Die Liebe des Kartographen: Roman
er genau dies zu tun beschloss, wurde er angesprochen.
»Was wollen Sie hier? Wer sind Sie?«, fragte ein groÃer, gut aussehender Bursche, der im gleichen Alter wie Philip zu sein schien. Seine Stimme war nicht unfreundlich, nur etwas herausfordernd.
Philip atmete einmal tief durch. »Mein Name ist Philip Vogel. Ich bin herzöglicher Kartograph und suche ein Quartier für die Nacht.« Nach dem Badehaus wagte er vorerst nicht zu fragen.
»Na, da kommen Sie gerade richtig! Sie hatten sozusagen den richtigen Riecher.« Der Mann lachte über seinen eigenen Scherz. Was ein Kartograph machte, schien ihn nicht zu interessieren. Er war jedenfalls der Erste, der diese Frage nicht stellte. »Sie sehen doch, dass hier der Teufel los ist.«
Philip schaute sich um. »Und was ist los, wenn man fragen darf?«
»Unser Wasser ist vergiftet! Seit genau zwei Wochen. Drei sind schon gestorben, alte Leutâ warenâs. Aber jetzt haben natürlich alle Angst, wann der Nächste dran ist â und werâs ist.«
Vergiftetes Wasser! Das passte ja wunderbar! Erklärte das die bösen Blicke? Die Leute glaubten doch nicht etwa, er hätte etwas damit zu tun? »Ja, aber die Leute werden das Wasser doch nicht mehr trinken, wenn es vergiftet ist«, begann er lahm. »Und auÃerdem: Wer oder was hat es denn vergiftet?«
Der Mann fühlte sich jetzt sehr wichtig, das war ihm anzusehen. »Natürlich trinken wir das Wasser nicht mehr. Aber das ist ja das Problem! Unsere Weiber laufen sich schon die FüÃe wund wegen Trinkwasser. Aber auch das Wasser, das wir von weit her aus dem Fluss holen, ist nicht gut. Dabei haben wir letzte Woche den Fluss sogar gestaut, ein groÃes Stück vom Flussbett abgetragen, so dass jedes Gift eigentlich weg sein müsste.« Der Mann zuckte hilflos mit den Schultern.
Diese Stelle musste Philip auf seinem Weg ins Dorf wohl übersehen haben. Dafür kamen ihm die Berge mit Fäkalien in den Sinn. Ob die wohl etwas mit dem schlechten Wasser zu tun hatten? Diese Frage konnte und wollte er jetzt allerdings nicht lösen. Er brauchte zunächst einmal ein Dach überm Kopf. »Wo kann ich den Pfarrer finden? Oder den Schultes? Oder gibt es hier einen Lehnherren?«, fragte er sein Gegenüber über die lärmende Menge hinweg. Ein Gasthaus würde es in diesem Seelendorf garantiert nicht geben.
Wieder grinste der Mann. »Unser Schultes hatte einen besseren Riecher, der hat sich zum Verwandtenbesuch nach Ulm abgesetzt. Einen Lehnherren haben wir wohl, aber der ist mit seiner feinen Baggage zum Jagen in der Pfalz. Und unser Pfaff ⦠der hat zu tun.« Erwartungsvoll schaute er den Fremden an.
Philip tat ihm den Gefallen nachzufragen. »Und washat der Pfarrer zu tun, auÃer die Toten anständig zu beerdigen?«
»Der muss Gulden scheffeln.«
Das wurde ja immer besser. Vergiftetes Wasser, ein geldgieriger Pfarrer und so, wie es aussah, kein Quartier für die Nacht. Warum â¦
»Sie können bei mir übernachten, zehn Heller nehmâ ich dafür, und der Gaul kostet noch mal fünf. Dafür gibtâs ein Abendmahl. Mein Weib kocht ganz manierlich.«
Dass die Frau des Böttchers â als solcher erwies sich nämlich sein Gastgeber â mit dem Kochlöffel umzugehen verstand, musste Philip später zugeben. Zu dritt saÃen sie in der erstaunlich sauberen Stube am Tisch. In der Mitte stand ein groÃer Suppentopf. Ein Brotlaib und ein geräucherter Schinken lagen daneben, von beidem schnitt die Frau groÃzügige Scheiben ab. Dazu hatte sie einen Krug Wein auf den Tisch gestellt, wie Philip erleichtert zur Kenntnis nahm. Wasser hätte er sicherlich keines getrunken. Langsam spürte er, wie sich sein Nacken etwas entspannte. Er fühlte sich nicht unwohl bei den Böttchersleuten, obwohl er sich den Altersunterschied zwischen den beiden nicht erklären konnte. Die Frau musste mindestens doppelt so alt sein wie ihr Mann. Aber inzwischen begann er sich damit abzufinden, dass in Anstetten vieles seltsam war.
Natürlich drehte sich das ganze Gespräch um das schlechte Wasser, wobei der Böttcher das Wort führte, seine Frau fast gar nichts sagte und Philip nur hin und wieder einen Satz einwarf. Er war müde und noch immer verärgert wegen der vermeintlichen Badestube.
Nachdem der Böttcher ihm den Weg zu seinem Haus erklärt hatte, hatte Philip
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