Die letzte Prophezeiung: Thriller (German Edition)
eine andere Hypothese.«
»Die wäre?
»Dass dein Freund Molteni nicht alle Tassen im Schrank hatte.«
»Was redest du da?«, fuhr Liam hoch.
»Versuch einmal, das Ganze objektiv zu betrachten. Da ist ein Mann in vorgerücktem Alter, der sich umbringt, allein deshalb ist er schon ein Grenzfall …«
»Man hat ihn gezwungen, sich umzubringen«, unterbrach Liam sie brüsk.
»Auf jeden Fall«, fuhr Alanna geduldig fort, »hinterlässt dieser Mann einige, vorsichtig formuliert, extravagante Dokumente. Ich weiß nicht, wie ich es ausdrücken soll, Liam, aber so etwas bekommst du nicht unbedingt in der Sonntagsausgabe der
Sun
zu lesen … Kurz und gut, das alles könnten auch einfach die Hirngespinste eines Verrückten sein.«
Liam erhob sich, ohne ein Wort zu sagen, dann nahm er sein Jackett, als wollte er gehen.
»Ich wollte dich nicht beleidigen«, entschuldigte sie sich sofort. »Ich glaube es selbst nicht, aber wir sollten besser alle Hypothesen durchspielen.«
Liam holte etwas aus der Tasche und setzte sich wieder neben sie vor den Computer.
Er öffnete die Hand und zeigte ihr noch einmal Konstantins Ring und das eiserne Chrismon. Mit einer flinken Bewegung verband er die beiden Gegenstände, so dass wieder der Schlüssel entstand.
»Das scheint dir das Werk eines Übergeschnappten zu sein?«, fragte er sie und reichte ihr den Schlüssel.
Alanna drehte ihn einen Moment lang in den Händen. »Wenn alles, was wir gelesen haben, wahr ist, dann verschafft dieser Schlüssel uns vielleicht Zugang zu den Schriftrollen.«
»Wir haben eine Möglichkeit, das herauszufinden.«
»Die Excel-Datei?«
»Strengen wir uns an.«
Liam klickte erneut auf das Symbol »Buchstaben, Zahlen, Götter«, und der Bildschirm füllte sich mit den grauen Feldern, die sie schon einige Stunden zuvor erfolglos zu entschlüsseln versucht hatten.
»Ich habe dich das vorhin nicht gefragt: Sagt dir der Titel irgendetwas?«, fragte Alanna.
»Pfff«, überlegte Liam. »Mir fällt höchstens der Titel eines Buches von Guy Trévoux ein …«
»Worum geht es darin?«
»Um den Ursprung der Zahlen- und Buchstabensymbole … Ich erkenne da aber keinen Zusammenhang. Schau dir lieber mal das Datum der Datei an.«
Alanna verschob den Cursor und öffnete das Fenster mit den Eigenschaften des Files. »Erstellt am Sonntag, den 21. Juni um 23 Uhr 12. Geändert am Montag, den 22. Juni, um 5 Uhr 15. Er hat die ganze Nacht daran gearbeitet …«
Liam überlegte einige Sekunden: »Nur eine Nacht«, schloss er. Dann klickte er aufs Geratewohl ein paar Zahlen an, die hie und da zwischen den Feldern standen. Es handelte sich um mathematische Formeln, die augenscheinlich zufällige Serien von Feldern miteinander korrelierten. Wie vorher scrollte er wieder mit dem Cursor durch die Seiten: Es waren Hunderte, alle hatten eine ähnliche Graphik wie die erste, ein Gewirr aus weißen, schwarzen und grauen Feldern, mit Tausenden von Zahlen, die völlig chaotisch verstreut waren.
Eine gute halbe Stunde lang versuchten sie, die Formeln zu analysieren: Es gab Summen, Substraktionen, Mittelwerte und auch einige Logarithmen.
»Ich gebe es auf«, sagte sie schließlich. »Wir bräuchten einen Zahlensequenzanalysator.«
»Einen was?«
»Ein Programm, das wiederkehrende Muster in Zahlenfolgen erkennt.«
»Ich wusste nicht, dass du dich mit Mathematik befasst.«
»Erinnerst du dich, dass ich David bei der Arbeit am Genesis-Projekt kennengelernt habe?«, betonte sie. »Da ging es um linguistisch-mathematische Korrelationen.«
»Trévoux kennst du aber nicht«, neckte Liam sie, um für ein wenig Auflockerung zu sorgen.
»Ist anscheinend kein wissenschaftlicher Autor«, antwortete sie.
Liam lächelte sie an, dann scrollte er wieder durch die Seiten. »Das passt für mich einfach nicht. Molteni war kein Typ für Zahlensequenzanalysatoren. Er hatte zu Computern ein fast kindliches Verhältnis.«
»Auf mich wirkt das hier überhaupt nicht wie Kinderkram«, erwiderte sie.
Liam stand auf und ging im Zimmer hin und her, während Alanna weiter in den Seiten der Datei herumscrollte.
Plötzlich, er warf gerade aus einigem Abstand einen Blick auf den Monitor, erstarrte er: »Halt, Alanna! Geh mal vom Bildschirm weg.«
Sie drehte sich um und starrte ihn verständnislos an: »Was?«
»Geh zur Seite! Zur Seite!«
Alanna gehorchte und rutschte mit dem Stuhl zur Seite, so dass er freien Blick auf den Monitor hatte.
Er kam nicht näher, sondern ging noch einige Schritte
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