Die letzte Sünde: Kommissar Rosenthal ermittelt in Tel Aviv (German Edition)
nützen«, sagte der Kommissar auf Englisch, um sicherzugehen, dass seine Drohung verstanden wurde.
»Ich schwöre es. Ich habe Marina nichts getan. Ihr werdet nichts finden, ich war es nicht. Du musst mir glauben!«
Assaf hätte es nicht zugegeben, aber tatsächlich glaubte er Moses. Das passte alles nicht zusammen. Er konnte nicht der Täter sein, auch wenn er kein Alibi hatte.
»Wir werden sehen«, sagte der Kommissar laut und schickte den Afrikaner zurück in seine Zelle.
»Glaubst du ihm? Woher wusstest du das mit der Prostitution? Warum hast du mir nichts gesagt?«, fragte Yossi aufgeregt, nachdem Moses von zwei uniformierten Polizisten aus dem Zimmer geführt worden war.
»Erstens: Ja, ich glaube ihm. Zweitens und drittens: Ich habe nichts gesagt, weil ich mir nicht sicher war und weil sich diese Ahnung sowieso erst über Nacht in meinem Kopf festgesetzt hat. Ihre Großmutter hat mir gestern erzählt, dass Marina mit Geld nur so um sich warf. Die alte Dame zeigte mir teuren Goldschmuck, den ihre Enkelin ihr geschenkt hatte. Ich fand das seltsam.«
»Aber hat Zipi mir nicht irgendwas davon erzählt, dass ihr Vater so wohlhabend war?«, meinte Yossi erstaunt.
»Ja, das verstehe ich auch noch nicht so ganz. Vielleicht lief sein Geschäft in letzter Zeit nicht mehr so gut, zumindest kamen in den letzten Monaten wohl keine Spenden an die Jewish Agency mehr. Aber so oder so, wir müssen das Zimmer von Moses durchsuchen. Wir müssen jeder Spur nachgehen, auch wenn mein Gefühl mir etwas anderes sagt. Und dann müssen wir herausfinden, wo Marina gearbeitet hat. Vielleicht kannst du dich umhören«, forderte Assaf seinen Kollegen auf.
Die beiden verließen das Zimmer und liefen den Gang zu ihren Büros zurück. An dem Büro von Zipi machte Assaf halt, und nach einer kurzen Begrüßung fragte er die Sekretärin, ob es schon Neuigkeiten zum Durchsuchungsbefehl für das Haus von Moses gebe.
»Assaf, tut mir leid. Ich habe noch keine Antwort. Aber wenn ich etwas weiß, bist du der Erste, der es erfährt.«
»Zipi, du musst denen mehr Druck machen. Da leben zwanzig, dreißig Leute wie die Legehennen in einer Wohnung. Und wer weiß, wer da tagtäglich noch ein und aus geht. Wenn sich in dieser Bude tatsächlich Beweismittel befinden, dann müssen wir die finden, bevor sie verschwinden.«
Assaf verstand einfach nicht, warum das so lange dauerte. Terroristen hatten in Israel Priorität, daher war Assaf es als ehemaliger Grenzsoldat gewohnt, dass Formalitäten entweder schnell zu klären waren oder gar keine Rolle spielten.
Mit einem Glas frischem Minztee in der Hand machte Assaf sich auf den Weg in sein Büro. Dort las er wie jedenTag erst einmal ein paar Nachrichten online. Er klickte auf einen Kommentar, der sich über die Unfähigkeit des amerikanischen Präsidenten echauffierte, mit den Israelis umzugehen. Assaf war selbst auch kein Fan des amerikanischen Präsidenten, er war von Anfang an davon überzeugt gewesen, dass Obama den Israelis nur Schlechtes bringen würde. Sie, die Israelis, waren immer die Dummen. Egal, was sie taten. Sein Kumpel Yaron meinte dazu, dass Assaf die typische post-Holocaust-Paranoia hätte, dabei hatte Assafs Familie lange nicht so sehr unter dem Holocaust gelitten wie andere, sie waren in keinem Lager oder Ghetto gewesen. Niemand war ermordet worden. Die Seite seiner Mutter aus dem Irak hatte vor allem unter den Arabern gelitten, die sie nach der Gründung des jüdischen Staates aus ihren Häusern vertrieben hatten, ohne ihnen die Chance zu geben, etwas mitzunehmen. Da jammerten die Palästinenser immer von Vertreibung, wo doch mehr Juden aus arabischen Ländern vertrieben worden waren, als es damals überhaupt Palästinenser auf dem heutigen Gebiet Israels gegeben hatte.
Assaf schloss kopfschüttelnd die Seite, ohne den Kommentar gelesen zu haben, und machte sich wieder an die Arbeit. Er nahm den Telefonhörer in die Hand, tippte eine Nummer aus seinem Notizbuch ein, und ein paar Sekunden später meldete sich Ruth Silberman, die Sekretärin aus dem Ulpan, am anderen Ende.
»Boker tov, Geveret Silberman, hier spricht Kommissar Assaf Rosenthal. Wie geht es dir?«, erkundigte er sich freundlich nach ihrem Wohlergehen.
»Kommissar Rosenthal, boker tov. Gut, Gott sei Dank. Baruch Ha Shem. Was kann ich für dich tun?«
»Du hast mir doch erzählt, dass Marina eine Freundin namens Olla im Ulpan hatte. Ich brauche ihre Adresse und Telefonnummer.«
»Warte einen Moment bitte.«
Assaf
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