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Die letzten Tage von Pompeji

Die letzten Tage von Pompeji

Titel: Die letzten Tage von Pompeji Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lytton Bulwer
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vergängliche Blüten
Sind Sklaven sowohl als Freien beschieden!
     
2.
Wenn Freiheit nicht, noch Hoffnung winket,
Und wenn in den Platon'schen Fluß,
Nicht die Erinnerung versinket,
So ist entschuldigt der Genuß.
So nehmt ein Rosenangebinde,
Wir haben ja die Rosen noch;
Die Vorwelt ließ dem schwachen Kinde
Als Spielzeug seine Blumen doch!
     
3.
Noch immer ist der Fuß der Helden
Dort auf dem Berg, der Phyle geschmückt,
Tief in den Boden eingedrückt!
Noch immer schlägt im Flammenschmerz
Der Griechenheere jenes Herz,
Das einst des Ruhmes Ströme schwellten!
Vergaß auch selbst Glaukopis unser,
Floh'n alle Götter himmelwärts,
So hallen doch noch hin und wieder
An blauen Strömen unsre Lieder,
Und Luna lauscht nach Philomenen;
Und selbst die alten Bienen stehlen
Sich noch in des Hymetthus Herz!
Gefallen sind wir, nicht verloren,
So lang das Herz sich noch ergötzt,
Die Liebe ward zuerst geboren,
Die Liebe sterbe auch zuletzt.
     
4.
So windet Rosen denn zum Kranz,
Noch immer bleibt uns das Schöne!
So lange noch die Ströme ziehn,
So lange noch die Wolken glühn,
Noch immer bleibet uns das Schöne!
Denn was uns aus dem Arm der Nacht,
Dem Schooß des Tags entgegen lacht,
Spricht auch von Hellas uns zum Herzen
Und lindert unsrer Seele Schmerzen.
So windet Rosen denn zum Kranz!
Die Rose spricht von früh'ren Tagen
Und läßt den Puls des Vaterlands
Auch in der Fremde Blumen schlagen!
     
     

Fünftes Kapitel.
Nydia begegnet der Julia – Unterredung der heidnischen Schwester mit ihrem bekehrten Bruder – Begriffe eines Atheners vom Christenthum.
    »Welch Glück für Ione! welche Wonne immer zur Seite des Glaukus zu sein, seine Stimme zu hören – und sie, ja sie kann ihn auch sehen!«
    Dies war das Selbstgespräch des blinden Mädchens, als sie allein in der Dämmerung nach dem Hause ihrer neuen Gebieterin wandelte, wohin ihr Glaukus bereits vorausgegangen war. Plötzlich wurde sie in ihren Gedanken durch eine weibliche Stimme unterbrochen.
    »Blindes Blumenmädchen, wohin gehst Du? Es ist kein Körbchen unter Deinem Arm; hast Du Alles verkauft?«
    Die Nydia also so anredete, war eine Dame von schönen, aber kühnen und unweiblichen Zügen: Julia, die Tochter Diomed's. Während sie sprach, war ihr Schleier halb erhoben; Diomed selbst und ein Sklave, der eine Leuchte voraustrug, begleitete sie. Der Kaufmann und seine Tochter kehrten von einem Abendessen bei einem ihrer Nachbarn zurück.
    »Erinnerst Du Dich meiner Stimme nicht mehr?« fuhr Julia fort, »ich bin die Tochter des reichen Diomed.«
    »Ach, verzeih mir! ja, ich erkenne Deine Töne wieder. Nein, edle Julia, ich habe keine Blumen zu verkaufen.«
    »Ich hörte, Du seiest von dem schönen Griechen Glaukus gekauft worden; ist das wahr, hübsche Sklavin?« fragte Julia.
    »Ich diene der Neapolitanerin Ione,« antwortete Nydia ausweichend.
    »Ha! und ist es denn wahr –«
    »Komm, komm,« fiel Diomed ein, bis zum Mund in seinen Mantel gehüllt, »die Nacht wird kalt und ich kann nicht hier stehen bleiben, während Du mit diesem blinden Mädchen plauderst. Komm, laß sie Dir ins Haus nachfolgen, wenn Du mit ihr zu sprechen wünschest.«
    »Thue das Kind,« sagte Julia mit dem Tone einer Person, die an keinen Widerspruch gewöhnt ist, »ich habe Dich viel zu fragen, komm.«
    »Diesen Abend kann ich nicht mehr, es wird spät,« antwortete Nydia, »ich muß nach Hause gehen; ich bin nicht frei, edle Julia.«
    »Was, die milde Ione würde Dich zanken? Ach ja, ohne Zweifel ist sie eine zweite Thalestris. Dann komm aber morgen zu mir; erinnere Dich, daß ich schon seit langem Deine Freundin bin.«
    »Ich werde Deinen Wünschen gehorchen,« antwortete Nydia, und da Diomed von Neuem seine Tochter ungeduldig anredete, so mußte diese ihren Weg fortsetzen, ohne diejenige Frage, welche ihr am wichtigsten war, an Nydia gestellt zu haben.
    Kehren wir indessen zu Ione zurück. Die Zeit, welche zwischen dem ersten und zweiten Besuche des Glaukus am heutigen Tage lag, war ihr nicht besonders heiter verflossen; sie hatte einen Besuch ihres Bruders empfangen. Seit der Nacht, da er zu ihrer Rettung aus den Händen des Egypters mitgewirkt, hatte sie ihn nicht wieder gesehen.
    Mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt – Gedanken von so ernster und intensiver Art, hatte der junge Priester seine Schwester beinahe vergessen. In Wahrheit nämlich sind Menschen von jener glühenden Gemüthsart, die immer über die Erde emporstrebt, nur in geringem Maaße für die irdischen

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