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Die letzte Zeugin

Die letzte Zeugin

Titel: Die letzte Zeugin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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erzählen?«
    »Süße, ich bin aus den Ozarks. Lange Geschichten gehören bei uns dazu.«
    »In Ordnung.« Sie holte sich ebenfalls ein Whiskeyglas aus dem Schrank, schenkte sich ein und setzte sich.
    »Gott, du bist eine beruhigende Frau.«
    »Eigentlich nicht.«
    »Aber im Moment, und das habe ich jetzt wirklich gebraucht.« Er lehnte sich zurück und trank einen Schluck Whiskey. »Also, Tybal und Missy. Als wir auf der Highschool waren, waren sie das goldene Paar. Weißt du, was ich meine?«
    »Sie waren wichtig in jener Kultur.«
    »König und Königin. Er war der Star-Sportler, ein Quarterback mit magischen Händen. Ein Mittelfeldspieler mit einem Kanonenarm. Sie war Kapitän der Cheerleaders, hübsch wie ein Erdbeerparfait. Er ist auf die Arkansas State gegangen, mit einem Sportstipendium, und sie ging mit. Nach allem, was ich gehört habe, haben sie auch da gefunkelt. Jedenfalls bis zum Junior-Jahr, da hat er sich nämlich bei einem Spiel das Knie verletzt. Der Traum von der Profi-Karriere war ausgeträumt. Schließlich sind sie wieder nach Hause zurückgekommen. Sie trennten sich, kamen wieder zusammen, machten Schluss und so weiter. Und dann haben sie geheiratet.«
    Er trank noch einen Schluck Whiskey. Damit, den Schmerztabletten und der Ruhe, die diese Frau ausstrahlte, ging es ihm besser.
    »Eine Zeitlang trainierte er die Highschool-Football-Mannschaft, aber es funktionierte nicht. Dazu war er wohl einfach nicht geschaffen. Also ging er ins Baugewerbe. Missy versuchte sich eine Weile als Model, aber das klappte auch nicht. Sie arbeitet im Blumenladen. Ich denke, sie waren einfach nicht darauf vorbereitet, nicht mehr zu funkeln, und mit dem grauen Alltag konnten sie nicht umgehen. Ty begann, sich dem Rebel Yell zuzuwenden.«
    »Wem?«
    »Das ist ein Whiskey, allerdings nicht annähernd so gut wie der, den du mir eingeschenkt hast. Mein Vorgänger in diesem Job berichtete mir von dem Problem. Von den Prügeleien in Bars, der häuslichen Gewalt … Im letzten Jahr ist es schlimmer geworden.«
    »Warum habt ihr ihn nicht eingesperrt?«
    »Wir nehmen ihn jedes Mal fest, aber letztlich bekommt er dann nur eine Verwarnung oder Gemeinschaftsdienst aufgebrummt. Missy will ihn nicht anzeigen, wenn er sie verprügelt hat, und sie leugnet einfach, dass es geschehen ist. Sie ist hingefallen, ausgerutscht, gegen die Tür gelaufen.«
    »Sie lässt ihn gewähren.«
    »Ja. Und auch die Leute hier verschließen die Augen vor dem Problem. Der Glanz, der die beiden umgeben hat, hält in einer Kleinstadt wie dieser lange an. Aber ich war einige Zeit weg, deshalb sehe ich es – sehe ich sie – vielleicht anders. Und da meine wiederholten Versuche, sie in Therapie, Reha oder Beratung zu bringen, gescheitert sind, habe ich heute eine andere Methode gewählt.«
    »Die zu deiner Verletzung geführt hat.«
    »So könnte man sagen. Als mein Deputy anrief und mir Bescheid sagte – dass Ty betrunken nach Hause gekommen sei, sie geschlagen habe, woraufhin sie weggelaufen sei –, habe ich Ty dazu gebracht, an die Tür zu kommen, so dass die vierzehn Leute, die draußen standen, um sich die Show anzusehen, ihn voll im Blick hatten. Während er alles im Haus kurz und klein schlug, was er in die Finger bekam, hatte er die Musik auf volle Lautstärke gedreht. Das war ein Vorteil, weil niemand außer mir und meinem Deputy hören konnte, wie ich das betrunkene Arschloch gereizt habe. Ich habe seine Männlichkeit und die Größe seines Penis’ in Frage gestellt. Wenn das nicht funktioniert hätte, hätte ich ihm erklärt, dass seine blöde Frau an der Größe meines Penis’ sicher mehr Gefallen finden würde.«
    Er stieß die Luft aus und schüttelte den Kopf. »Das war aber zum Glück nicht nötig. Er hat mir vor Zeugen ins Gesicht geboxt, und wir kriegen ihn für eine Straftat dran.«
    »Das war eine sehr gute Strategie. Männer sind äußerst empfindlich im Hinblick auf ihre Genitalien.«
    Er verschluckte sich fast an seinem Whiskey. Lachend rieb er sich die Hand übers Gesicht. »Ja, das ist wohl wahr.« Er hörte auf zu lachen und trank einen kleinen Schluck. »Das ist wohl wahr.«
    »Deine Methode war zwar unkonventionell, doch das Ergebnis war gut. Aber dir tut es leid, und du bist ein bisschen traurig. Warum?«
    »Er war einmal ein guter Freund. Nicht der beste, aber einer meiner Freunde. Ich mochte die beiden, und auch mir hat das Funkeln wahrscheinlich gefallen. Es tut mir einfach leid, sie beide so am Boden zu sehen. Und es

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