Die Liebe des Kartographen: Roman
aus. Ihre Augen funkelten, und ihre Nasenflügel bebten. »Was ich von Ihnen will? Gar nichts!«, spie sie ihm entgegen. Wie kam dieser Wildfremde dazu, sie so anzuschreien?
»Was schleichst du dich dann hier rein und stellst mir seltsame Fragen?«
Aus dem Badehaus war lautes Klappern zu hören, als wollte Marlene ihnen einen Wink geben. Sprachen sie zu laut? »Philip Vogel hat befürchtet, dass Sie zu Unrecht hier festgehalten werden. Da er als Mann nicht unerkannt hereingekommen wäre, bin ich an seiner Stelle hier. Aber wenn Sie nicht mit mir reden wollen â¦Â« Xelia zuckte mit den Schultern. »Sobald Marlene fertig ist, bin ich wieder weg!« Und das war dann das letzte Mal, dass ich mich einem Fremden aufgedrängt habe, fluchte sie im Stillen. Gleichzeitig keimte jedoch Verständnis für sein Verhalten in ihr auf. Warum sollte er einer Dahergelaufenen glauben?
Besänftigend hob Hyronimus die Hände. »Immer langsam. Wenn sich zwei Hitzköpfe gegenüberstehen, tut das selten gut. Ich glaubâ dir«, fügte er dann mit verwunderter Stimme hinzu. »Verdammt noch mal, ich glaubâ dir wirklich!« Dann lachte er auf. »Dass Philip ein Weib schickt und nicht selbst kommt, sieht ihm ähnlich. Eines muss ich ihm jedoch lassen: Er hat erkannt, dass Marlene wahrscheinlich die Einzige ist, die er zur Mithilfe überreden konnte!« Der Arzt verzog den Mund.
Xelia verzichtete darauf, ihn über die wahren Umstände aufzuklären. Auch dass sie es gewesen war, die sich Sorgen um ihn, einen Wildfremden! â gemacht hatte, ging ihn nichts an. Es wurde spät, und sie hatten keine Zeit für Plänkeleien. »Und? Was ist nun? Sind Sie wirklich aussätzig?«
Eine buschige Augenbraue schoss in die Höhe. »Ichschätze eine direkte Art, aber du schlägst damit jedem Fass den Boden aus. Als ich â¦Â« Doch bevor er weiter abschweifen konnte, riss er sich zusammen. »Den Teufel bin ich! Nichts habâ ich, nicht das kleinste bisschen Krätze, vom Aussatz ganz zu schweigen.« Er kniff sich in die Wangen, dann rollte er seinen Jackenärmel nach oben und zeigte seine entblöÃten Oberarme. »Oder sehâ ich etwa aus wie die armen Schweine da drinnen?« Hyronimus ballte seine Fäuste und lieà die Muskeln spielen.
Xelia schüttelte den Kopf. Seine deftige Art zu reden verwirrte sie. Dass ein studierter Mann und Arzt fluchte wie der gröbste Bauerdamit hatte sie nicht gerechnet. Sie musste grinsen. »Und warum dürfen Sie dann nicht raus? Wo Sie doch gesund sind?« Eine dunkle Ahnung keimte in ihr auf, und Hyronimus enttäuschte sie nicht. »Weil die Hurensöhne mir eins auswischen wollen. Weil sie Angst haben, dass ich drauÃen herumrenne und erzähle, was ihr feiner Herr Stadtarzt hinter diesen Mauern treibt!«
»Der Stadtarzt?«, fragte Xelia nach. Hatte sie nicht erst kürzlich jemanden über den Mann reden hören? Jemand von Tassilos Leuten? Sie erinnerte sich jedoch an nichts Genaues. »Was ist mit ihm?«
Hyronimus winkte ab. »Um dir auch nur einen Einblick in das zu geben, was hier geschieht, bräuchte ich Tage, ach was, Wochen! Aber â¦Â«
»⦠dazu haben wir keine Zeit«, ergänzte Xelia. Adalbert Hyronimus kam ihr seltsam bekannt vor. Ob das an Philips Erzählungen lag? Dabei war der Mann eigentlich ganz anders, als sie ihn sich nach Philips Beschreibung vorgestellt hatte.
»Und? Worauf warten Sie dann noch? Wenn Sie wollen, bringâ ich Sie hier raus.«
»Wie stellst du dir das vor? Willst du mich etwa unter deinem Rock verstecken?«
»Das nicht. Aber unter der Dreckwäsche im Karren.« Xelias Augen triumphierten. Mit einem Plan hatte er wohlnicht gerechnet. Sie brannte darauf, ihm tausend Fragen zu stellen. Sie konnte es kaum erwarten, wieder drauÃen zu sein und â¦
»Ich gehâ nicht mit.«
»Was?« Hatte sie richtig gehört? »Was hast du gesagt?« Unwillkürlich verfiel sie in die vertrauliche Anrede.
»Ich gehâ nicht mit, habâ ich gesagt. Die Drecksau von Stadtarzt ist eine Sache â die Kranken jedoch eine andere. Die brauchen mich.« Er kniff den Mund zusammen.
Xelia musste an den mickrigen Holzvorrat denken. »Was kannst du schon ausrichten! Sie lassen dich doch nicht, wie du willst, oder?«
Keine Antwort.
»Vielleicht kannst du von drauÃen mehr
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