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Die letzte Odyssee

Die letzte Odyssee

Titel: Die letzte Odyssee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke
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glaube, er rückt HALmans Botschaft ins richtige Licht. HALman will sich im Zweifelsfall auf die Seite der Menschheit stellen …
    Bitte schalten Sie jetzt Ihre Zerebralhelme ein. Die Aufzeichnung ist stark komprimiert – U.V.-Band, Kanal 110. Machen Sie es sich bequem, aber bleiben Sie in Sichtkontakt. Es geht los …«

35
Kriegsrat
    Niemand verlangte eine Wiederholung. Ein einziger Durchlauf genügte.
    Am Ende der Übertragung herrschte zunächst Schweigen. Dann nahm die Vorsitzende Dr. Oconnor den Zerebralhelm ab, massierte sich den glänzenden Kahlkopf und sagte langsam:
    »In Ihrer Zeit hatte man eine Wendung, die genau auf diese Situation paßt. Das ist wie die Büchse der Pandora.«
    »Und Bowman – HALman – hat sie geöffnet«, sagte ein anderes Komiteemitglied. »Der Monolith ist ein Mechanismus von ungeheurer Komplexität. Kann HALman ihn tatsächlich durchschauen, oder ist das ganze Szenarium nur eine Ausgeburt seiner Phantasie?«
    »Ich glaube nicht, daß er viel Phantasie besitzt«, gab Dr. Oconnor zurück. »Und es paßt alles zusammen. Besonders der Hinweis auf Nova Scorpio. Wir hatten das für einen Unfall gehalten; aber offenbar hat man ein – Urteil – gesprochen.«
    »Erst Jupiter – dann Scorpio«, sagte Dr. Kraussman, der berühmte Physiker, den alle Welt als Reinkarnation des legendären Einstein betrachtete. Wobei, wenn die Gerüchte stimmten, auch plastische Chirurgie mit im Spiel war. »Und wer kommt wohl als nächster an die Reihe?«
    »Wir hatten schon lange erraten«, sagte die Vorsitzende, »daß die TMAs uns überwachen sollten.« Sie hielt kurz inne, dann fügte sie traurig hinzu: »Ist es nicht unglaublich tragisch, daß der Abschlußbericht ausgerechnet kurz nach der allerschlimmsten Phase der Menschheitsgeschichte abgeschickt wurde?«
    Wieder schwiegen alle. Es war hinreichend bekannt, daß das 20. Jahrhundert oft genug als ›Jahrhundert der Folter‹ gebrandmarkt worden war.
    Poole hörte zu, ohne zu unterbrechen, und wartete darauf, daß das Komitee zu einer Einigung kam. Nicht zum ersten Mal war er über die Disziplin dieses Gremiums erstaunt. Niemand versuchte, seine Lieblingstheorie zu untermauern, sich in der Diskussion zu profilieren oder sich sonstwie aufzublähen: der Kontrast zu den oft gereizten Debatten seiner Zeit zwischen Technikern und Verwaltungsbeamten in der Raumfahrtbehörde, zwischen Kongreßabgeordneten und Vertretern der Industrie war nicht zu übersehen.
    Ja, die Menschheit hatte Fortschritte gemacht. Der Zerebralhelm hatte nicht nur geholfen, die asozialen Elemente auszumerzen, sondern auch die Effektivität des Bildungssystems gesteigert. Aber er hatte natürlich auch seine Schattenseiten: die heutige Gesellschaft litt unter einem eklatanten Mangel an markanten Persönlichkeiten. Poole wären auf Anhieb höchstens vier eingefallen: Indra, Captain Chandler, Dr. Khan und die Drachenreiterin seligen Angedenkens.
    Die Vorsitzende griff nicht in die Diskussion ein, bis jeder seinen Beitrag vorgebracht hatte, dann faßte sie zusammen.
    »Auf die erste Frage – wie ernst ist die Sache zu nehmen – brauchen wir nicht weiter einzugehen. Selbst wenn es sich um blinden Alarm, um ein Mißverständnis handeln sollte, ist die potentielle Gefahr so groß, daß wir sie für real halten müssen, solange wir keinen definitiven Gegenbeweis haben. Einverstanden?
    Gut. Wir wissen auch nicht, wieviel Zeit uns noch bleibt. Folglich müssen wir davon ausgehen, daß die Katastrophe unmittelbar bevorsteht. Vielleicht ist HALman in der Lage, uns eine weitere Warnung zukommen zu lassen, doch bis dahin könnte es bereits zu spät sein.
    Es gilt daher nur eines zu entscheiden: wie können wir uns gegen einen so mächtigen Gegner wie den Monolithen schützen? Sehen Sie sich an, was mit dem Jupiter geschehen ist! Und allem Anschein nach auch mit Nova Scorpio … Mit roher Gewalt können wir nichts ausrichten, davon bin ich überzeugt, obwohl wir auch diese Möglichkeit nicht außer acht lassen sollten. Dr. Kraussmann – wie lange bräuchten wir, um eine Superbombe zu bauen?«
    »Vorausgesetzt, die Pläne sind noch vorhanden, so daß wir uns die Grundlagenforschung sparen können – ach, vielleicht zwei Wochen. Thermonukleare Waffen sind ziemlich einfach strukturiert, und die Rohstoffe sind leicht zu beschaffen – schließlich wurden sie schon im zweiten Jahrtausend hergestellt! Sollten Sie jedoch an etwas Raffinierteres denken – etwa an eine Antimaterie-Bombe oder an ein

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