-Enfield- Gewehr hält, die so genannte Canadian rifle. Er flüsterte ihr etwas ins Ohr, worauf sie ihn mit einem anzüglichen Glanz in ihren schwarzen Augen ansah. Nach drei Monaten im Frauengefängnis, dachte Flick, genießt sie offenbar die Berührung von Männerhand.
    Auch Jellys Umgang mit den Waffen war von entspannter Vertrautheit geprägt. Der Star der Lektion

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