Die letzte Zuflucht: Roman (German Edition)
hatte ihren Geruch nicht ganz richtig wiedergegeben. Salziger. Weniger süß. »Aber woher weißt du, dass ich Christian heiße, nicht Christopher? Und sag nicht ›bloß geraten‹ oder irgend so einen Quatsch. Du hast es gesagt, als ob du es wüsstest.«
Aber Traum-Rosa und Voyeur-Rosa waren verschwunden. Sie war wieder la jefa , ganz widerborstige Dornen und scharfe Kanten. »Hör auf damit.«
Sie verkrampfte sich, als er ihr die Hand auf die Schulter legte. »Du hast es gesagt, und ich bin gekommen«, flüsterte er an ihrer Schläfe. Ihr Körper summte vor stiller Anspannung, die ihn an Stromdrähte und Blitzeinschläge denken ließ. » Du hast mir das angetan.«
Sie erwiderte seinen Blick, aber die Anstrengung schien sie alle Kraft zu kosten. Die panische Anspannung, die ihm in den Knochen steckte, spiegelte sich in ihren dunklen Augen wider. Chris strich ihr mit dem Daumen über die Unterlippe. Sie rührte sich nicht, blinzelte auch nicht, sondern versenkte nur langsam die Zähne in seinem Fleisch. Er zischte leicht, nahm den Schmerz in sich auf und wollte mehr. Scheiße, sogar jetzt noch wollte er mehr.
» Entre la sombra y el alma «, flüsterte er.
Rosa blinzelte. Sie spuckte ihn aus und versetzte ihm einen kräftigen Stoß gegen die Brust. Verblüfft stolperte Chris zurück, rutschte auf den nassen Kacheln aus und fiel beinahe hin.
»Was zum Geier hast du da gerade zu mir gesagt?«, knurrte sie.
»Klar, wenn du in meinen Kopf eindringst, ist das in Ordnung!«
»Es war nur ein Traum!«
Chris erstarrte. Sein Kopf fühlte sich heiß an und schwer genug, ihm vom Hals zu fallen.
Das kann nicht sein. Zu seltsam.
Sie starrten einander an wie Gegner im Boxring. Wenn er ihren Hemdkragen herabzog, würde er dann die Narbe finden, die eine Schusswunde in ihrer Schulter hinterlassen hatte?
Draußen wurde Alarm geschlagen. Rosa versetzte der Wand einen Fußtritt und stieß ein paar deftige spanische Flüche hervor. »Verdammt, ich wollte doch nur duschen!«
»Was zum Teufel ist das? Das ist nicht der Höllenhundalarm.«
»Nein. Lastwagen. Es ist Zeit, für einen Überfall aufzusitzen.«
»Wie viel Zeit haben wir?«
»Ungefähr fünf Minuten.«
Gefolgt von Chris, stürmte sie aus der Dusche. »Ich komme mit«, rief er.
»Du bist kein Bravo, also bleibst du hier.«
»Den Teufel werde ich tun!«
Er rannte in sein Zimmer über dem Laden und zog sich in Windeseile an. Er bewahrte gerade so viel von seinem Gepäck hier auf, dass keine Neugiernase darauf kommen konnte, dass er jede Nacht draußen in den Höhlen verbrachte.
Auf der Hauptstraße hatten die Bravos schon begonnen, sich zu sammeln. Motorräder, Schusswaffen, verquollene, aber entschlossene Gesichter – alle waren startklar. Brick schnallte sich etwas auf den Rücken, das wie eine kleine Kanone aussah. Er hatte sich ein Tuch um den kahlen Kopf gebunden, schwang sich aufs Motorrad und beugte sich dann zu Jolene, um ihren heißen Kuss mit offenem Mund zu erwidern. Sie trug nur einen fadenscheinigen Bademantel, der an den Knien aufklappte, als der heiße Morgenwind auffrischte.
»Pass auf dich auf«, sagte sie schlicht und kehrte dann ins nächstgelegene Gebäude zurück. Eine Frau, die sich von ihrem Ehemann auf dem Weg ins Büro verabschiedete, hätte womöglich mehr Aufhebens gemacht.
Ex grinste in die tiefstehende rote Sonne, die sich allmählich über den Horizont erhob. »Scheiße, das ist noch früh«, sagte er. »Hoffentlich ist es etwas Gutes – kubanische Zigarren oder Kokain.«
»Als dein Arzt«, sagte Chris gedehnt, »rate ich dir von beidem ab.«
»Okay, dann eben Werkzeug. Neues Werkzeug kann ich immer gebrauchen.«
Rosa kam die Straße entlang. Sie hatte Cargohosen übergezogen und knöpfte sich eine schwarze Lederweste über dem weißen Oberhemd zu. Sie hatte nicht genug Zeit gehabt, einen BH anzuziehen. Chris war vom Adrenalin berauscht, aber das nährte auch den Gedanken an Sex.
Doch etwas anderes nagte an ihm. Dieses Déjà-vu-Gefühl war wieder da. Keine Empfindung. Nicht so recht. Eher eine Warnung, wie das Aufblitzen eines Traums, den er schon vergessen hatte.
»Wo soll ich hin, Jefa ?«
Sie überprüfte die Trommel ihrer Pistole. »Bleib hier.«
»Unfug.«
»Unfug ist nur, dass du mir widersprichst«, zischte sie. »Jameson hat schließlich auch keine Einwände erhoben, als ich ihm gesagt habe, dass er bei Tilly bleiben soll. So kurz vor ihrem Stichtag will ich nicht, dass sie allein bleibt. Und wenn er sich
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