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Die letzte Flut

Die letzte Flut

Titel: Die letzte Flut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timothy Findley
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hoch damit«, sagte Noah – als verlange er von ihr nur, sie solle ein Fensterrollo hochziehen. »Na, mach schon!«
    Emma warf Hannah einen flehenden Blick zu – aber Hannah schaute nicht einmal zu ihr hin; vielleicht hatte sie auch nicht zugehört. Sie saß einfach an der anderen Tischseite – und starrte ins Nichts.
    Emma griff hinunter, nahm die Stofffalten in ihre Hände und zog sie bis zu den Oberschenkeln hoch – konnte aber nicht weiter.
    »Hoch«, sagte Noah. »Ganz hinauf.«
    Emma machte die Augen zu und hob das Hemd ganz bis zur Taille hinauf, wo sie es festzog, wie einen Gürtel.
    Noah murmelte: »Ja, ja…«, und sie spürte seinen Atem an ihren Beinen.
    Die Arche wogte auf und ab, und der Regen war auf dem Kastelldach zu hören – sonst nichts.
    Noah streckte seine Finger aus.
    Emma zitterte.
    »Ist dir kalt, Mädchen?«
    »Nein, Herr.«
    Die Finger glitten an ihren Oberschenkeln hoch, bis sie ihre Mitte erreicht hatten, so weich wie Zungen in Öl. Emma wich zurück.
    »Bleib ruhig!«
    Die Finger der einen Hand erreichten ihr Ziel und die Finger der anderen – die Zugang suchten – zogen ihr Fleisch sanft zur Seite.
    Emma weinte. »Das tut weh«, sagte sie. »Das tut weh.«
    Aber einer von Noahs Fingern war schon in ihr – und erkundete sie.
    »Das tut WEH!«, schrie Emma – und zog sich so heftig zurück, dass sie gegen die Wand dahinter fiel.
    Aber weder Noah noch Hannah schienen sich für ihren Schmerz zu interessieren. Noah sagte nur: »Kein Wunder, dass der arme Junge nicht hinein kann. Sie ist so eng und fest, dass eine Nadel kaum hindurch könnte.«
    Hannah sagte nichts.
    Emma ließ sich auf den Boden nieder und zog die Knie zum Kinn.
    Und Noah redete einfach weiter – gerade so, als ob man ihr nicht wehtue, sondern ihr helfen würde. Als ob sie es gut mit ihr meinten.
    »Ich will jetzt wieder zurück«, sagte sie. »Ich will zurück.«
    Aber sie hätte ebenso gut schweigen können. Noah neigte sich mit dem Rücken zu ihr nach vorn, beugte sich zu Hannah hinüber.
    Emma verstand nur: »… etwas, das fest genug ist… etwas Scharfes… würde ich sehr ungern benutzen…«
    Sie stöhnte und presste die Hände gegen ihre Ohren.
     
    Was sie holten (Hannah holte es) – war das Einhorn.
     
    Emmas Geschrei hielt eine Stunde an.
    Im Innern der Arche konnte Mrs Noyes es hören, doch sie ahnte nicht, was es bedeutete. Emmas ganzes Leben, so kam es ihr vor, bestand seit ihrer Heirat mit Japeth nur aus Heulen oder Schluchzen oder Schreien. Das Einzige, was Mrs Noyes durch den Kopf ging, war: »Prima! Sie wehrt sich gegen ihn, bis es nicht mehr geht!«
    Andererseits…
    Wenn es Japeth gelang…
    Nein. Daran durfte sie nicht einmal denken.
     
     
    Gerade als Noah das Horn des Einhorns herauszog, kam Japeth – der im fernen Arsenal das Geschrei ebenfalls gehört hatte – und stürzte durch die Tür in den Salon. Er war – buchstäblich – bis an die Zähne bewaffnet, denn er trug ein Messer zwischen den Lippen und seine Lippen bluteten.
    Die Szene, die er vorfand, machte für ihn zuerst keinen Sinn. Sein Vater hielt das Tier mit dem Horn – es war nicht größer als ein Hund –, Emma wurde in einer steifen Umarmung von seinem Bruder Sem festgehalten – während Schwester Hannah zu Emmas Füßen hockte und mit einem kleinen roten Handtuch an etwas tupfte, das wie eine Wunde aussah. Emma schrie noch immer und stampfte mit den Füßen auf den Boden wie jemand, der versucht, eine Schlange zu töten.
    Er brauchte eine ganze Minute, um diese Bilder zusammenzusetzen, damit sie einen schlüssigen Sinn ergaben, den Japeth – trotz allem – nicht glauben konnte.
    Aber das Horn des Einhorns war blutverschmiert und das sagte alles, was die sonstigen Dinge, die er sah, verschwiegen.
    »Wir waren gerade…«, sagte Noah.
    Japeth zog sein Schwert.
    Noah wich nicht von der Stelle – eine Haltung, die, wie er aus langer Erfahrung wusste, seinen Sohn einschüchtern würde. Einen einzigen Schritt nach hinten – und alles könnte verloren sein. Aber Japeth konnte es nicht ertragen, wenn ein Mann sich nicht bewegte. Es verwirrte ihn. Besonders wenn dieser Mann keine Waffen trug.
    Noahs Hand lag auf dem Rücken des Einhorns – und das Einhorn war auf den Knien zusammengebrochen, fast schon ohnmächtig. Das einzige bisschen Stimme, das es zustande brachte, war für menschliche Ohren nicht wahrnehmbar. Sowohl sein Gesicht als auch sein Horn waren blutverschmiert und sein Horn war ihm fast von der Stirn

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