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Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork

Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork

Titel: Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvana de Mari
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Fischreiher im Schlamm herumstaksten, bereit, sich in einen Braten verwandeln zu lassen, der diesen Namen verdiente. Eine kleine Falle mit einem halben verfaulten Fisch hätte genügt, aber das durfte man nicht. Es war verboten. Im ersten Jahr, als alle völlig verhungert an diesem Strand ankamen, war die Jagd auf Silberreiher und Fischreiher ein Mordsspaß gewesen, das hörte aber mit einem Schlag auf, weil sie alle aufgegessen hatten. Seitdem ein paar wiedergekommen waren, war es verboten, sie anzurühren, damit sie sich vermehrten und man immer Eier hatte. In ganz besonderen Ausnahmefällen war es erlaubt, einen einzelnen zu fangen, wenn jemand nach einer Krankheit wieder zu Kräften kommen musste oder eine Frau vor Kurzem niedergekommen war. Möwen durfte man erlegen, davon gab es jede Menge, leider waren sie nicht zu fangen. In Fallen gingen sie nicht und für Steinwürfe waren sie zu schnell. Da würde man eine Schleuder oder einen Bogen brauchen, aber mit beidem konnte Moron nicht umgehen.
    Früher hatte er ordentlich gegessen. Die anderen nicht, die aßen jetzt mehr, nicht viel, aber bestimmt mehr als er, das musste er zugeben. Wenn sie nicht aßen, dann redeten sie wie die Elfen, und in gewisser Weise füllte ihnen das auch den Magen. Es gibt Leute, die sind einfach vom Glück gesegnet, sie sind so blöd – um nur eins zu nennen –, quietschvergnügt und munter mit nacktem Arsch an einem Strand herumzutollen, der von sämtlichen Winden außer einem heimgesucht wird. Der Elf hatte ihnen schwimmen beigebracht, und wenn einer im Wasser zurechtkam, gab es am Vormittag Napfschnecken und mittags Krebse, die zu den Tellmuscheln vom Morgen hinzukamen, und insgesamt war das alles bestimmt interessant. Auch mit dem Bogen zu schießen, hatte er ihnen beigebracht, und Möwen waren lecker. Er, Morron, war nicht gut mit dem Bogen, und schwimmen zu lernen, hatte er sich geweigert. Das war was für Elfen. Ein Kämpe musste nicht schwimmen können, und ein Alter Kämpe schon gar nicht. Und auch nicht lesen und schreiben. Wenn sie nicht schwammen, lasen sie – noch so was für Elfen und Idioten. Sie schrieben die Worte in den Sand und dann lasen sie sie. Nicht einmal eine im Bier ersoffene Möwe hätte so was gemacht, und dabei war Worte in den Sand schreiben und dann schauen, ob man sie lesen konnte, noch nicht das Schlimmste. Abends, wenn schönes Wetter war, hockten sich alle am Strand rund ums Feuer und erzählten sich Geschichten von Leuten, die nie existiert hatten und auch nie hätten existieren können, weil sie so verrückt waren, und man verstand absolut nichts davon. Manchmal erzählten sie nicht einfach nur, sondern taten so, als wären der eine ein König und die andere eine Prinzessin, und dann entwickelte sich da eine Geschichte. Das hieß Theater. Einmal waren sie alle miteinander in Tränen ausgebrochen, weil Cala eine tote Prinzessin spielte. Nicht zu fassen. Alte Kämpen betranken sich abends mit Bier und das war was für Männer, sie erzählten sich doch keine völlig unwahrscheinlichen Geschichten, bei denen man nicht verstand, was sie bedeuten sollten. Die aber hatten auch noch ihren Spaß daran, zu weinen, weil Cala eine tote Prinzessin spielte. Es gibt eben Leute, die sind einfach vom Glück gesegnet.
    Die anderen hatten ehrlich gesagt nicht viel zu essen gehabt, dort, wo sie früher alle waren, im Waisenhaus, und Madame Tracarna, die eigentliche Leiterin des Waisenhauses, achtete darauf, dass es nicht zu viel zu essen gab, denn ein Kind, das nach Lust und Laune isst, bekommt später einen schlechten Charakter. Die anderen hatten im Waisenhaus wirklich so wenig zu essen, dass es noch viel weniger war als jetzt mit den Tellmuscheln am Strand. Sie beide, Creschio und Moron, die Aufseher im Waisenhaus, sie hatten richtig zu essen. Zunächst Polenta, die wurde in ungleiche Teile aufgeteilt und die Aufteilung machten sie. Sie bekamen auch immer die Reste, wenn bei den Vorstehern des Waisenhauses, Madame Tracarna und Messere Stramazzo, etwas übrig blieb, allerdings nur selten, weil Stramazzo eine Art Fass ohne Boden war, aber manchmal kam es doch vor.
    Und dann war da, wichtiger noch als die Polenta, die Hoffnung. Früher oder später würden sie beide Kämpen werden, vier Rationen Polenta am Tag und zweimal im Monat eine Portion Schweinefleisch. Und früher oder später würden sie Alte Kämpen werden, fünf Rationen Polenta am Tag, zweimal pro Woche eine Portion Schweinefleisch und ein Krug Bier zum

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