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Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork

Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork

Titel: Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvana de Mari
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Mal wenn es sich zu beruhigen schien, erneut einsetzte. Robi konnte nicht aufhören. Ihr Töchterchen lief herbei und umklammerte ihre Beine; Robi war klar, dass ihretwegen auch die Kleine litt, und das machte die Sache nur noch schlimmer. Sie versuchte, sich rasch etwas einfallen zu lassen.
    »Ich habe an meine Eltern gedacht«, log sie. Sofort bereute sie es. Aber nun war es geschehen.
    Bis zu diesem Tag hatte sie Yorsh nie wirklich angelogen, freilich hatte sie, um die Wahrheit zu sagen, ein paar Kleinigkeiten verschwiegen.
    So hatte sie ihm nie gesagt, dass ihre Omeletts in Form von Spiralen und vielleicht von Sternbildern durch die Profanierung eines uralten Schwerts zustande kamen, aber das war keine wirkliche Lüge gewesen. Es war nur, dass sie unbedingt etwas zum Braten brauchte, sie fürchtete nicht, dass er ihr das verbieten könnte, sondern es ihm Kummer bereiten würde.
    Sie hatte ihm nie gesagt, dass ihr wirklicher Name Rosalba war, und hatte ihm auch nie von ihren Visionen erzählt, aber das war ebenfalls keine Lüge gewesen. Zusammen mit den Muscheln im Haar war es die einzige Form von Koketterie, die sie sich je herausgenommen hatte. Sie wollte nur sicher sein, aber wirklich ganz sicher, dass er, der letzte, der herrliche Spross aus dem Geschlecht der Elfen, sie um ihrer selbst willen wollte, nicht weil sie eine Nachfahrin Arduins war. Auch nachdem er sie gewählt hatte, blieb der Zweifel, ob er, der Herrliche, sie auch wirklich wollte, und seine Unkenntnis davon, dass er schon seit jeher für sie bestimmt war, gab ihr Sicherheit.
    Jetzt hatte sie Yorsh zum ersten Mal wirklich belogen, und obendrein auf grausame und dumme Weise, denn an den Tod ihrer Eltern zu erinnern, die wegen des Vergehens der Freundschaft mit einem Elfen gehenkt worden waren, hieß, Yorsh in Schuldgefühle zu stürzen.
    Robi hob ihr Gesicht zu Yorsh, es war völlig verweint und der Rotz lief ihr aus der Nase. Aus ganzer Seele wünschte sie, sie hätte nicht geweint. Vor ihrem Gemahl Yorsh wollte sie nicht weinen. Elfen weinen nicht. Nie laufen ihnen Tränen aus den Augen, und im Unterschied zu den Menschen ertragen sie jede Art von Schmerz, ohne nach etwas zum Schnäuzen suchen zu müssen.
    Sie fühlte Yorshs Arme um sich, Erbrow war zwischen ihnen.
    »Mama aua«, sagte sie leise.
    Yorsh drückte Robi an sich, ihren Kopf an seine Schulter, doch das tröstete sie nicht. Sie dachte, dass diese Schulter gebeugt sein würde durch ihre Schuld, dass dieser Atem, den sie jetzt auf ihren Haaren spürte, aussetzen würde durch ihre Schuld. Sie holte Luft und atmete ein paarmal tief durch, und auch wenn ihr das keinen Trost brachte, beruhigte sie sich doch etwas.
    »Es ist vorbei, es geht schon besser«, brachte sie hervor. Yorsh nickte, wenig überzeugt.
    In diesem Augenblick ging zwischen ihnen und dem Meer mit wiegendem Schritt die Phönixhenne vorüber, dunkel zeichnete sich ihre Gestalt im Dämmerlicht vor dem Himmel ab.
    »Tschip tschip ham ham!«, rief Erbrow erbost und deutete auf sie, in der Hoffnung, ihr Vater möge verstehen, dass sie die Ursache allen Übels war.
    »Nie wieder will ich hören, dass du ihr nachrufst, sie sei ein Huhn«, sagte Yorsh und legte Strenge in seinen üblichen zärtlichen Tonfall. »Das ist nicht höflich, ich will nicht, dass du lernst, unhöflich zu sein …«
    Zu allem Übrigen an diesem Tag kam nun auch noch Unverständnis hinzu. Erbrow brach in Tränen aus.
    »Schimpf nicht mit ihr!«, sagte Robi, aber vor lauter Eifer, Erbrow in Schutz nehmen und ihr weitere Tränen ersparen zu wollen, war sie zu heftig geworden, und ihr wurde klar, dass sie zornig wirkte.
    Yorsh sah alle beide lang an, dann schloss er Erbrow in die Arme, um sie zu trösten, und umarmte auch Robi noch einmal.
    »Schau mal«, sagte er und zeigte Robi seine Jagdbeute, er hatte sie auf dem großen Baumstamm, der ihnen als Bank diente, ausgebreitet. »Ich habe drei Tintenfische gefangen, die zwei großen für euch und den kleinen für mich.«
    Yorsh lächelte und wartete darauf, dass Robi auch lächelte, dass ihre Fröhlichkeit wiederkäme. Gewöhnlich war alles, was mit Essen im Allgemeinen und mit den Mahlzeiten für Erbrow im Besonderen zu tun hatte, geeignet, Robi zu einem strahlenden Lächeln bewegen, hell wie ein Sommertag, sodass Yorsh darüber die Pein vergaß, die ihm das Töten bereitete. Robi biss die Lippen zusammen und nickte, ohne auch nur den Kopf zu wenden und die drei Tintenfische anzuschauen. Sie senkte den Blick auf

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