Die letzte Prophezeiung: Thriller (German Edition)
einmal überdenken würde.
»Warum also«, fragte er schließlich, »hat Andrea mir im Sterben ›Buch‹ zugeflüstert? Und was wollte er mir mit der merkwürdigen Widmung ›Die Zeit ist gekommen: Das Wort Gottes ist in der Gegenwart‹ sagen?«
Aldobrandi kratzte sich am Bart: »Nun, die
Apokalypse
ist eine Prophezeiung, und Professor Molteni wäre weder der Erste noch der Letzte, der sie vielleicht entschlüsselt zu haben meinte … Er war Theologe, wie du, möglicherweise war er überzeugt, dass die Prophezeiung, das Wort Johannes’, sich in unserer Gegenwart erfüllen würde … Etwas Schokolade?« Der Mönch zog eine Schublade auf und holte eine prall gefüllte Schachtel Pralinen hervor.
»Nein, danke«, lehnte Liam zerstreut ab und drang weiter in ihn: »Aber der Ring, was gibt es zu dem Ring zu sagen?«
Aldobrandi wählte mit Bedacht ein Konfekt mit dreischichtiger Cremefüllung und ließ es wollüstig aus dem Papier direkt in den Mund gleiten, ohne die Schokolade mit den Fingern zu berühren. »Das ist mein ganzes Mittagessen«, sagte er wie zur Entschuldigung, vielleicht weil er sich an seine Rolle als asketischer Diener des Herrn erinnerte. Er warf das Stanniolpapierin den Abfalleimer, und nachdem er seine Hände an der Kutte abgewischt hatte, ergriff er den Ring.
»Nun, das hier dagegen ist ein Objekt von beachtlichem Wert«, erklärte er, während er ihn mit den Fingerspitzen berührte. »Siehst du: dunkles Gold, ein starker, durchgehender Reif, eine flache rechteckige Platte und diese Gravur in riesigen Lettern … ganz ähnlich dem Ring von Trier, dem sogenannten Fidem Constantino … Ich würde meinen, dass es zum höfischen Kunsthandwerk der konstantinischen Epoche gehört. Und dann lässt das Chrismon, das auf die Platte eingraviert ist, keinerlei Zweifel über die Epoche zu.«
»Und diese beiden Löcher, was bedeuten die? Wozu sind sie gut?«, fragte Liam ungeduldig.
Aldobrandi schaltete die Schreibtischlampe an und bog sie herunter, bis der Schirm direkt über dem Ring war. Dann griff er diesen mit einer Pinzette, nahm die Brille ab und ersetzte sie erneut durch das Monokel. Diesmal betrachtete er das Objekt länger und genauer, indem er es langsam unter der Linse rotieren ließ.
Schließlich schaltete er die Lampe aus, legte das Monokel ab und setzte wieder die Brille auf. »Schwer zu sagen …«, schloss er. »Diese Löcher sind sauber und tief geschnitten, sie gehen fast durch den ganzen Reif, in rechtem Winkel. Sie verjüngen sich ganz regelmäßig und liegen einander genau gegenüber: das eine unter der Platte, das andere genau auf der anderen Seite des Reifs. Es gibt auch eine Art Führung, wie für eine Zapfenverbindung … Ich würde es nicht beschwören, aber ich glaube, dass es noch ein anderes Stück gibt … einen kleinen Stab oder einen Riegel vielleicht, mit zwei Holmen, die in die Löcher passen, sodass man ihn einhängen kann. Wenn dem so wäre, dann könnte der Ring dazu dienen, einen Stab zu halten, ihn zu bewegen. Zum Beispiel, um ihn um die Längsachse zu drehen, wie einen Schlüssel …«
»Ein Schlüssel?«, fuhr Liam, äußerst erregt, hoch.
»Nun, jetzt gerate nicht gleich in Wallung, Liam«, beschwichtigte Aldobrandi ihn sofort. »Das ist nur eine Hypothese, eine Mutmaßung von meiner Seite … Was ich dir mit Sicherheit sagen kann, da ich mich lange mit solchen Objekten beschäftigt habe, ist, dass der Ring authentisch und aus konstantinischer Epoche ist. Siehst du das eingravierte Symbol? Wie ich bereits sagte, ist das Konstantins Monogramm, das berühmte Chrismon oder Christogramm, das die Merowinger dann benutzt und in die jüngere Quatre de chiffre umgeformt haben, ein im Mittelalter sehr verbreitetes Emblem – genau das, was dein guter Molteni in das Buch gezeichnet hat. Jedenfalls Glückwunsch, Liam: Dieser Ring ist ein Vermögen wert.«
»Das Geld interessiert mich nicht«, platzte er heraus. »Ich möchte wissen, was Molteni mir sagen wollte. Was meinst du, warum hat er ausgerechnet die Quatre de Chiffre als Unterschrift benutzt?«
Der Mönch breitete die Arme aus. Liam drang weiter in ihn: »Und der Schriftzug, der auf der Innenseite des Rings eingraviert ist? Lies!«
DVIIIACALSEPAXLIADIOCIMP
»Ganz ruhig, Liam …«, versuchte Aldobrandi ihn zu beschwichtigen. »Den habe ich gesehen … Die Gravur ist noch immer gestochen scharf. Und das teilt uns etwas Wichtiges mit: dass es sich nicht um ein Ausgrabungsstück, eine Grabbeigabe, handeln
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