Die letzte Rune 08 - Das Schwert von Malachor
Seite und setzte sie auf. Schließlich hob er den schwarzen Filzhut vom Bettpfosten, den Maudie am Vortag in ihrem Kleiderschrank gefunden hatte, formte die Krempe und setzte ihn auf. Er drehte sich um, und Tyler Caine blickte ihm aus dem Spiegel entgegen.
Nur dass du nicht Tyler Caine bist. Du siehst aus wie das Bild auf dem Steckbrief, aber wer kann schon sagen, wie authentisch dieses Bild ist? Es ist mit Sicherheit keine gute Zeichnung. In Wahrheit sieht Tyler Caine dir vermutlich nicht mal ähnlich.
Andererseits sah Tyler Caine vermutlich nicht mal mehr lebendig aus. Die Geschichten stimmten; er war tot. Aber Travis lebte, zumindest im Augenblick. Er ging nach unten.
Er war nicht der einzige Frühaufsteher. Lirith und Maudie waren in der Küche und bereiteten das Frühstück vor. Durge und Jack saßen am Küchentisch und tranken Tee. Als Maudie ihn erblickte, stieß sie einen Schrei aus und ließ die Bratpfanne mit den Eiern auf den Ofen knallen. Sie fing an zu husten, erholte sich und lachte.
»Aber Mr. Caine, es schaudert mich ja schon, wenn ich Sie nur ansehe.« Sie blinzelte Travis zu. »Oder sollte ich sagen Mr. Wilder?«
Travis hatte angenommen, Maudie würde aufgebracht sein, nachdem er ihr den Steckbrief gezeigt hatte. Stattdessen war sie aufgeregter, als er sie je zuvor gesehen hatte.
»Der Himmel selbst hat Sie geschickt, Mr. Caine«, hatte sie strahlend gesagt. »Sie werden die Dinge regeln, das weiß ich. Zuerst werden Sie Mr. Samson retten, und dann werden Sie diesen Kreuzzug aus der Stadt schießen.« Sie hatte die Hände wie Pistolen gehalten, die Daumen gespannt und mit den Fingern in alle Richtungen geschossen.
Travis hatte es nicht über sich gebracht, Maudie zu gestehen, dass er in seinem ganzen Leben noch keine Waffe abgefeuert hatte. Aber so verrückt das auch erschien, es war der einzige Ausweg. Sie konnten es unmöglich mit dem ganzen Kreuzzug aufnehmen. Travis konnte nur hoffen, dass Locke den Köder schluckte und sich auf das Duell einließ.
Und was, wenn du es irgendwie schaffst, das Duell zu gewinnen? Was dann? Dann musst du noch immer dem Zauberer gegenübertreten.
Aber wenn der Kreuzzug aus dem Weg war, hatte der Scirathi keine Diener mehr, die für ihn die Schmutzarbeit erledigten. Und er würde auch den Skarabäus nicht haben. Vielleicht würde ihnen das die Chance verschaffen, das Tor-Artefakt zurückzugewinnen. Natürlich brauchten sie das eigentlich gar nicht, wenn das, was Jack gesagt hatte, so stimmte. Er hätte bloß Sinfathisar benutzen müssen.
Nein. Er wagte es nicht, den Stein einzusetzen; es war unmöglich zu sagen, was geschehen würde, wenn er seine Magie entfesselte. Und es war mehr als das. Er konnte diese Stadt und diese Menschen nicht einfach verlassen. Es war seine Schuld, dass die Dinge so schlimm standen; er hatte den Zauberer durch das Tor gebracht. Und das bedeutete, dass er die Dinge wieder in Ordnung bringen musste, genau wie Maudie gesagt hatte. Wenn er das nicht konnte, wozu war seine ganze Macht dann überhaupt gut?
Travis nahm von Lirith eine Tasse Kaffee entgegen und setzte sich an den Tisch.
Jack schnaubte und schüttelte die Zeitung in seiner Hand. »Ich begreife nicht, wie sie das hier eine Zeitung nennen können. Seit ich in diese Stadt gekommen bin, habe ich nicht einen Artikel über London gelesen. Ist hier denn keiner auch nur annähernd zivilisiert?« Er faltete die Zeitung zusammen und warf sie auf den Tisch.
Travis starrte sie an. Auf der Titelseite des Clarion war das Bild eines Mannes, dieselbe Zeichnung wie auf dem Steckbrief. Haltet nach diesem Mann Alias Tyler Caine Ausschau, lautete die Schlagzeile. Er gilt als bewaffnet und gefährlich . Sollte ihm jemand begegnen, sofort schiessen …
Durge nahm die Zeitung, ging zum Ofen und warf sie ins Feuer. »Vielleicht sollten Sie den Hut und die Brille abnehmen, Travis, zumindest für den Augenblick.«
Travis gehorchte.
Lirith stellte einen Teller mit Toast auf den Tisch; auf dem Rückweg zum Ofen stolperte sie.
Maudie drehte sich mit klirrenden Sporen zu ihr um. »Alles in Ordnung, Süße?«
Lirith brachte ein tapferes Lächeln zu Stande. »Mir geht es gut, wirklich.«
Nur dass sie nicht gut aussah. Sie sah aus, als hätte sie zwei Tage lang nicht geschlafen.
»Ich muss sagen«, verkündete Jack mit seiner lauten Stimme, während er ein Stück Toast in seinen Tee tunkte, »diese Stadt ist ganz schön barbarisch mit ihren schmutzigen Straßen, den Raufbolden und Wegelagerern,
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