Die Liebe der Baumeisterin: Roman (German Edition)
Schmeicheleien in Ruhe auszukosten. Seine honigsüßen Worte dürften Labsal für Eure Seele sein. Aber seht Euch vor«, sie beugte sich Mathilda ein Stück entgegen und wisperte verschwörerisch: »Er mag es gar nicht, an der Nase herumgeführt zu werden, erst recht nicht von einer Frau. Sollte er den Eindruck gewinnen, Ihr meint es nicht ernst und würdet ihn allein aus Rache einem anderen gegenüber erhören, wird er zutiefst beleidigt sein. Ein Rat unter uns, ihn zu beleidigen solltet Ihr tunlichst vermeiden. Das würde er Euch sehr übelnehmen.«
Mathilda stockte der Atem. Was nahm sich die freche Zungenkläfferin da Ungeheuerliches heraus? Unnötig, ihr genauer in die Augen zu sehen und das spöttische Zucken um den wohlgeformten Mund noch länger zu betrachten. Gret wusste leider viel zu genau über ihr vergebliches Bemühen um Urban sowie über Wenzels Werben um sie Bescheid. Das alles aber ging die verdorbene Schelmin einen feuchten Kehricht an. »Ihr sprecht wohl aus bester Erfahrung. Gewiss habt Ihr Eurem Schwäher schon mehr als einen Grund geboten, böse auf Euch zu sein. Umso mehr wundert mich, dass Ihr Euer loses Mundwerk trotzdem nicht zügelt. Nur zu gern werde ich ihm einen weiteren Grund nennen, Euch zu zürnen.«
Sie stemmte die Hände in die Hüften, musterte die junge hochgewachsene Frau aufmerksam. Wie stets hatte sie auf eine sorgfältige Erscheinung geachtet. Die helle Kugelhaube war tadellos unter dem Kinn gebunden, die Heuke entbehrte auch noch der geringsten Staubfluse oder Flecken. Ebenso war der dunkelgrüne Wollrock ordentlich gebürstet. Selbst die breiten Kuhmaulschuhe, unter die sie Trippen gebunden hatte, glänzten sauber poliert, was bei dem Zustand der Straßen und dem feuchtkalten Nebelwetter ein wahres Kunststück darstellte. Ein neuer Gedanke keimte in Mathilda.
»Euch sind wohl die Besuche bei Hofe etwas zu Kopf gestiegen«, sagte sie wieder honigsüß. »Doch seid auf der Hut. Nur weil man Euch bis zum Nähzimmer der Herzogin vorgelassen und Dorothea tatsächlich schon das ein oder andere Mal das Wort an Euch gerichtet hat, seid Ihr noch lange nicht geadelt. Was heißt es auch schon, dass Ihr mit dem fetten flämischen Bibliothekar verkehrt? Vielleicht hättet Ihr Euch vorher besser über seinen wahren Ruf informiert. Oder glaubt Ihr im Ernst, bei Hofe wäre außer ihm tatsächlich irgendwer bereit, über Eure zweifelhafte Herkunft hinwegzusehen?« Sie hielt inne, genoss es zu sehen, wie die Farbe aus Grets Antlitz wich. »Ihr habt doch nicht etwa vergessen, dass auch ich aus Nürnberg stamme und über Eure Familie Bescheid weiß? Selbst die Herzogin wie auch jeder sonst aus ihrem näheren und weiteren Umfeld, ja, selbst die Beamtenschaft in den Kanzleistuben bis hinunter in die Altstadt wissen, wie es sich in Wahrheit mit Euch verhält. Dass bislang darüber hinweggesehen wird, geschieht allein aus Mitleid. Es liegt in der Natur der Herzogin, sich in allen Belangen großzügig zu zeigen, selbst was die uneheliche Herkunft des ein oder anderen am Hof Gestrandeten anbelangt.«
Das leichte Flackern in Grets Augen schenkte ihr Genugtuung. Genüsslich schürzte sie die Lippen, wiegte sich ein wenig in den Hüften, so leicht war ihr auf einmal zumute.
»Mir macht Ihr keine Angst«, hob Gret nach einer kleinen Pause an. »Ich weiß, wer ich bin und woher ich komme. Aber warum droht Ihr mir überhaupt? Seid Ihr Euch Eurer selbst so unsicher? Anscheinend drückt Euch das schlechte Gewissen. Kein Wunder, wenn man bedenkt, was Ihr mit Renata angestellt habt. Wie schändlich von Euch, die treue Seele ins Tollhaus zu bringen, sobald Dora die Stadt verlassen hat. Freut Euch auf Doras baldige Rückkehr. Ihr wisst genau, dass sie das nie und nimmer dulden wird.«
»Euer Schwäher teilt meine Meinung, dass Renata bei den Schwestern im Hospital weitaus besser aufgehoben ist als bei uns«, setzte Mathilda an und ärgerte sich im nächsten Moment, sich überhaupt vor dem frechen Weibsbild zu rechtfertigen. »Sie ist seine Magd, nicht Eure, also obliegt ihm allein ihre Fürsorge. Mein Vorschlag, Renata ins Hospital zu bringen, war für ihn eine große Erleichterung. So ist er von der Pflicht, für die Kranke zu sorgen, auf beste Weise entbunden. Beklagt Ihr Euch nicht nahezu täglich, wie beengt wir derzeit alle im Hause meines Vetters am Mühlenberg leben? Vergesst nicht, das Haus beherbergt gemeinhin drei Erwachsene sowie eine Magd und nicht acht Bewohner und zwei Mägde wie in den
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