Die letzte Odyssee
Schwarzes Loch im Kleinformat – das könnte einige Monate dauern.«
»Vielen Dank; würden Sie sich in diesen Komplex bitte einarbeiten? Wobei ich, wie gesagt, nicht glaube, daß wir damit Erfolg hätten. Wer mit solchen Kräften spielt, ist sicher auch fähig, sich dagegen zu schützen. Deshalb – weitere Vorschläge?«
»Vielleicht könnten wir verhandeln?« fragte ein Gremiumsmitglied ohne große Hoffnung.
»Mit wem … oder was?« gab Kraussman zurück. »Wir haben festgestellt, daß der Monolith im Grunde nichts anderes ist als ein Mechanismus, der nur tut, worauf er programmiert wurde. Vielleicht läßt ihm das Programm einen gewissen Spielraum, aber das können wir nicht beurteilen. Und an die Direktion können wir uns auch nicht wenden – die ist fünfhundert Lichtjahre weit weg!«
Poole hörte immer noch zu, ohne sich zu beteiligen; er hatte nichts beizutragen, und vieles, was gesagt wurde, war ihm ohnehin zu hoch. Eine tiefe Schwermut hatte ihn erfaßt. Vielleicht wäre es besser gewesen, die Information gar nicht weiterzugeben. Wenn es nur blinder Alarm war, würde nichts passieren. Und wenn nicht – nun, dann war das Verderben ohnehin nicht aufzuhalten, aber die Menschheit hätte sich wenigstens ihren Seelenfrieden bewahrt.
Diesen düsteren Überlegungen hing er nach, als ihn ein vertrauter Begriff aufhorchen ließ.
Ein kleines, schüchternes Komiteemitglied – mit einem so langen und schwierigen Namen, daß Poole ihn sich nicht merken und ihn schon gar nicht aussprechen konnte – hatte unversehens zwei Worte in die Diskussion geworfen.
»Trojanisches Pferd!«
Darauf folgte eine der Pausen, die gemeinhin mit dem Adjektiv ›bedeutungsschwer‹ belegt werden, und dann rief alles wild durcheinander: »Warum ist mir das nicht eingefallen!«
»Natürlich!«
»Ausgezeichnete Idee!«, bis sich die Vorsitzende zum ersten Mal veranlaßt sah, um Ruhe zu bitten.
»Vielen Dank, Professor Thirugnanasampanthamoorthy«, fuhr Dr. Oconnor fort, ohne einmal steckenzubleiben. »Würden Sie das bitte genauer erläutern?«
»Gewiß. Wenn der Monolith tatsächlich – wie man hier allgemein annimmt – eine Maschine ohne Bewußtsein und deshalb nur in beschränktem Maße fähig ist, sich selbst zu überwachen, dann befinden sich die Waffen, die ihn besiegen können, möglicherweise bereits in unserem Besitz. Sie werden im ›Gewölbe‹ unter Verschluß gehalten.«
»Und wir haben auch schon jemanden, der das Trojanische Pferd an Ort und Stelle bringen kann – HALman!«
»Genau.«
»Einen Augenblick, Dr. T. Wir wissen nichts – überhaupt nichts – über das Innenleben des Monolithen. Woher nehmen wir die Gewißheit, daß etwas, das von unserer primitiven Spezies entwickelt wurde, die gewünschte Wirkung hat?«
»Gewißheit haben wir natürlich nicht – aber bedenken Sie folgendes. Der Monolith mag noch so fortgeschritten sein, er ist doch den allgemein gültigen Gesetzen der Logik unterworfen, die Aristoteles und Boole vor Jahrhunderten aufgestellt haben. Deshalb könnte – nein, müßte! – er auch anfällig sein gegen die Instrumente, die im ›Gewölbe‹ eingeschlossen sind. Wir müssen sie nur so kombinieren, daß wenigstens eins davon seinen Zweck erfüllt.
Das ist unsere einzige Hoffnung – es sei denn, jemand hat eine bessere Idee.«
»Verzeihen Sie!« Poole war nun endgültig der Geduldsfaden gerissen. »Würde mir jemand vielleicht freundlicherweise erklären, was es mit diesem berühmten ›Gewölbe‹ auf sich hat, und wo es sich befindet?«
36
Die Schreckenskammer
Die Weltgeschichte strotzt nur so von apokalyptischen Schrecken, die teils von der Natur über die Menschheit gebracht wurden, teils aber auch von den Menschen selbst.
Bis zum Ende des 21. Jahrhunderts hatte der Fortschritt der Medizin die natürlichen Plagen – die Blattern, den Schwarzen Tod, AIDS und die Killerviren des afrikanischen Dschungels – zumeist ausgerottet oder wenigstens unter Kontrolle gebracht. Doch Mutter Natur war alles zuzutrauen, und so zweifelte niemand daran, daß die Zukunft noch etliche unangenehme biologische Überraschungen für die Menschheit bereithielt.
Deshalb erschien es sinnvoll, von jedem dieser gefürchteten Krankheitserreger zu wissenschaftlichen Zwecken ein paar Exemplare aufzubewahren – natürlich unter strenger Bewachung, damit sie auf keinen Fall entweichen und abermals zur Geißel der Menschheit werden konnten. Aber wie sollte man hundertprozentig sicherstellen, daß so
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