Die letzte Prophezeiung: Thriller (German Edition)
verriegelt, es gibt keine Möglichkeit, hier herauszukommen.«
Alanna ließ sich auf das Sofa fallen. »Es ist, als würde jemand in meinem Schädel Trommel spielen.«
»Das ist die Wirkung des Chloroforms. Bald wird es dir besser gehen.«
In der Zwischenzeit zog Liam ein paar Bücher aus dem Regal und legte sie auf den Tisch. Er wiederholte diese Operation einige Male, bis, einige Minuten später, der Umriss der versteckten Tür erschien. Dann untersuchte er eingehend die Holzoberfläche jeder Ebene, er strich mit den Fingerkuppen über jeden freigelegten Winkel – ohne Ergebnis. Es gab weder Knöpfe noch Hebel.
Er gab auf und drehte sich zu Alanna um. Sie hatte sich erhoben und stand jetzt direkt hinter ihm, die Arme verschränkt. »Du hattest recht, allmählich geht es mir besser.« Langsam trat sie auf eines der Regale zu und strich mit ihren feingliedrigen Fingern darüber. »Nichts zu machen?«
»Nein. Sie haben uns in ihrer Gewalt.«
Alanna schien einen Moment nachzudenken, ehe sie antwortete. »Wer ›sie‹?« Dieselben wie in Dublin?«
Liam musterte schweigend die Rücken der Bände, die auf den Regalbrettern aufgereiht waren.
»Die Vernichter?«, insistierte sie.
»Ich weiß nicht«, antwortete er zögernd. »Es ist komisch, sie haben uns weder gefesselt noch verhört. Nicht einmal durchsucht haben sie uns.«
Er holte die Apokalypse aus der Tasche und zeigte ihr die Ausbuchtung in seinem Jackettsaum, in dem er die beiden Gegenstände versteckt hatte.
»Der Ring?«, fragte Alanna.
Als einzige Erwiderung deutete Liam auf die Kette, an dem er hing.
»Das ergibt einfach keinen Sinn«, überlegte sie. »Sie jagen dich durch halb Europa, und dann machen sie sich noch nicht einmal die Mühe, dir die Taschen zu leeren?«
Eine lange Pause entstand.
»Vielleicht haben sie es getan«, mutmaßte er. »Haben aber nichts gefunden, was für sie von Interesse wäre.«
Alanna zog einen Stuhl unter dem Tisch hervor und setzte sich. »Und wenn wir in eine völlig falsche Richtung denken?«
»Inwiefern?«, fragte Liam und setzte sich vor sie hin.
»Ich habe es dir gesagt: Wir sind auf diese Geschichte mit Molteni fixiert. Aber vielleicht haben die hier gar nichts damit zu tun.«
»Wie kommst du darauf?«
»Weil sie deine Sachen nicht an sich genommen haben.«
»Vielleicht haben sie etwas anderes im Sinn, aber es sind auf jeden Fall Vernichter. Schau dich doch mal um: Wir sind von lauter antiken Büchern umgeben, auf Italienisch und Latein.«
Alanna starrte das Regal vor sich an. »Ich sehe vor allem juristische Publikationen, Jahrbücher und Gesetzestexte. Das sieht aus wie das Besprechungszimmer einer Anwaltskanzlei oder einer Geschäftsbank.«
»Und das heißt?«
»Keine Ahnung. Aber ich habe ein andere Frage.« Sie legtedie Ellbogen auf den Tisch und lehnte sich zu Liam hinüber. »Warum bin ich hier bei dir? Lebendig?«
»Warum nicht?«
»Weil die Vernichter einen Meister suchen«, sagte sie resolut. »Nicht zwei Personen.«
Liam machte es sich auf dem Stuhl bequem. »Okay. Nehmen wir einmal an, es sind keine Vernichter«, stimmte er zu. »Wer zum Teufel sind sie dann?«
Alanna sah ihn starr an. »Was ist die einzige Sache, die uns verbindet, Liam? Ich meine uns beide.«
Er schwieg einige Sekunden.
»Mein Bruder«, sagte er.
»Genau: David.«
Wieder wurde lange geschwiegen.
Alanna redete zuerst: »David hatte eine Spitzenposition bei ZeroOne Code. Vielleicht hatte er etwas entdeckt, was er nicht hätte sehen dürfen. Und wir zwei sind seine nächsten Angehörigen. Wahrscheinlich denken sie, er hätte uns rechtzeitig mitgeteilt, was er herausgefunden hatte. Überleg mal, Liam: Seit Dublin haben wir sie am Hals. Da hat alles angefangen, und Molteni hat nichts damit zu tun.«
Liam nickte. »David …«, war alles, was er sagte.
50
Ort: Westküste des Roten Meeres
Weltzeit: Samstag, 27. Juni, 14.19 Uhr
Ortszeit: 17.19 Uhr
»Es war gut, dass wir uns von den anderen abgesetzt haben. Hier ist es traumhaft«, sagte Kelvin Curtis mit typischem Manchesterakzent zu seinem Freund.
Die beiden jungen Burschen – in weißen T-Shirts und kurzen Khakihosen – streunten seit fast einer halben Stunde in dem Gewirr aus Gassen und Marktständen des Suqs herum. Stuart Adamson, Kelvins schottischer Reisegefährte, wäre fast von einer Kolonne Jungs mit Tabletts voller Brotlaibe auf dem Kopf überrollt worden, die eine Schneise in die Menge schlugen. Aber er wich nicht einen Millimeter zur
Weitere Kostenlose Bücher