Die letzte Zuflucht: Roman (German Edition)
Hiebe anzubringen, war Chris schon darüber hinaus, Schmerzen zu empfinden. Er nahm die Treffer als Fehler wahr, nicht mehr. Er korrigierte diese Fehler und prügelte weiter auf seinen Gegner ein.
Falco fluchte und griff wieder an, ließ aber die linke Schulter hängen. Ausgerenkt. Chris packte den verwundeten Arm und wirbelte herum, um Falco an der Theke festzunageln. Falcos Verwünschungen gingen in ein heftiges Keuchen über. Er war nicht übel genug zugerichtet, um zu schreien. Noch nicht.
Chris packte eine Handvoll Haar und riss Falcos Kopf nach unten, sodass er mit dem Gesicht auf die Theke prallte.
Vor der Taverne wurde ein Schuss abgegeben. »¡Basta!«
Chris kam schlagartig zu sich und fühlte sich benommen und wie betrunken. Er sah auf seine Hände herab. Blut. Haarbüschel unter den Fingernägeln. Falco war zu seinen Füßen zusammengebrochen.
Rosa stand in der Tür, eine rauchende Pistole in der Hand. Ihr Gesichtsausdruck verriet überschäumende Empörung, mehr Emotionen, als er seit Wochen bei ihr gesehen hatte. Er konnte sich nicht dazu aufraffen, dabei etwas zu empfinden. Er hatte ihr gerade den Arsch gerettet – ihre kostbare Führungsrolle. Schon wieder.
»Ich habe nichts dagegen, wenn ihr euch prügelt«, knurrte sie mit vor Zorn bebender Stimme. »Aber ich lasse nicht zu, dass ihr einander umbringt. Wir sind zu wenige.«
Chris zuckte mit den Schultern. »Ich bin fertig, wenn er es auch ist.«
»Du bist fertig, wenn ich es sage.«
» Sí, Jefa «, sagte er spöttisch, »das habe ich mir gemerkt.«
Falco stemmte sich auf die Ellenbogen hoch. Er blutete aus Nase und Ohr. Ein Zahn lag auf dem Boden neben ihm. Chris fragte sich auf seltsam distanzierte Art, ob man, wenn alles vorbei war, von ihnen erwarten würde, Arzt und Patient zu spielen.
Falco bemühte sich erfolglos aufzustehen. »Wenn er schon nicht antwortet, solltest du es tun. Wir sind dir treu ergeben und haben die Wahrheit verdient.«
Rosa erstarrte. Leuchtend rote Flecken erschienen auf ihren Wangenknochen. Bei einem Mädchen wäre es ein Erröten gewesen, aber bei Rosa sah es aus, als würde sie gleich Säure speien. Chris war kaum in der Lage, Mitleid mit ihr zu empfinden. Er war immer noch zu wütend, und ihre Machtspielchen waren schuld an diesem Showdown.
Sie schob die Pistole ins Holster, geschmeidig und eiskalt. »Dir was beantworten, Falco?«
Nur körperlich geschlagen, ließ Falco einen mörderischen Blick zwischen ihr und Chris hin und her gehen. »Ein für alle Mal – schläfst du mit ihm?«
29
Der Augenblick der Wahrheit.
Die ganze taberna wartete auf Rosas Antwort.
Sie ging kurz alle Möglichkeiten im Kopf durch. Wenn la jefa sich nicht hinter Chris stellte, würden die übrigen Bravos Front gegen ihn machen. Nun, zumindest Falcos Anhänger. Sie konnte nicht recht einschätzen, wer noch auf ihrer Seite stand. Ex und Jameson bestimmt, Rio wahrscheinlich auch, aber bei den anderen konnte sie sich nicht sicher sein. Sie behielten ihre Meinung für sich, solange sie ihnen nicht gerade befahl, etwas Dummes zu tun.
Schon aus reiner Logik war sie geneigt gewesen, das Eingeständnis zu machen – und dann sah sie Cristiáns Gesicht. Er rechnete damit, dass sie ihn verleugnen würde. Wie in Erwartung dieser Kränkung stützte er sich mit einer Hand auf die Bar. In der taberna war es so still, dass Rosa alle atmen und Maryann, eines der geretteten Mädchen, verängstigt wimmern hören konnte. Maryann hatte sich erst kürzlich überhaupt aus dem Rathaus hervorgewagt, und nun musste so etwas passieren.
Perdón, pobrecita. Das hier sollte kein Ort sein, an dem sie sich fürchten musste. Ich bringe das schon in Ordnung.
»Du interessierst dich viel zu sehr für das, was ich in meiner Freizeit unternehmen«, sagte sie leise. » Pero, sí, er ist mein Mann.«
Falco kämpfte sich auf die Beine. »Verdammt, ich habe hier immer um Respekt gekämpft. Das bringt die Hierarchie völlig durcheinander …«
»Du gehst mir auf die Nerven«, sagte Jameson und ließ ein einfaches Küchenmesser kreisen, wie er es mit einer seiner Waffen getan hätte. »Und ich bekomme im Moment nicht genug Schlaf. Da bin ich nicht sehr geduldig.«
Rosa schüttelte den Kopf, hob eine Hand und bedeutete Jameson, sich herauszuhalten. Sie wusste seine Rückendeckung zwar zu schätzen, brauchte sie aber nicht. Nicht jetzt. »Ich bin kein Siegerpokal, den man gewinnen kann. Ich treffe meine eigenen Entscheidungen. Wenn dir das nicht gefällt, kannst
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