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Die Liebe der Baumeisterin: Roman (German Edition)

Die Liebe der Baumeisterin: Roman (German Edition)

Titel: Die Liebe der Baumeisterin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
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von der anderen Seite hinzu. Aus dem Augenwinkel nahm Gret wahr, wie Mechthild den Boten am Arm packte und zur Tür drängte. Dabei steckte sie ihm rasch noch einige Münzen als Lohn zu. »Danke.« Gret wollte Mechthild zunicken, die stämmige Frau aber stand längst wieder bei ihrem Schwäher und presste ihm mit der einen Hand einen Becher an die Lippen, während sie ihm mit der anderen Luft zufächelte.
    »Ihr dürft Euch nicht so aufregen, guter Mann. Trinkt einen Schluck Bier, das wird Euch guttun.«
    Zufrieden beobachtete Gret, wie Wenzel den Anweisungen der verwachsenen, dennoch erstaunlich groß und kräftig aussehenden Magd Folge leistete. Nicht zum ersten Mal beglückwünschte sie sich zu der Entscheidung, sie in Diensten genommen zu haben. Bislang hatte Mechthild jeden Tag mehr als einmal bewiesen, wie gut sie anzupacken wusste.
    »Der Brief ist nicht von deinem Vetter«, hörte sie Jörg wie aus weiter Ferne erklären. Während sie den Schwäher betrachtet hatte, musste er den Brief geöffnet und seinen Inhalt überflogen haben. Es dauerte eine Weile, bis die Bedeutung seiner Worte zu ihr durchdrang.
    »Wer sonst schreibt mir aus Krakau? Dora selbst?« Sogleich meldete sich die alte Furcht wieder zurück, der Schwägerin wäre etwas Schlimmes geschehen, bevor sie Veit über ihre Ankunft hatte benachrichtigen können. Vielleicht flehte sie in dem Brief um Hilfe. Wieder erfasste Gret eine unerträgliche Unruhe. Die ganze Aufregung war Gift für ihren Zustand.
    4
    S o schnell es ihr schwangerer Leib zuließ, eilte Gret zu Jörg, der nah bei einem der Fenster zur Straße stand und das Schreiben wohl schon ein zweites Mal las, dieses Mal langsamer und sorgfältiger, wie sein angespannter Gesichtsausdruck verriet.
    »Das wird ja immer besser!«, schaltete sich auch gleich Wenzel wieder ein. Das Bier hatte Wunder gewirkt. Entschlossen schob er Mechthild beiseite, erhob sich von dem Stuhl und schlurfte ebenfalls zu Jörg.
    »Warum sagst du nicht, wer uns schreibt?« In der Aufregung dachte Gret gar nicht mehr daran, dass der Brief ausdrücklich an sie gerichtet war. »Ist Veit etwas geschehen? Oder ist etwas mit seinem Vater, weshalb er uns nicht selbst …«
    »Wieso sein Vater? Heißt das, dein Oheim ist ebenfalls bei ihm in Krakau? Was genau geht da vor?«
    Von neuem rötete sich das Antlitz des alten Selege. Sogleich war Mechthild wieder zur Stelle und packte ihn energisch an den Schultern, um ihn zu seinem Stuhl zurückzuführen. Widerstrebend ließ er es geschehen. Jörg war der Einzige, der sich seine Aufregung nicht anmerken ließ. Seine Augen wanderten abermals über die Zeilen, bevor er den Kopf hob und Gret mit einem erschreckend verständnislosen Blick ansah.
    »Ein gewisser Jan Gottlieb hat das geschrieben. Er nennt sich einen alten Freund deines Oheims Singeknecht wie auch unseres verstorbenen Schwagers Urban Stöckel. Dein Brief wurde an ihn weitergereicht, weil Veit und sein Vater aus der Kanonikergasse zu ihm nach Kazimierz gezogen sind. Die beiden Singeknechts haben sein Haus allerdings schon vor einiger Zeit verlassen. Das geschah wohl sehr überraschend, wie Gottlieb weiter schreibt, deshalb hat er sich erlaubt, dir an Veits Stelle zu antworten. Leider weiß er nicht, wohin Veit mit seinem Vater unterwegs ist. Deshalb konnte er ihm das Schreiben nicht nachschicken.«
    »Was? Aber wie kann Veit nur …? Warum hat er uns nicht …? Was ist mit Dora?«, krächzte Gret. Sie streckte die Hand aus, um am Arm ihres Gemahls Halt zu suchen. Eine düstere Ahnung beschlich sie, zugleich war ihr klar, Jörg nichts davon erzählen zu können. Dazu war nicht mehr die Zeit. Sie schloss die Augen, ließ das eben Erfahrene auf sich wirken. Eins stand jedenfalls fest, die verrückte Renata hatte recht gehabt. Das Verschwinden der Feuerkatze vor einigen Wochen hatte tatsächlich großes Unheil angekündigt, wenn nicht hier in Königsberg, dann in der Fremde. Dort musste Dora Übles widerfahren sein, sonst gäbe es längst Nachricht von ihr oder ihrer Base, Mathilda Huttenbeck. Gret graute Entsetzliches, wenn sie an Göllners Zorn dachte. Was mochte er dem Herzog erzählt haben, damit dieser an seinen Oheim, den polnischen König, in Doras Angelegenheit schrieb? Zugleich machte sie sich größte Vorwürfe. Kostbare Zeit war bereits verstrichen, die sie besser hätte nutzen können, um der Schwägerin zu helfen, statt untätig auf einen Brief des Vetters zu warten, der letztlich doch nicht ankam.
    »Von Dora

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