Die letzten Tage Europas: Wie wir eine gute Idee versenken (German Edition)
deutsche Kleinstadt also, aus der einige »Söhne und Töchter« stammen, die über die Gemeindegrenzen hinaus bekannt geworden sind: Der Expressionist Erich Heckel, der Hippologe Egon von Neindorff, der Schriftsteller Rainer Kirsch und die Leichtathletin Sabine John, 1984 Weltrekordlerin im Siebenkampf.
Döbeln hat auch eine Sportanlage, »Am Bürgergarten«, die dringend saniert werden musste. Dafür hat der Bürgermeister mit Zustimmung des Stadtrates Fördermittel aus dem Bundes- und Landesprogramm »Stadtumbau Ost« und dem EFRE -Programm der EU beantragt, so dass von den Gesamtkosten – etwa 200000 Euro – die Stadt gerade mal 10 Prozent selbst tragen musste. EFRE steht für »Europäischer Fonds für regionale Entwicklung«, er wurde ins Leben gerufen, »um die Unterschiede im Entwicklungsstand der Regionen und den Rückstand der am stärksten benachteiligten Gebiete oder Inseln, einschließlich der ländlichen Gebiete, zu verringern«. Damit trägt der Fonds »zur harmonischen, ausgewogenen und nachhaltigen Entwicklung des Wirtschaftslebens, zu einem hohen Grad an Wettbewerbsfähigkeit, zu einem hohen Beschäftigungsniveau, zu einem hohen Maß an Umweltschutz und zur Gleichstellung von Männern und Frauen« bei. Keine Frage, zu diesen Aufgaben und Zielen gehört auch die Finanzierung der Sanierung einer Sportanlage in einer sächsischen Kleinstadt. Das ist ohne Zweifel gut für Döbeln und die Sportvereine der Stadt, es ist aber auch gut für die »nachhaltige Entwicklung des Wirtschaftslebens; ein Beitrag zur Wettbewerbsfähigkeit, Beschäftigungsniveau, Umweltschutz und Gleichstellung von Männern und Frauen«.
Vorausgesetzt, der Antrag auf Unterstützung der Sanierung der Sportanlage »Am Bürgergarten« wird so formuliert, dass er die geforderten Kriterien erfüllt. Damit aber sind die meisten – wenn nicht alle – Antragsteller überfordert. Und an dieser Stelle kommen Experten ins Spiel, die Kommunen, Firmen und anderen Gewerbetreibenden ihre Dienste anbieten. Zum Beispiel die »Krüger Unternehmensberatung« in Markranstädt bei Leipzig. Eine Gruppe junger dynamischer Berater, die mit einer »Erfolgsgarantie!« werben: »Wir garantieren mindestens fünf nicht rückzahlbare Zuschussprogramme der EU , der BRD und des Landes Sachsen.«
Wofür? Sie haben die Wahl. Es kommen alle Projekte in Frage, die »zur harmonischen, ausgewogenen und nachhaltigen Entwicklung des Wirtschaftslebens, zu einem hohen Grad an Wettbewerbsfähigkeit, zu einem hohen Beschäftigungsniveau, zu einem hohen Maß an Umweltschutz und zur Gleichstellung von Männern und Frauen« beitragen. Das kann ein privates Aerobic-Studio oder ein kommunaler Fahrradverleih sein, eine Reifen-Recycling-Anlage oder eine Hip-Hop-Schule für schwer erziehbare Jugendliche. Es kommt nur darauf an, wie der Antrag auf Förderung formuliert wird. Das erledigt für Sie die »Krüger Unternehmensberatung«: »Oft besteht die Herausforderung nicht nur darin, die richtigen Programme zu finden, sondern vor allem die notwendigen Anträge form- und fristgerecht zu stellen. Dabei sind die Möglichkeiten oftmals genauso groß wie die bürokratischen Stolpersteine. Wir sind Ihnen gern behilflich.« ( http://www.foerdermittel-coaching.de/unternehmensberatung-fuer-foerdermittel-existenzgruendung-und-franchising.html )
Aber das ist noch nicht alles. Die Berliner Firma »emcra« (»Wir können Europa, wir können Fördermittel – seit 2002!«) bietet Geschäftsführern, Projektleitern und Mitarbeitern von Vereinen, Stiftungen, NGO s und Unternehmen »Weiterbildungen und Seminare rund um das Thema europäische und nationale Fördermittel« an; dazu gehört auch eine »Qualifizierung zum EU -Fundraiser«, bei der »praxisnah das notwendige Know-how zur Beschaffung und Abrechnung von EU -Fördermitteln« vermittelt wird: »In der Qualifizierung zum EU -Fundraiser lernen Sie die aktuelle EU -Förderlandschaft kennen, EU -Anträge erfolgreich zu stellen und Ihr Wissen gezielt und effektiv in Ihrem Arbeitsbereich anzuwenden. Erfolgreiche EU -Antragstellung ist erlernbar!« Von den »ersten Schritten im europäischen Förderdschungel« bis zur »Nachhaltigkeit von EU -Projekten«. ( http://www.emcra.eu/akademie/qualifizierung-zum-eu-fundraiser/ )
Das heißt: So wie ein Förster während seines Studiums der Forstwissenschaft lernt, Eichen von Buchen und Eschen von Fichten zu unterscheiden, lernt ein EU -Fundraiser, Wege durch den EU -Förderdschungel zu finden. Nach
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