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Die Liebe der Baumeisterin: Roman (German Edition)

Die Liebe der Baumeisterin: Roman (German Edition)

Titel: Die Liebe der Baumeisterin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
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der Gasse. Das Gedränge hatte sich etwas gelichtet, so konnten sie direkt darauf schauen. »Sucht Ihr nicht genau danach?«
    »Wo kommt denn jetzt schon der Stör her?« Beglückt über die Entdeckung, stürzte sich Dora auf die Fischbank, betrachtete den etwa zwei Fuß langen Fisch mit den gebuckelten Knochenplatten und der spitz auslaufenden Schwanzflosse. Es handelte sich um ein recht junges Tier, wie die rauhen, sehr deutlich ausgeprägten Knochenplatten sowie die geringe Größe zeigten. In Erwartung eines guten Geschäfts rieb sich der Händler bereits die Hände. Erst als er Doras auffälligen Blick mit den verschiedenfarbigen Augen gewahr wurde, stockte er, wusste nicht so recht, wohin er schauen sollte.
    »Passt gut auf«, ertönte da die Stimme der untersetzten Lohmännin, die sich eben so über Elßlin erregt hatte. Schwer atmend tauchte sie neben der Magd auf und presste sich die Hand gegen den kurzen Hals. Beim Laufen hatte sie sich deutlich übernommen, wie der sich heftig hebende und senkende Brustkorb sowie die ungesunde Gesichtsfarbe verrieten. Im sachten Wind flatterten die Flügel ihrer Haube. »Habt Ihr nicht gehört, dass ein fremder Fleminger sämtlichen Fang im Pillauer Tief aufgekauft hat? Einsalzen will er den Stör und weit übers Meer verkaufen, weil er dort mehr Geld dafür bekommt. Wollen wir überhaupt noch welchen haben, gibt er ihn uns nur zum völlig überteuerten Preis ab. Woher aber sollen wir sonst Stör bekommen? Fragt also den Burschen hier, was er haben will, und Ihr werdet merken, dass er mit dem Halunken unter einer Decke steckt. Dabei ist Fürkauf verboten! Ganz abgesehen davon, dass wir Königsberger immer das Vorkaufsrecht auf den Pillauer Stör gehabt haben. Unser Herzog ist viel zu gutmütig, wenn es um den Schutz der Holländer Lieger geht. Nur, weil er denkt, ihnen aus Glaubensgründen eine Zuflucht bieten zu müssen, darf er nicht vergessen, ihnen beim Handeln besser auf die Finger zu schauen. Aber wem sage ich das? Ihr, liebe Stöckelin, werdet von Eurem Gemahl mehr als einmal davon gehört haben. Seid also vorsichtig, bei wem Ihr Euren Fisch kauft. Mitte März hat Stör sowieso noch nichts auf den Tellern zu suchen.« Ein siegessicheres Schmunzeln spielte um ihre Mundwinkel.
    »Danke für Euren Rat. Habt keine Sorge, ich weiß, was ich tue, wenn ich Fisch kaufe. Auch wenn ich in Euren Augen noch sehr jung bin, so habe ich doch schon einiges gelernt, was mein Gemahl zu schätzen weiß.«
    »So?« Abfällig musterte die Lohmännin sie vom Scheitel bis zur Sohle, verharrte lange auf ihrem Gesicht, studierte ihren besonderen Blick. Dora zwang sich, der frechen Musterung standzuhalten. Endlich drehte sich die Lohmännin um und verschwand. Aus dem Augenwinkel beobachtete Dora, wie sie zur alten Papin zurücklief, die immer noch einige Stände entfernt Neuigkeiten austauschte. Gewiss würde sie ihr gleich einen weiteren Beweis von Doras Unfähigkeit als Hausfrau und Gemahlin des herzoglichen Kammerrats liefern.
    »Wenn Ihr so früh im Jahr schon eifrig mit Stör handelt, werdet Ihr mir auch zu einem guten Preis seine Fischblase verkaufen«, wandte Dora sich dem Mann an der Fischbank zu. »Auch von den anderen Abfällen nehme ich gern.«
    »Ihr wollt nur von den Abfällen?« Verdutzt schaute er sie an, packte aber, als Dora bestätigend nickte, das Gewünschte in eine tönerne Schüssel, die Elßlin ihm aus dem Korb an ihrem Arm reichte. Kaum hörbar raunte er Dora eine lächerlich geringe Summe als Preis ins Ohr. Sie war sich sicher, es keinesfalls mit einem Fleminger Lieger zu tun zu haben. Von der holländischen Art, die Worte sehr kehlig auszusprechen, war bei ihm nicht die geringste Spur zu hören. Als sie ihm die Münzen in die Hand zählte, war das Zittern seiner sehnigen Finger kaum zu übersehen.
    »Keine Sorge, mein Gemahl, der herzogliche Kammerrat, kümmert sich vor allem um die Baumeister, Maurer und Zimmerleute. Mit dem Störfang und dem Fürkauf der Fleminger Kaufleute hat er nichts zu tun.«
    Mit Genugtuung bemerkte sie das Aufatmen des Mannes, den sie, anders als die Lohmännin, niemals als »Burschen« bezeichnet hätte. Dazu schien er zu alt, wenngleich auch die von Wind und Wetter gegerbte Haut sowie das schüttere Haar unter der schäbigen Kappe über sein wahres Alter hinwegtäuschen mochten.
    Gutgelaunt ging sie Elßlin voraus. Von der Krämerbrücke trennten sie nur noch wenige Schritte. Schon wollte sie sich rechts hinüber der Altstadt zuwenden, da

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