Die letzte Walstatt - Covenant 03
Kevins Lehre nicht verstanden hatten; es war nicht darauf eingestellt, derartige Kräfte durch seine Länge zu leiten, wie Mhoram nun hindurchschießen ließ. Aber der Hoch-Lord kannte kein Maß für irgendwelche Rücksichtnahmen. Er zwang den Stab dazu, über die eigene Begrenztheit hinauszuwachsen, schwang ihn, während er von angestauter Macht zuckte und knisterte, wider die Bedränger und wütete unter ihnen. Seine Flamme gedieh zu einer weißglühenden Lohe, heiß wie ein Schmelzofen; ihr Schillern und Gleißen mähte seine Widersacher nieder wie eine Sichel aus Sonnenfeuer.
Binnen weniger Herzschläge füllte ihre geradezu unüberschaubare Menge sein gesamtes Blickfeld aus, schloß alles außer ihrem dunklen Andrang von seiner Wahrnehmung aus. Er sah nichts anderes, spürte nichts anderes als breite Wellen mißgestalteter Unholde, die danach trachteten, ihn zu verderben, und er nahm von nichts Kenntnis als ihrer wüsten Blutgier und seiner blauen, feurigen Leidenschaft. Obgleich sie sich zu Dutzenden und Hunderten auf ihn stürzten, widerstand er ihnen, drosch sie nieder, schmiß sie beiseite. Indem er durch ihre Leichen watete wie durch die See des Todes selbst, bekämpfte er sie mit Ingrimm in den Adern, Unbeugsamkeit im Gebein und grenzenlosem Triumph in den Augen.
Doch sie waren ihm über. Zu viele waren sie. Jederzeit mochte einer von ihnen ihm das Schwert in den Rücken rammen, und sein Kampf wäre ausgestanden. Durch das wilde Getöse des Ringens hörte er einen hohen, fremdartigen Siegesschrei, aber er war sich kaum dessen bewußt, ihn selbst ausgestoßen zu haben.
Da erspähte er unvermutet durch eine flüchtige Bresche in den Reihen seiner Angreifer die Helligkeit eines Feuers. Sie erlosch sofort wieder, verschwand so völlig, als hätte es sie nie gegeben. Aber Mhoram hatte erkannt, um was es sich handelte. Er stieß erneut einen Schrei aus und begann dorthin vorzudringen. Ohne auf Gefahr von rückwärts zu achten, mähte er in die Lawine der Gegner vor ihm eine Gasse. Dann sah er den Feuerschein nochmals.
Er entsprang der Glut eines Allholzmeisters.
Am Rande der Geländemulde fochten Herdwart Borillar und die letzten Wegwahrer gemeinsam gegen Mhorams Bedränger. Borillar setzte seinen Stab wie eine feuerspeiende Keule ein, und die Wegwahrer unterstützten ihn mit den ihnen eigenen Kräften. Zusammen unternahmen sie den aussichtslosen Versuch, den Hoch-Lord freizukämpfen.
Bei ihrem Anblick drohte Mhoram zu erschlaffen; er sah ungeheuerliche Scheusale näher rücken, um sie zu zermalmen, und die Erkenntnis der Gefahr, in der sie schwebten, hemmte ihn in den eigenen Anstrengungen. Aber sogleich riß er sich zusammen, kämpfte sich entschlossen weiter in ihre Richtung, setzte seinen Stab ein, bis er in seinen Fäusten kreischte.
Zu viele Geschöpfe tummelten sich zwischen ihm und seinen Helfern; es gelang ihm nicht, sie noch rechtzeitig zu erreichen. Während er sich unermüdlich durch einen glitschigen Strom von Blut vorwärts pflügte, sah er, wie sie Borillar erschlugen, sah auch, wie der Feind den Rest der Wegwahrer aufsplitterte, zersprengte. Angesichts der Unmöglichkeit, ihnen beizustehen, sank er fast nieder.
Aber sie hatten mit ihrem Tod an dieser Stelle die Haufen des Gegners ungemein stark gelichtet. Und durch diese geschwächte Stelle kam nun der Ranyhyn Drinny, stieß und schlug sich den Weg zurück zu seinem Reiter vollends frei.
Seine ungestüme Schnelligkeit trug ihn hinab in die Mulde. Er durchbrach Trauben von Geschöpfen, sprang über welche hinweg, keilte andere beiseite. Ehe sie sich zusammentun und wirksam gegen ihn vorgehen konnten, hatte Drinny den Hoch-Lord erreicht.
Mhoram sprang auf den Rücken des Ranyhyn. Aus dieser vorteilhaften Höhe verschleuderte er weiter seine Kräfte auf die Häupter seiner Widersacher, während Drinny nach allen Seiten ausschlug und den Hang erklomm. Innerhalb weniger Augenblicke überquerten sie den Rand der Bodenmulde und preschten hinaus in das freiere Gelände ringsherum.
Als er Drinny von neuem antrieb, erhaschte Mhoram einen Ausblick auf seine restliche Gefolgschaft. Die Krieger hatten sich um Quaan geschart und kämpften sich in des Hoch-Lords Richtung vorwärts. Immer wieder griffen die Reiter an und brachen die feindlichen Reihen auseinander, und sofort drängten die Fußkrieger nach, um den Einbruch zu nutzen. Aber sie waren ringsum weithin und vollkommen eingeschlossen – eine kleine Insel der Tapferkeit inmitten der See von
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