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Die Liebe der Baumeisterin: Roman (German Edition)

Die Liebe der Baumeisterin: Roman (German Edition)

Titel: Die Liebe der Baumeisterin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
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Brezeln und Bierkrügen zu, die ihnen gestandene Weibsbilder energisch unter die Nase hielten. Dora bedauerte die zurückgedrängten Bauernkinder. Schon überlegte sie, nach unten zu eilen und ihnen einige Blumen abzukaufen, da spürte sie auf einmal Veit dicht hinter sich. Lautlos war er zu ihr getreten und hatte sich kaum eine Handbreit hinter ihr ans Fenster gestellt. Sein Odem kitzelte ihr die Haut im Nacken, die Nähe seines Körpers versetzte den ihren in einen Ausnahmezustand. Sie versteifte sich. Wenn in diesem Moment Mathilda oder gar Urban in der Werkstatt auftauchten! Hatte er vergessen, in welch missverständlicher Lage ihr Gemahl sie vor der Abreise nach Ragnit angetroffen hatte? Von neuem schwindelte ihr. Sie schwankte und stieß dabei gegen Veits Brust. Behutsam legte er ihr die Hand auf die Schulter.
    »Es gibt keinerlei Grund für irgendwelche Zweifel an Eurem Können.« Bang drehte sie sich zu ihm um. Ruhig sprach er weiter: »Seid Ihr nicht gerade erst von einer langen Reise zurückgekehrt? Was sagt Ihr zu den Ordensburgen, die auf Eurem Weg lagen? Gewiss habt Ihr viel gesehen und dabei noch mehr für Eure weitere Kunst gelernt. Gerade Tapiau besticht durch seine imposanten Gewölbe. Die Gestaltung der Joche und Kreuzrippengewölbe wie auch die Tierköpfe auf den Konsolen erinnern stark an das herzogliche Schloss hier in Königsberg, findet Ihr nicht?«
    »Wahrscheinlich waren seinerzeit dieselben Baumeister am Werk«, mutmaßte sie. »Wie schade, dass wir nur von den wenigsten die Namen kennen.«
    »So wie von Nikolaus Fellenstein aus dem Rheinland. Ein Dutzend Jahre muss er am Ausbau der Festung Ragnit beteiligt gewesen sein. Auch auf der Marienburg hat er gearbeitet.«
    »Mein Ahn erwähnt seinen Namen mehrmals in seinen Aufzeichnungen. Voller Hochachtung preist er ihn, obwohl er mehr als zwei Lebensalter vor ihm dort gewirkt hat. Sein Schaffen hat also großen Eindruck hinterlassen. Die Marienburg muss das beste Bauwerk sein, das es weit und breit von Menschenhand gibt.«
    »Zumindest hier in Preußen ist sie wirklich einzigartig. Ihr solltet sie mit eigenen Augen sehen. Das Herz würde Euch aufgehen.«
    »Das ist ein großer Traum«, erwiderte sie mit einem Anflug von Traurigkeit. Sogleich aber rang sie sich ein Lächeln ab. »Wer weiß, vielleicht werde ich das eines Tages doch noch nachholen.«
    »Ihr seid noch jung und habt noch vieles vor Euch«, versicherte er. »Da Ihr Nikolaus Fellenstein kennt, gehe ich davon aus, dass Ihr von Ragnit ähnlich begeistert seid wie ich.«
    »Mir fehlen die Worte, die Pracht dieser gewaltigen Anlage genauer zu beschreiben«, erklärte sie in rauhem Ton, viel zu überwältigt von den Gefühlen, die sie in sich aufsteigen fühlte. Noch immer wurde ihr heiß, wenn sie an die Stunden mit Urban in der Bibliothek von Tapiau dachte. Nie durfte jemand erfahren, was sie zwischen den Bücherwänden getan hatten. Warum aber schämte sie sich vor Veit? Urban und sie waren verheiratet. Zudem sprach er von Ragnit. Sie biss sich auf die Lippen, schluckte, dann sah sie wieder zu Veit auf. »Die Marienburg wird zwar weitaus prächtiger sein als Ragnit, dennoch haben mich allein die Ausmaße der Burg überrascht. Um die Feinde gleich an der Grenze zu Preußen aufzuhalten, ist sie wohl genau der richtige Bau. Wer sieht, zu welchen Leistungen die Ordensleute schon vor mehr als fünf Menschenaltern fähig waren, der muss vor Ehrfurcht im Boden versinken. Kein Wunder, dass die Festung bis heute allen Angriffen getrotzt hat.«
    »Wer weiß, wer künftig noch vergebens gegen sie anrennen wird«, stellte Veit schmunzelnd fest. »Ihr werdet die Burg in all ihren Feinheiten weitaus genauer studiert haben, als ich das jemals tun könnte, meine liebe Dora. Euer Blick für die entscheidenden Einzelheiten eines Bauwerks ist einzigartig. Das sticht auch an dem Entwurf Eures Hauses in der Junkergasse gleich auf den ersten Blick heraus.«
    Sein Lob freute sie. Von neuem überzog eine leichte Röte ihr Antlitz.
    »Eine Sache muss ich allerdings noch einmal mit Euch besprechen. Es betrifft das Fundament.«
    »Stimmt etwas nicht?« Schnell fiel die Freude wieder in sich zusammen. Alles hatte zwei Seiten, die Sonne den Schatten, der Sommer den Winter und das Lob den Tadel. »Warum habt Ihr das nicht gleich gesagt?«
    »Wieso denkt Ihr sofort, etwas an Eurem Entwurf wäre falsch?« Verwundert sah er sie an. »Ihr habt kein Vertrauen in Euch. Wie sonst ist zu erklären, dass Ihr mit einem Tadel

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