Die leuchtende Stadt
folge er dem Silberschwarm, der in die Dunkelheit entschwand. »Nein«, antwortete er. Seine Stimme klang so, als wolle sie ihn jeden Moment im Stich lassen. »Das meine ich nicht.«
»Dann …«
»Ich meine, dass sie den Fischen auf meiner Heimatwelt so ähnlich sehen«, flüsterte er. »Es kommt mir vor, als wäre ich tatsächlich auf der Erde.« Er starrte zu Ik, und schließlich wusste der Hraachee’aner, was sein Freund empfand. Heimweh.
Ik erinnerte sich schmerzlich an den Verlust seiner eigenen Heimat. »Ist diese Welt … auch in anderer Hinsicht wie deine Erde? Sehen die Neri so aus, als könnten sie von deiner Welt stammen?«
Bandicut schüttelte den Kopf und sah wieder nach draußen. »Wer weiß, was auf der Erde geschehen ist, seit ich fortgegangen bin. Vielleicht sind schon Millionen von Jahren verstrichen.«
»Also, das wissen wir nicht, John Bandicut. Ich habe den Eindruck, dass …«
»Genau das ist ja das Schlimme! Wir haben immer nur Eindrücke!«, rief der Mensch. »Wie können wir uns je bei etwas sicher sein?«
»Das können wir nicht«, gab Ik zu. Bandicuts Tonfall verriet genau, wie er sich fühlte: Wie jemand, der alle zurückgelassen hatte, die er kannte, und dann mitten unter Außerirdischen ausgesetzt und wiederholt in Gefahr gebracht worden war, aus unerfindlichen Gründen. Ik verstand Bandicuts Schmerz sehr gut. Aber obwohl er wie Bandicut das Bedürfnis hatte, Antworten zu finden, gelang es ihm besser, Unklarheiten wie diese vorläufig zu akzeptieren. Zu Bandicut sagte er: »Ich glaube, das Zeitintervall, das bei einem Sternenkopplertransit vergeht, unterscheidet sich nicht sonderlich von der äußeren Raumzeit.« Er schloss klackend den Mund, dann fügte er hinzu: »Ich weiß aber nicht, ob das auch auf die Transportmethode zutrifft, mit der du und ich nach Schiffwelt gebracht worden sind.«
Bandicut biss sich auf die Unterlippe und starrte den Hraachee’aner an. Was brachte es schon, über die Raumtransformation nachzugrübeln, mittels derer er seine Heimatgalaxis verlassen hatte? Unsicher zuckte Bandicut erneut die Achseln. »Ich weiß, dass das Quarx Äonen auf Triton verbracht hat; es ist in mein Sonnensystem gereist, nachdem es durch einen schrecklichen Krieg aus einem anderen System geworfen worden war.« Bandicuts Blick verschleierte sich, als er sich auf sein Innerstes konzentrierte, doch falls das Quarx ihm irgendwelche zusätzlichen Informationen mitteilen wollte, war es offenbar momentan nicht in der Stimmung dazu.
»Hrrrm«, brummelte Ik und sah einem weiteren vorbeiflitzenden Fischschwarm hinterher – diesmal kleinere, gestreifte Fische. »John Bandicut, falls du unter dem Gedanken leidest, dass deine Welt vor Äonen gestorben und verschwunden ist, will ich dir eines raten: Sei dir dessen nicht so sicher!« Wieder schloss er klackend den Mund und stand auf. Er blickte in die Schwärze, während er sich mit den Fingern über die Brust rieb und innerlich um seine eigene Welt trauerte – sie war zerstört, nicht durch verstreichende Äonen, sondern durch eine Sonnenexplosion.
Schließlich wandte er sich wieder Bandicut zu und sah, dass der Mensch ihn anschaute.
»Ik, bist du schon einmal mit einem Sternenkoppler gereist? Du hast nie darüber gesprochen.«
Der Hraachee’aner stieß zu seiner eigenen Überraschung ein zischendes, trauriges Lachen aus. »Du und ich haben so viel gemeinsam erlebt, dass wir eine ganze Jahreszeitenspanne damit füllen könnten – und trotzdem sind wir noch nicht gerade sehr lange zusammen! Wir hätten über so vieles reden müssen, hatten aber zu wenig Zeit dazu.« In Wahrheit aber war Ik gar nicht erpicht darauf gewesen, über seine unangenehmen Erinnerungen zu sprechen.
»Was ist geschehen? Möchtest du es mir jetzt erzählen?«
Ik erinnerte sich an den Schmerz und schloss die Augen. Als er wieder das Wort ergriff, klang seine Stimme trocken und hohl. »Ich wurde allein zu einer Welt geschickt, auf der Krieg herrschte. Ich sollte Frieden stiften. Und habe versagt … ich konnte es nicht alleine schaffen …«
»Das ist schrecklich«, flüsterte Bandicut, nachdem er sich das Ende von Iks Geschichte angehört hatte. Er konnte sich vorstellen, dass Charlie ebenfalls tieftraurig sein musste, falls er zuhörte – nun, zumindest die früheren Charlies wären traurig gewesen.
Das Quarx hatte mehr als einmal vergebens versucht, einer Welt Frieden zu bringen und ihr Überleben zu sichern. Bandicut wusste nicht, was der
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