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Die Lichtfaenger

Die Lichtfaenger

Titel: Die Lichtfaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elmar Bereuter
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vor Geist und Freude sprühenden Augen hinter den funkelnden
    Brillengläsern, er hatte ihn sogar im Ohr mit seinem sächselnden Englisch.
    »Ja, mein lieber George. Leider ist diese Urschrift ein paar Jahrhunderte zu spät entdeckt worden. Der eine Satz: ›Die Grenze der Jahre der Macht Satans ist erfüllt‹, hätte vielleicht diese krude theologische Konstruktion des Teufelspaktes bereits im Keim ersticken können!«
    Als die große Flügeltür zur Bibliothek hinter ihm ins Schloss fiel, bemerkte Burr, dass es immer noch regnete. Allerdings nicht mehr in Strömen, eher in der Art, wie er es in Salzburg kennen gelernt hatte und die dort als »Schnürlregen«
    bezeichnet wurde. Wie an einem Bindfaden schien das Wasser aus dem grau verhangenen Himmel erdwärts zu gleiten. Kurz dachte er daran, umzudrehen und seinen Schirm aus dem Arbeitszimmer zu holen.
    »Ach was!«, murmelte er dann und schlug den Kragen seiner Jacke hoch.

    Während sich George Lincoln im Treppenhaus die
    Feuchtigkeit aus den Haaren schüttelte, fiel sein Blick auf eine große, senkrecht stehende Rolle.
    Siedend heiß durchfuhr es ihn und er stürmte mit großen Schritten nach oben. Der Vorraum zur Wohnung war verstellt mit Geschirr, Kartons und Büchern.
    »Der Teppich!«, sagte Sandy unter dem Türrahmen. »Ich habe schon einmal begonnen, wieder auszuräumen!«
    »Ich habe gedacht, er sei viel kleiner! Für die Wand!«, antwortete George Lincoln ein wenig kleinlaut.
    Sandy brachte aus dem Wohnzimmer ein Kuvert und reichte es ihm.
    »Liebe Sandy, mein lieber Freund«, überflog er die Zeilen mit den Glückwünschen, »… es ist ein alter Gartenteppich aus Nordpersien, schätzungsweise aus dem achtzehnten
    Jahrhundert!…« Unterzeichnet war mit Andrew Dickson White.
    In Burrs Blick lag Ratlosigkeit. »Andrew Dickson hat zwar gesagt, dass er uns einen Teppich schenkt – allerdings nichts davon, wie groß er ist! Wir müssen es versuchen!«, meinte er nach einer Weile in nicht sonderlich zuversichtlichem Ton. Zu zweit wuchteten sie die schwere Rolle durch das enge Treppenhaus, breiteten den Teppich im Wohnzimmer aus.
    »Wir können ihn doch nicht auf den Boden legen!« Sandys Stimme klang geradezu entsetzt.
    Sie standen nun da und betrachteten das Muster mit dem Lebensbaummotiv und den Zypressen.
    »Er ist wunderschön. Aber…«, sie sprach nicht weiter, hob nur hilflos die Schultern.
    Auch George Lincoln brauchte kein Maßband. Für die Wand war das Prachtstück viel zu groß. »Und wenn wir ihn von oben nach unten fallen lassen?«, schlug er vor.
    »Wie sieht das denn aus? Die ganze Wandbreite würde er ausfüllen und immer noch zur Hälfte im Wohnzimmer liegen!«
    Bestimmt eine halbe Stunde überlegten sie hin und her, hoben ihn hoch, schoben ihn vor und zurück.
    »Sandy«, sagte er im Aufrichten, »wir haben keine andere Wahl. Er muss auf den Boden!«
    »Jock, wir sind doch keine Barbaren!«, protestierte sie entrüstet, musste aber einsehen, dass dies die einzige Möglichkeit war, obwohl der Teppich selbst dafür zu groß war.
    Zwar passte die Länge, doch seitlich lappte er etwa eine Hand breit an der Wand hoch.
    Nach einer weiteren halbstündigen Diskussion stellten sie den Schrank davor, traten zurück und Sandy besah mit skeptischem Blick das Ambiente. Wie es schien, war sie mit dieser Lösung immer noch nicht ganz einverstanden.
    »Da hinten ist eine Lücke. Wenn wir das Ganze mehr in die Mitte schieben?«
    »Dann haben wir zwei Lücken!«, antwortete er leicht genervt und beschloss dann, nichts mehr zu sagen.
    Die Ehe ist schon eine sonderbare Institution, dachte George Lincoln, da tun sich zwei Leute zusammen, um Probleme zu lösen, die sie allein nicht hätten!
    »Was lächelst du so sonderbar?«, fragte sie.
    »Ach nichts! Mir ist eben etwas eingefallen!«
    Sandy holte entschlossen ein Zollband, maß den Abstand vom Schrank zur Wand. »Da kommt eine Kommode hin!«, bestimmte sie.
    »Das ist eine gute Idee!«, pflichtete ihr George Lincoln bei.
    In seiner Stimme schwang Begeisterung. Fast eine Spur zu viel.
    Während sie das Geschirr im Schrank verräumten, Tisch und Stühle hereintrugen, hielt Sandy plötzlich inne. »Ach so, Jock!
    Bevor ich es vergesse – ich habe heute Mittag deinen Terminkalender durchgesehen. Du weißt, dass du ab Ende nächster Woche eine Reihe von Vorträgen in Chicago halten sollst? Ich meine nur, weil du nie etwas davon erwähnt hast!«
    Burr entglitten vor Schreck beinahe einige Teller. »Was sagst du

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