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Die letzten Worte des Wolfs

Die letzten Worte des Wolfs

Titel: Die letzten Worte des Wolfs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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Rodraeg gluckste zweimal mit verdrehten Augen und sackte dann zusammen. »Scheiße«, zischte Hellas. »Wir dürfen kein Aufsehen erregen.« Mit flinken Bewegungen wischte er das Blut mit einem Mundtuch vom Tisch, während Eljazokad Rodraeg abtupfte. »Zuviel getrunken, zuviel getrunken«, tönte auch Bestar geistesgegenwärtig, obwohl ihm vor Sorge die Stimme zitterte. Wie ein schlafendes Kind hob er sich den ohnmächtigen Rodraeg auf die Arme.
    Â»Wohin?« fragte Eljazokad den Bogenschützen. »In seine Herberge?«
    Â»Nein, da kommen wir auch nicht aufs Zimmer, ohne ausgefragt zu werden.«
    Â»Dann gehen wir zum Strand«, schlug der Magier vor. »Dort ist die Luft am besten.«
    Â»Gut.« Hellas bezahlte die Zeche aus eigener Tasche und folgte dann den anderen.
    Rodraeg kam schon nach hundert Schritten wieder zu sich, war nur kurz weggetreten gewesen. Er hustete noch mal Blut und weißlichen Schleim, entwand sich dann aber Bestars Griff. Sein Gesicht war weiß wie ein Kalkfelsen, Bestars Gesicht aber auch.
    Â»Tut… mir … leid …«, röchelte Rodraeg.
    Â»Rede keinen Unsinn. Rede besser gar nichts«, riet Hellas ihm bestimmt. »Wir gehen runter zum Strand, und Bestar stützt dich. Dort kannst du dich ausruhen. Es ist diese verfluchte Vergiftung, oder?«
    Rodraeg nickte, aber sein Kopf nickte ohnehin bei jedem Schritt. Bestar hatte ihn untergefaßt und führte ihn beinahe. Eljazokad ging ernst und schweigsam nebenher und achtete darauf, ob man sie begaffte, aber in einer Stadt, in der Betrunkene und Hilflose an der Tagesordnung waren, fielen sie nicht weiter auf.
    Â»Ich verstehe nicht, warum nur er das bekommen hat«, sagte Hellas, nachdem sie Rodraeg in den weichen und warmen Sand gebettet hatten. »Bestar und ich waren genauso lange in der giftigen Mine eingesperrt wie er, aber nur ihn hat es erwischt.«
    Â»Das ist wie mit jeder Krankheit«, erläuterte Eljazokad. »Nicht jeder bekommt sie. Was für den einen harmlos ist, kann für einen anderen …« Er sprach nicht weiter.
    Rodraegs Atmung beruhigte sich langsam. Das Blut schien seine Luftröhre verstopft zu haben, und durch das Heraushusten war ihm nun wohler. Es strömte zumindest kein Blut nach. Ein einmaliger Vorfall? Noch wurde seine Furcht, im Inneren offen zu bluten, gedämpft durch das ermattete Wohlbefinden eines zumindest zeitweiligen Besserungsgefühls. Ihm fiel ein, daß er ja noch Nerass’ Wundermittel, den essenzengetränkten Schwamm, bei sich trug. Aber er wollte sich den für den Fall aufheben, daß es tatsächlich nicht mehr weiterging. Im Moment konnte er sich ein wenig Ruhe gönnen.
    Das Meer leckte geduldig am Strand, ein fransiger Hund an einem porösen Knochen.
    Rodraeg stemmte sich auf die Ellenbogen hoch, räusperte Speichel im Mund zusammen und spuckte ihn aus. Blaß rötlich, aber nicht mehr unverdünntes Blut.
    Â»Ich hatte dank dem Kjeerhemd das Gefühl, mich auf dem Weg der Besserung zu befinden«, sagte er mit einem matten Lächeln auf den Lippen. »Als es gestern nacht wieder schlimmer wurde, habe ich das Quellwasser getrunken, das Nerass mir gegeben hat. Vielleicht wurde dadurch die Blutung ausgelöst.«
    Â»Meinst du, daß das noch mal passiert?« fragte Bestar, der neben ihm im Sand kniete, seinem Kopf Schatten spendete und ihn flehentlich ansah.
    Rodraeg blickte hilflos aufs Wasser. Er sog salzigen Gischtsprühnebel durch die Nase und das unverwechselbare Aroma von angespülten Algen. »In Kuellen gab es eine Frau mit einer Krankheit, die sie Blut husten ließ. Sie lebte noch ein Jahr, immer mit einem griffbereiten Taschentuch, dann starb sie. Aber in diesem letzten Jahr konnte sie gehen und reden, sie konnte lachen und essen und trinken und Bücher lesen und Briefe schreiben. Ich wollte für Cajin noch ein Buch kaufen. Hat einer von euch in Wandry einen Laden gesehen, wo Druckwerke verkauft werden?«
    Â»Ja«, sagte Eljazokad. »In der Nähe meiner Herberge Te Scoenheit ist einer.«
    Â»Sehr gut.« Rodraeg kämpfte sich hoch. Bestar stützte ihn, niemand wollte ihn überreden, noch liegen zu bleiben. »Wir machen weiter nach Plan. Ich gehe noch mal ins Rathaus und kläre einige Fragen, die ich habe. Wir sollten auch noch einmal bei der Magierin Danahe vorbeischauen, ob dort alles ruhig ist.«
    Â»Ich begleite dich«, sagte

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