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Die letzte Geisha: Eine wahre Geschichte (insel taschenbuch) (German Edition)

Die letzte Geisha: Eine wahre Geschichte (insel taschenbuch) (German Edition)

Titel: Die letzte Geisha: Eine wahre Geschichte (insel taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sayo Masuda
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dir gut, was ich dir eben gesagt habe. Bald werde ich's endlich besser haben!«
    Sie redete wie in Verzückung, als phantasierte sie im Fieber, und starrte mich dabei mit ihren schönen Augen an.
    »Nicht wahr, du denkst an mich? Du darfst mich nie vergessen«, wiederholte sie mehrfach mit Nachdruck. »Menschen dürfen nie etwas tun, wofür sie von anderen gehaßt werden. Irgendwann kriegt man es nämlich in anderer Form wieder heimgezahlt.«
    Sie wiederholte immer wieder, daß bald die Zeit komme, in der ich das auch verstehe, reichte mir ihre fieberheißen Hände zu einem festen Händedruck, und ein wunderschönes Lächeln lag auf ihrem Gesicht.
    Ich erinnere mich so deutlich daran, als hörte ich noch heute Takemis Stimme. Wahrscheinlich deshalb, weil sie mir bis dahin noch nie eine Haltung, so von Wahrheitsgefühl erfüllt wie jetzt, gezeigt oder mich mit so sanfter, heißer Hand angefaßt hatte wie jetzt.
    Obwohl ich noch nie jemanden gehaßt oder reinzulegen versucht hatte, war alles, was ich gutgemeint angefangen hatte, schiefgegangen, und ich war immer nur ausgelacht odergepiesackt worden. Mein Lebtag werde ich das wunderbare Lächeln von Takemi, die auch dann keine Trauer zeigte, als sie sich ganz aufgegeben hatte, nicht vergessen, ein Lächeln, wie es nur Menschen besitzen, die erleuchtet dem Dasein entsagt haben. Damals verstand ich noch nicht, was sie sagen wollte, sondern staunte nur, daß schöne Menschen auch dann schön bleiben, wenn sie leiden.
    Nur wenig später hatte Takemi es besser. Als man sie, überrascht, daß ihr Zustand so ernst war, ins Krankenhaus einlieferte, war es schon zu spät gewesen. Sechs Tage nach der Einlieferung in die Klinik war sie im Paradies. Ich war erleichtert, daß sie es geschafft hatte, und wunderte mich, daß am Abend der Totenwache alle so sehr weinten und jammerten. Die Mutter sagte unter Tränen:
    »Wenn sie nur eher gesagt hätte, daß es so schlimm um sie steht, dann wäre noch was zu machen gewesen! So ein liebes Mädel findet man nicht wieder! Sie war nie widersetzlich, sondern hat stillschweigend Umsatz gemacht. Ihr solltet euch alle Takemi zum Vorbild nehmen!«
    »Sie sind wohl zufrieden, wenn wir draufgehen, wenn wir wie Takechan vor lauter Umsatzmachen unser Leben drangeben«, gab Karuta bissig zurück, und zu mir sagte sie:
    »Was für ein Schicksal hat sie nur in die Welt gesetzt? Sie ist das Opfer ihrer Eltern und einer habgierigen Alten geworden. Kein einziges Mal hat sie sich hier wohl gefühlt. – Otei, was guckst du denn so dumm? Weinst du denn gar nicht?«
    Aber ich wunderte mich nur darüber, warum alle so gereizt waren, wo Takemi doch nur dahin gelangt ist, wo sie schon immer hinkommen wollte, und es jetzt endlich besser hat.
    Das Brenneisen
    Nach Takemis Tod war Karuta ziemlich aus der Fassung geraten. Normalerweise zählt sie nicht zu denjenigen, die betrunken nach Hause kommen, aber jetzt kam sie jede Nacht volltrunken heim, sagte: »In so einer Welt kann man eh nicht anständig leben«, zog sich die Decke über den Kopf und legte sich schlafen, obwohl es erst gegen zehn Uhr war. Die Mutter geriet in Wut und wollte sie aus dem Bett zerren, aber sie gab zurück: »Mir ist schlecht, ich kann mich nicht bewegen«, und rührte sich kein bißchen.
    Wütend stopfte die Mutter der Schlafenden Schnee in den Ausschnitt und riß ihr zuletzt alle Kleider vom Leib.
    »Otei, Hamako, füllt Wasser in die Waschschüssel! Ich will sie ein wenig abkühlen und zur Räson bringen!«
    Dann ließ sie uns die Schüssel festhalten, packte Karuta an den Haaren und tunkte ihr Gesicht ein. Trotzdem ließ Karuta alles willenlos, ohne Widerstand über sich ergehen, sosehr sie auch gequält wurde, gab keinen Schmerzenslaut von sich, sondern starrte die Mutter nur immerfort mit funkelnden Augen an. Ich stand zitternd dabei, wartete, bis die Mutter fort war, und kümmerte mich dann um Karuta.
    »Hat es weh getan? Willst du was anziehen?«
    Da schloß mich Karuta liebevoll in die Arme, sagte mit erstickter Stimme: »Ist schon gut, du brauchst keine Angst zu haben«, und weinte.
    Karutas Beine sind mit kleinen Brandnarben dicht übersät. Das sind die Spuren von Zigaretten, die die Mutter da aufgedrückt hatte. Eines Abends, als ich schon im Bett lag, kam Shizuka gelaufen und weckte mich.
    »Otei, steh auf! Deiner Lieblingsschwester geht's bös an den Kragen!«
    Noch halb schlafend rannte ich ins Obergeschoß. Dortdrückte die Mutter gerade Karutas Beine nieder und preßte

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