Die letzte Prophezeiung: Thriller (German Edition)
auch, dass das Thema vom Ende der Tage der christlichen, jüdischen und islamischen Tradition gemeinsam war, die allesamt an so etwas wie ein Jüngstes Gericht, ein Paradies und eine Hölle glaubten. In dem Ring konnte sie nur ein herausragendes Beispiel byzantinischer Kunst erkennen. Was die Bedeutung des eingravierten Symbols und des Datums anging, musste sie sich auf Liams Erklärungen verlassen.
Sie hörte ihm aufmerksam zu, und plötzlich verfinsterte sich ihre Miene.
»Ich sehe keine Verbindung«, seufzte sie niedergeschlagen. »Ich sehe keine einzige Verknüpfung zwischen deiner Geschichte und David.«
Sie starrte das Tapetenmuster an. Dann begann sie mit leiser Stimme wieder zu reden. »David war sicher nicht gläubig, das weißt du besser als ich. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass er in so eine Tempelrittergeschichte verwickelt sein könnte. Er war Mathematiker, Wissenschaftler, und glaubte vor allem daran«, betonte sie. »Und meines Wissens kannte er Molteni nur aus deinen Erzählungen.«
»Aber eine Verbindung gibt es, Alanna.«
»Welche?«
»Mich«, antwortete er ernst.
Die Frau meinte, es könne sich auch um Zufall handeln, dann versuchte sie, die Stimmung ein wenig aufzulockern: »Hör mal, versuchen wir uns ein bisschen zu entspannen. Warum gehen wir nicht aus, etwas essen?«
Liams Handy klingelte. »Entschuldige mich nur einen Moment«, bat er.
»
Pronto
?«, sagte er, nach einem Blick auf das Display, auf Italienisch.
Alanna betrachtete ihn neugierig. Am anderen Ende gab jemand einen langen Sermon ab, ohne dass Liam auch nur einmal hätte einhaken können. Liam stand aus dem Sessel auf und begann im Zimmer herumzuwandern. Hin und wieder massierte er sich die Brust – das hellblaue Hemd war, nachdem er die Kette mit dem Ring abgenommen hatte, offen geblieben – und sah sie ratlos an.
»Es tut mir leid, wenn ich Sie unterbrechen muss«, konnte er endlich sagen, »aber ich befinde mich im Augenblick in Dublin. Ich weiß nicht, ob sie Zeitung gelesen haben: Der David Brine, von dem die Rede ist, ist mein Bruder …«
Die andere Stimme erwiderte etwas.
»Ich verstehe, aber ich weiß nicht, wann ich zu Ihnen nach Turin kommen kann«, redete er weiter. »Ich werde Ihnen morgen oder übermorgen Bescheid geben.«
Er verabschiedete sich und legte auf.
»Das war ein gewisser Alione, ein Notar«, erklärte er seiner Schwägerin. »Er rief aus Turin an, wo Molteni lebte, er ist sein Testamentsvollstrecker. Er möchte, dass ich so schnell wie möglich dort hinkomme.«
Alanna schaute ihn fragend an.
»Molteni hatte ihm etwas für mich anvertraut.«
28
Ort: Fürstentum Monaco
Weltzeit: Donnerstag, 25. Juni, 19.37 Uhr (GMT)
Ortszeit: 21.37 Uhr
Für Gérard Dumonceau war es die Regel, dass er bis spät im Büro blieb. Er arbeitete seit knapp vier Jahren für die Compagnie Financière Suisse, aber dank seines Riechers und seiner totalen Verachtung für jede Form der Moral hatte er eine kometenhafte Karriere hingelegt. Er war vom einfachen Trader zum Verantwortlichen für Offshore-Fonds auf den Cayman-Inseln aufgestiegen. Der wichtigste Fond, den Dumonceau verwaltete, war, dank ebenso verwegener wie glücklicher Spekulationen, in sechs Monaten von fünf auf fünfzehn Millionen Euro angewachsen. Der Direktor hatte ihn dafür mit einem großen Handlungsspielraum bei Vermittlungsgeschäften, einem eigenen Büro und einem 6er BMW Coupé bedacht.
Vor zirka drei Monaten hatte Dumonceau angefangen, nicht genehmigte Finanzoperationen durchzuführen, von denen die Aufsichtsorgane der Finanzmärkte aufgrund des extremen Risikos offiziell abrieten. Zu Beginn hatte er für seine Kunden satten Profit erwirtschaftet, aber im letzten Monat hatte es auch empfindliche Verluste gegeben, die er heimlich verbuchen konnte, ohne dass Direktor Ducasse darauf aufmerksam geworden wäre.
Aber jener 25. Juni war vermutlich der letzte Tag seiner Karriere.
Bei Eröffnung der französischen Börse hatte er, um die Verluste wieder hereinzuholen, auf die Stabilität des Marktes gesetzt, der jedoch völlig unerwartet eingebrochen war. Daraufhin hatte er alles riskiert und sich in immer kühnere Operationen gestürzt, bis hin zu den sogenannten faulen Eiern: Fondsanteile, die in Steuerparadiesen aufgelegt wurden, um in großem Stil die Einkünfte aus dem Drogengeschäft zu waschen. Doch das hatte sich zum Desaster ausgewachsen, weil die DEA in Kolumbien ausgerechnet an diesem Tag eine flächendeckende Razzia
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