Die letzte Prophezeiung: Thriller (German Edition)
hellblaue Boxershorts, und als er ins Bad zurückkehrte, um sich anzuziehen, stieß er auf Alanna, ebenfalls im Bademantel, die gerade einen Fön suchte.
»Ich habe nichts anderes gefunden, sie sind aber sauber«, hatte er gesagt und ihr ein Paar Shorts hingehalten.
»Hellblau ist nicht gerade meine Lieblingsfarbe«, antwortete sie mit einem nicht zu enträtselnden Gesichtsausdruck. Er blieb sprachlos stehen, die Shorts vor sich hinhaltend. »Aberdiesmal mache ich eine Ausnahme«, fügte sie lächelnd hinzu, nahm sie ihm aus der Hand und ging den Korridor hinunter.
Rund zwanzig Minuten später hatten sie sich in der Küche eingefunden, jeder wieder in seinen zerknautschten Klamotten. Sie gönnten sich ein schnelles Frühstück mit dem, was ihnen gerade in die Finger kam. Liam schrieb noch rasch einen Zettel für Giuseppe, dankte ihm für die Gastfreundschaft und versprach, dass er sich bald melden würde.
»Ich bin nicht sicher«, sagte sie unvermittelt.
»Weswegen?«
»Wegen Rom.«
»Wir haben keine Alternative.« Liam unterschrieb die Nachricht und legte sie, gut sichtbar, mitten auf den Tisch.
»Sie werden dir dort garantiert auflauern«, sagte sie schnaubend.
»Aber ich habe dort auch die meisten Anlaufstellen. Und Freunde«, versuchte er sie zu überzeugen, während er sich ihr näherte. »Mach dir keine Sorgen. Sie werden uns nicht finden«, fügte er hinzu und ergriff ihre Hände.
Alanna machte sich los: »Molteni haben sie aber gefunden, und zwar in Rom.«
»Und genau seinetwegen müssen wir hinfahren, Alanna«, sagte Liam überzeugt. »Sobald ich habe, was er mir hinterlegt hat, wird es auf jede Frage eine Antwort geben: Rom ist der letzte Mosaikstein.«
Sie schauten einander lange an, und ihr blieb nichts anderes übrig, als stumm zu nicken.
Sie gingen zurück aufs Zimmer, wo Liam die Oktavausgabe der Apokalypse holte und die Schatulle aus blauem Samt, die er in seine Jacketttasche steckte. Dann überlegte er es sich anders: Er holte den antiken Schlüssel und den USB-Stick heraus, stülpte das Futter aus der rechten Jacketttasche und riss die Naht an der Ecke ein Stück weit auf. Dann schob er dieSachen hindurch. Schließlich stopfte er das Futter wieder in die Tasche und strich den Stoff glatt. Die beiden Objekte waren im Innern des Jackettfutters nach unten gerutscht.
Kurz darauf verließen sie die Wohnung und zogen leise die Tür hinter sich zu. Sie gingen die drei Stockwerke hinunter und durchquerten den Innenhof, bis sie vor der schweren Holztür standen. Es war sehr warm und völlig still. Das ganze Haus schien noch zu schlafen. Liam drückte auf den Türöffner, und der Türflügel sprang einen Spaltbreit auf.
Die Gehwege draußen waren verlassen, und auf der Straße kam nur ein einziges Auto vorbei.
»Lass uns da lang gehen«, sagte Liam und deutete Richtung Piazza Vittorio. »Da ist ein Taxistand.«
Sie waren wenige Schritte gegangen, als sie von hinten eine Stimme ansprach: »
Excuse me
…«
Liam und Alanna drehten sich um. Dann wurden ihre Sinne durch das Chloroform betäubt.
Einige Sekunden später löste sich der Lieferwagen vom Bürgersteig und verschwand rasch in den fast ausgestorbenen Straßen der Stadt.
48
Ort: Patagonien, Region Chubut
Weltzeit: Samstag, 27. Juni, 13.58 Uhr (GMT)
Ortszeit: 10.58 Uhr
Sie hatten die Estancia Cristóbal vor fast drei Stunden verlassen und versuchten, unter einem regelrechten Wolkenbruch, die Baustelle Sechs zu erreichen. Der Land Rover, den Ricardo steuerte, war nur einmal in der dichten Vegetation steckengeblieben. Doornick und Teodoro waren, in den roten Regenmänteln der Firma, ausgestiegen und hatten das Fahrzeug mit Hilfe von Schaufeln und zwei starken Holzstangen wieder frei bekommen. Erneut hatte die Bescheidenheit des Gringo Teodoro beeindruckt. Jeder andere an seiner Stelle wäre seelenruhig im Trockenen sitzen geblieben und hätte darauf gewartet, dass die anderen das Problem lösten. Er dagegen war als Erster aus dem Wagen gesprungen, und als er nach getaner Arbeit wieder auf den Beifahrersitz kletterte, war er ebenso zugerichtet wie Teodoro selbst: Sein Gesicht sah aus wie nach einer Schlammschlacht.
»Hey, ihr macht mir die Sitze dreckig«, hatte Ricardo sie geneckt.
»Achte lieber auf die Piste«, hatte Doornick kalt geantwortet. »Wenn wir noch mal steckenbleiben, steigst du aus, und zwar alleine.«
Niemand hatte mehr ein Wort gesagt, bis der Geländewagen eine halbe Stunde später das Tor im Palisadenzaun
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