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Die Liebe zur Zeit des Mahlstaedter Kindes

Die Liebe zur Zeit des Mahlstaedter Kindes

Titel: Die Liebe zur Zeit des Mahlstaedter Kindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Setz Clemens J.
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lief. Sarah hatte sich mit vollem Gewicht auf sie gesetzt und dabei ein wenig herausgedrückt.
    Die Käsereibe näherte sich dem bläulich-blassen Rinnsal. Die Frau verdrehte die Augen, gab einen Laut wie ein sterbendes Huhn von sich und fiel in Ohnmacht.
    – Hast du das gesehen?
    Sarah drehte sich begeistert zu mir um.
    – War das nicht absoluter Wahn sinn?
    – Ja, sagte ich.
    – Das war … einfach perfekt … ich meine … oh Gott …
    Sie nahm meine Hand und legte sie sich zwischen die Beine. Sie brauchte nur ein paar Sekunden, um zu kommen. Meine Finger wurden feucht, Sarahs Gesicht verzog sich, als wollte sie sich übergeben, ihre Lider flatterten.
    – Oooh!
    Ihr Orgasmus brachte sie völlig aus dem Konzept. Sie murmelte Unverständliches vor sich hin, tappte ein paar Schritte in eine Richtung und brach schließlich auf dem Sofa zusammen, schwitzend, außer Atem, mit einem leeren Grinsen im Gesicht.
    – Oh mein Gott, stammelte sie. Oh mein Gott oh mein Gott …
    Ich band die ohnmächtige Prostituierte los, weckte sie mit ein paar Ohrfeigen (sie reagierte erst auf die siebente), wies, ohne ein Wort zu sagen, auf ihre Kleider und erwartete, dass sie sofort verschwinden würde. Aber sie war zu schwach und zu zittrig, um aus eigener Kraft aufzustehen und sich anzuziehen, also half ich ihr. Sie vermied es, mir direkt in die Augen zu schauen. Sarah beachtete uns gar nicht.
    Ich brachte die Hure zur Tür und bot ihr ein Taschentuch an, damit sie sich das Gesicht reinigen konnte. Ich erklärte ihr, dass meine Frau, nein, eigentlich Exfrau, bald an einem Gehirntumor sterben würde und deshalb noch so viele Erfahrungen wie möglich machen wollte. Es war zwar haarsträubender Unsinn,aber so konnte ich vielleicht unangenehme Konsequenzen vermeiden.
    – Okay, brachte die Frau heraus. Okay.
    Ich gab ihr 200 Euro extra.
    – Wie heißt Ihr Kind?, fragte ich, während ich die Haustür aufsperrte.
    Sie antwortete nicht.
    – Nein, sagte ich und stellte mich ihr in den Weg, ich lass Sie erst raus, wenn Sie mir diese eine Frage beantwortet haben.
    Ihr Gesicht war versteinert, völlig ausdruckslos. Das Gesicht einer Kriegsgefangenen. Verschmiert, stinkend und ohne die geringste Muskelregung. Ich erwartete, dass sie versuchen würde, mit mir zu kämpfen.
    – Ich will Sie nicht quälen, erklärte ich ihr. Ich will nur wissen, ob meine Freundin Recht hat mit ihrer Vermutung …
    Sie schaute zu Boden.
    – Nur diese eine Frage. Dann können Sie gehen.
    Sie gab einen lauten Seufzer von sich und wollte mir die 200 Euro zurückgeben.
    – Nein, bitte. Die können Sie behalten. Für die Strapazen. Aber beantworten Sie mir –
    – Weg, sagte sie tonlos.
    – Wer? Ihr Kind?
    – Weg, wiederholte sie und deutete durch mich hindurch auf die Tür, auf die Freiheit.
    Ich trat auf die Seite, ließ sie vorbei.
    – Ist es gestorben?, fragte ich.
    Sie ging davon. Im Vorbeigehen drang eine Welle des mit Angstschweiß vermischten Intimgeruchs, der von ihrem Gesicht ausging, an meine Nase. Ich hieltden Atem an. Nachdem sie einige Schritte gegangen war, beobachtete ich, wie sie die 200 Euro seelenruhig auf den Briefkasten legte. Der Wind fegte die Geldscheine gleich wieder herunter. Sie segelten auf den frisch gemähten Rasen. Ich ging sie holen. Am Ende der Straße sah ich die Prostituierte, sie hatte eine seltsam wackelige Art zu gehen, als wären ihre Hüften nur geborgt. Dann bog sie um eine Ecke und war verschwunden.
    Wir haben nie wieder von ihr gehört.
    Sarah hielt jeden Augenblick absoluter Perfektion und Schönheit in einem kleinen Moleskine-Notizbuch fest. Hier ein kleiner Auszug aus unserem Katalog.
    Auf der Piazza San Marco in Venedig. Ein Ehepaar mit kleiner Tochter. Der Vater (bärtig, Brillenträger) schüttet das 2 Euro teure Taubenfutter aus der Papiertüte über seine am Boden liegende Tochter. Die Vögel kommen und begraben die Kleine unter sich. Währenddessen filmt die Mutter die Szene (ich kann es ihr nicht verdenken) mit ihrem Handy. Wie ein mittelalterliches Mysterienspiel. Heilig, erleuchtet, intensiv. Das Mädchen schüttelt die Tauben schließlich ab, ist völlig unversehrt. Nur ein paar Kratzer auf ihrer Wange und auf ihren Schultern.
    Oder:
    Ein junges Pärchen auf einem Tandem bleibt vor unserem Haus stehen. Sie steigen ab und fragen nach dem Weg. Wir laden sie auf ein Glas Wein ein. Sie beraten sich durch Blicke und kommen dann vorsichtig, aber neugierig in den Garten. Ich hole den Wein, mische ein wenig von

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