Die letzte Sünde: Kommissar Rosenthal ermittelt in Tel Aviv (German Edition)
seines Vaters einsteigen würde, sein Leben drehte sich schon immer um den Diamantenhandel.
Die beiden Männer umarmten sich herzlich, als der eineSoldat, nun Diamantenhändler, den anderen, jetzt Polizeikommissar, an der Sicherheitsschleuse, die in die Diamantenstadt führte, abholte.
»Amos, gut siehst du aus.«
Amos lachte. »Danke. Du aber auch. Warst du schon einmal hier?«
Assaf schüttelte den Kopf.
»Na, dann komm, ich zeig dir mal unser Heiligtum.«
Amos lief mit kurzen Schritten voraus. Wenn man ihn so sah, hätte man nie gedacht, dass er einer der wichtigsten Diamantenhändler Israels war. In seiner Familie waren alle dem Geschäft mit den wertvollen Steinen verbunden. Amos’ Geschwister leiteten eine eigene Schleiferei, die Mutter entwarf Schmuckstücke, und der Vater betrieb mit seinem Sohn den Handel.
Assaf folgte Amos in eines der Hochhäuser. Sein Freund ließ ihn einen Blick auf das Börsenparkett werfen, das in einem nochmals extra gesicherten Raum lag. Die Händler und Anbieter saßen an langen Holztischen, viele trugen Kippa oder schwarze Hüte und prüften unter ihrer Krempe mit der Diamantenlupe die Ware.
»Wie viele Leute arbeiten denn hier?«, fragte Assaf beeindruckt.
»Die Börse hier hat gut 800 Plätze. Und wie du siehst, immer mehr von ihnen werden von Indern belegt.«
»Ich dachte immer, Diamantenhandel sei etwas Urjüdisches? Sagt man nicht auch überall auf der Welt das Hebräische ›Mazal U’Bracha‹ zum Abschluss eines Geschäfts?«
»Das schon. Aber die Inder laufen uns langsam den Rang ab. Komm, ich zeige dir mein Büro. Und dann gehen wir in die Diamanten-Kantine.«
Assaf war sehr erfreut über die Aussicht, etwas essen zu können. Wie immer um diese Zeit knurrte sein Magen bereits heftig. Über eine Brücke liefen die beiden Freunde in das Nachbargebäude, hier im zwölften Stock lag das Büro der Bernstein GmbH. Amos holte einen Koffer aus dem Bürotresor, den er nun für Assaf öffnete. Ungefähr zwanzig farbige Diamanten in unterschiedlichen Größen lagen in kleinen voneinander abgetrennten Fächern.
»Diese haben wir heute aus der Schleiferei bekommen. Farbige Diamanten sind momentan besonders beliebt.«
»Was kostet so was?«, fragte Assaf.
»Der hier zum Beispiel«, Amos zeigte auf einen kleinen, rosafarbenen Stein, »liegt bei ungefähr 80 000 Dollar.«
Assaf pfiff anerkennend. »Nicht schlecht.«
»Ja, aber schau mal, das gesamte Handelsvolumen an der israelischen Börse beträgt in etwa 20 Milliarden Dollar. Da ist das nur eines der kleineren Geschäfte. Ich muss noch einige verkaufen, bis ich mir endlich mein Apartment im Mosche Aviv Tower leisten kann.«
Assaf nickte verständnisvoll, obwohl ihm nicht klar war, warum jemand freiwillig in einem Wohnhaus wie dem Mosche Aviv Tower leben wollte. Für ihn waren diese Wolkenkratzer die reinsten Ghettos. Es gab keinen Grund mehr, sie zu verlassen. Sie beherbergten Fitnesscenter, Schwimmhallen, Restaurants, ja sogar Synagogen.
»Hier geht es nicht nur um Geld. Es gibt einfach nichts Wertvolleres als diese Steine. Und schau dir den Schliff an.« Amos widmete sich weiterhin seinem Lieblingsthema.
»Ist es nicht der Schliff, der den Diamanten erst so richtig wertvoll macht?«
»Na ja, ein Diamant lebt nur, wenn er richtig glitzert.Der Stein darf auf keinen Fall zu flach sein, sonst geht das Licht einfach hindurch. Dann ist das Ganze nichts anderes als ein verdammt teures Stück Glas. Mit dem richtigen Schliff aber wird daraus erst das eigentliche Schmuckstück. Deswegen schleifen wir ja auch selbst. Ich würde unter Tausenden Diamanten immer wieder den erkennen, den wir geschliffen haben.« Amos schaute Assaf mit glänzenden Augen an.
»Achi, das ist alles der reine Wahnsinn. Aber wenn du mir nicht gleich was zu kauen besorgst, dann schleife ich dich. Und zwar mit Gewalt in die Kantine.«
Nach dem Essen telefonierte Assaf erst mit Zipi, danach mit Yossi und Itzik. Von Zipi erfuhr er, dass die Beerdigung für Marina für den nächsten Tag angesetzt war. Obwohl die Rechtsmedizin die Leiche aus Respekt vor der Regel im Judentum, die Toten innerhalb von 24 Stunden zu beerdigen, schnell freigegeben hatte, waren fünf Tage bis zum Termin der Beerdigung vergangen. Für Assaf war es eine Selbstverständlichkeit, zu der Beerdigung zu gehen, und er bat auch Zipi und Yossi, ihn zu begleiten. Von Yossi und Itzik erfuhr er, dass die beiden fast alle Freier angetroffen hatten. Die meisten hatten ein Alibi für den
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