Die letzten Worte des Wolfs
Gebrabbel ist aus ihm nichts mehr herauszubekommen. Ich habe das Gefühl, er hat Angst vor etwas, das immer näher kommt, und je näher dieses Etwas kommt, desto unfähiger wird er, seine Furcht in Worte zu fassen. Womöglich kippt er tot um, sobald die Wale tatsächlich erscheinen.
Zum Sturmhaus: Queckten hat sich mehrere Stunden dort herumgetrieben, bis man ihn dann doch verscheucht hat, weil es dem Kapitänsrat wohl merkwürdig vorkam, daà ein StraÃenjunge sich plötzlich für Politik interessiert. Alle groÃen Namen waren vor Ort: Yrmenlaf, Scirham Sceat, Ohter, Beceorfan und Yldest. Darüber hinaus noch ein Abgesandter aus einem Dorf an der Mündung des Anga. Es ging die ganze Zeit um ein geplantes Handelsabkommen, das mit dem Transport von Holz zu tun hat. AuÃerdem waren Yldests Schiffe vor einigen Tagen wieder in ein Seegefecht mit Skerber Freischärlern verwickelt. Irgend etwas war da noch, es waren doch drei Themen ⦠ach, ja: Scirham Sceat will auch in diesem Jahr wieder die Ausrichtung des Lunfestes übernehmen, während Yrmenlaf schimpfte, daà ohnehin niemand mehr an Lun glaubt und ob man nicht endlich mal ein ganz normales StraÃenfest draus machen könnte. Er will etwas umgehen, was er Tempelabgabe oder Priesterabgabe nannte.«
»Was ist das denn?« fragte Bestar.
»Das kenne ich noch aus meiner Zeit in Kuellen«, erläuterte Rodraeg. »Die Städte entrichten dem nächstgelegenen Tempel einen Obolus für das Recht, das Götterfest unter offiziellem Segen stattfinden lassen zu dürfen. Das ist ganz normal, auch der Kuellener Bürgermeister hat sich viermal im Jahr darüber aufgeregt. Wenn Wandry auf den offiziellen Segen verzichten will, ist es im Begriff, sich mehr und mehr von Aldava abzunabeln. Erst keine Garde mehr, dann keine Götter. Was wohl Stav Clegos dazu sagt?«
»Jedenfalls wirkt es nicht so, als ob hier irgend jemand etwas von einer drohenden Gefahr wüÃte«, sagte Hellas. »Die planen ihre Feste und Handelsverträge und führen den Alltag ihrer Scharmützel mit Skerb fort, als wäre nichts Besonderes im Verzug. Ich sage euch weiterhin, wir sind hier falsch. In Skerb wird man Bescheid wissen. Hier nicht.«
»Mir kommt gerade ein anderer Gedanke«, schaltete Eljazokad sich ein. »Was ist, wenn die Wale von den Göttern geschickt werden? Sozusagen als Mahnung für eine Stadt, die im Begriff ist, sich von den letzten Ãberresten ihres Glaubens abzuspalten?«
Rodraeg rieselte es eiskalt den Rücken hinunter. Schon wieder die Götter! Nicht nur, daà Naenn zu ihnen Kontakt suchte, nicht nur, daà er selbst â Nerass zufolge â von den Göttern gezeichnet worden war. Nun mischten sie auch noch in Wandry mit?
»Ich bin nicht gläubig genug, um alles den Göttern in die Schuhe zu schieben«, sagte er mit heiserer Stimme. »Nach wie vor glaube ich, daà wir es mit menschlichen Interessen und menschlichen Methoden zu tun haben. Andernfalls könnten wir einpacken und nach Hause fahren, denn sich gegen den Willen der Götter zu stemmen, ist sinnlos. Entweder stemmt man sich gegen einen Berg ⦠oder man stemmt sich ins Leere. Wir müssen« â er beugte sich vor und sah die anderen eindringlich an â »die Wale am Sterben hindern. Egal, wer dahintersteckt und warum.« Er erzählte Hellas und Bestar von den sechs Magiern und der gründlichen und ergebnislosen Stadtdurchkämmung durch Sery Talta.
AnschlieÃend berichtete Bestar noch lustlos, daà er ebenfalls herausgefunden hätte, welches Beceorfans Schiff sei, aber Rodraeg und Eljazokad hätten das ja schon überflüssig gemacht. Ansonsten sei die Arbeit für Yrmenlaf zwar hart, aber ohne neue Informationen geblieben.
Schweigen senkte sich über den Tisch. Rodraeg trank hastig. Sein Inneres fühlte sich ausgetrocknet und spröde an.
»Was machen wir jetzt?« brachte Hellas die fragenden Blicke aller auf den Punkt.
Rodraeg räusperte sich. »Morgen ist unser letzter Tag. Fängermagie können wir so gut wie abhaken, es sei denn, Sery Talta hat uns die ganze Zeit über an der Nase herumgeführt, was wir leider nicht vollkommen ausschlieÃen können. Mächtige Verbündete für eine Gegenmagie haben wir auch nicht gefunden. Daà der Stadtrat von Wandry etwas plant, scheint auch eher unwahrscheinlich. Zumindest deutet nichts
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