Die letzte Prophezeiung: Thriller (German Edition)
ich der letzte Meister bin und Dich als meinen Nachfolger erwählt habe. Folglich bist Du jetzt gerüstet, den Rest zu erfahren. Entschuldige mich für den Hokuspokus, den ich habe veranstalten müssen, aber am Ende der Lektüre wirst du verstehen, dass diese Geheimnisse eine zusätzliche Absicherung verdienten, wozu ich, wie ich fürchte, die ganze Nacht brauchen werde. Die Zeit drängt.
Rekapitulieren wir«, überlegte Liam laut. »Am Sonntag war er in der Türkei … Er hat das Flugzeug nach Turin genommen,dann hat er die Nacht vor dem Computer verbracht. Montagmorgen war er beim Notar und am Dienstag mit mir in Rom. In seinem Alter eine echte Ochsentour.«
»Er hatte vor irgendetwas Angst«, überlegte Alanna. »Es gibt keine andere Erklärung. Und das könnte die endgültige Bestätigung sein, dass man ihn gezwungen hat, sich umzubringen.«
Liam nickte traurig, dann las er weiter.
»
Was du nicht wissen kannst, das sind die Gründe für meinen Tod, falls er plötzlich und auf gewaltsame Weise eingetreten sein sollte. Viele Jahrhunderte nach der Zeit des Ossius sind Dinge geschehen, die die Kette der Nachfolge und den Schutz der Prophezeiung nun in ernsthafte Gefahr bringen.
Kurz: Konstantin ordnete an, dass die Schriftrollen bewahrt, aber absolut geheim gehalten werden sollten. Nach der Regel kennt der Meister den Text der Prophezeiung nicht. Dieses Privileg ist den Hütern vorbehalten, den Einzigen, die Zugang zu den beiden Truhen haben. Vor langer Zeit jedoch vertraute ein Hüter des Orients, vielleicht weil er der Last seiner Verantwortung nicht mehr gewachsen war, vielleicht aus Leichtfertigkeit, seinem damaligen Meister das Datum des Weltuntergangs an, wie es unverschlüsselt in der Prophezeiung steht. Dieses Datum ist seither in der Kette der Nachfolger mündlich tradiert worden: eine ›undichte Stelle‹, die als göttlicher Wille angesehen wurde, in Abweichung vom irdischen Willen Konstantins. Deshalb weiß ich, hier und jetzt, dass die ›Tiere‹ vor der Tür stehen und die Tage der Welt gezählt sind.
Aber springen wir noch einmal um siebzehn Jahrhunderte zurück. Konstantin vernichtete die Rollen also nicht. Er nahm sie schlichtweg unter Verschluss und legte das Verwahrungsprotokoll fest, das du kennst. All jene, die einander in dieser Aufgabe bis heute abgelöst haben, waren immer der Meinung, dass Konstantin
damit den Menschen vieler Jahrhunderte Probleme ersparen – die Harmonie des Reiches geht allem vor – und dafür sorgen wollte, dass die Prophezeiung zur passenden, für ihn in weiter Ferne liegenden Zeit enthüllt werde, um kurz vor der Apokalypse eine möglichst große Zahl an Christen zu retten. Wenn Konstantin etwas anderes im Sinn gehabt hätte, hätte er die beiden Schriftrollen ganz einfach vernichtet.
Lange Zeit später, im neunten Jahrhundert, breitete sich der arabische Herrschaftsbereich auch auf die heutige Türkei aus, und die Horden der Kalifen drangen bis in das Territorium vor, wo die Schriftrolle des Orients versteckt war. Der damalige Hüter, der voraussah, dass die maurische Woge bald auch Ephesus überspülen würde, war umsichtig genug, den Ort zu verbergen, indem er ihn der christlichen Symbole entkleidete und ihn für die Invasoren unsichtbar und unzugänglich machte. Um dies durchzuführen, war er aber natürlich auf Beistand angewiesen. Deshalb wählte er vor Ort Persönlichkeiten aus, deren christlicher Glaube verbürgt war: Priester, Kopisten, Beamte, Ritter, Rektoren und andere Würdenträger der örtlichen Gemeinde, mit denen er die Bruderschaft gründete, einen richtigen Geheimbund, der natürlich einem guten Zweck dienen sollte: In den Kreisen der neuen Machthaber und Militärs sollten sie die Ohren offenhalten und jeglicher Schnüffelei oder Einmischung, die das Geheimnis der Stätte gefährden könnten, zuvorkommen. Es war nicht zu umgehen, dass die durch ein umsichtiges Anwerbungsverfahren initiierten Brüder nach und nach von ihrer Aufgabe erfuhren, während sie Schritt für Schritt die drei Initiationsstufen der Bruderschaft durchliefen. Zwar erfuhr außer dem ›Gran Cofto‹, das heißt dem Hüter des Orients, niemand von ihnen je den Inhalt der Prophezeiung, alle Brüder wussten jedoch immer, dass sie für die Erhaltung von etwas äußerst Wertvollem sorgten. Und dies gebar Neugier und Habsucht.
Im Okzident dagegen geschah nie Vergleichbares: Die Stätte,
an der die zweite Rolle verwahrt wird, war immer fest in christlicher Hand, und
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