Die Liebeshandlung
Pilgrim-Lake-Laboratorium zu besichtigen! Es war schrecklich beeindruckend.»
Der übertrieben aufmunternde Ton in Phyllidas Stimme musste Besorgnis erregen. Madeleine machte sich auf etwas gefasst.
«Und es war ja so nett von Leonard, dass er sich die Zeit genommen hat, uns in seinem Labor herumzuführen. Ich habe allen meinen Freunden hier ein kleines Seminar gegeben. Ich nenne es: ‹Alles, was Sie schon immer über Hefe wissen wollten, aber bisher nicht zu fragen wagten›.» Phyllida kicherte vor Vergnügen. Dann räusperte sie sich und wechselte das Thema. «Ich dachte, du möchtest vielleicht von den Entwicklungen
chez
Higgins in Kenntnis gesetzt werden.»
«Möchte ich nicht.»
«Es sieht besser aus, kann ich erfreulicherweise berichten. Ally ist aus dem Ritz aus- und wieder bei Blake eingezogen. Dank der neuen Nanny – die dein Vater und ich bezahlen – wurden die Feindseligkeiten eingestellt.»
«Ich sage doch, es ist mir egal», sagte Madeleine.
«Ach, Maddy», schimpfte Phyllida.
«Tja, ist aber so. Meinetwegen kann Ally sich scheiden lassen.»
«Ich weiß, dass du wütend auf deine Schwester bist. Und du hast jedes Recht dazu.»
«Ally und Blake mögen sich nicht mal.»
«Ich glaube nicht, dass das stimmt», sagte Phyllida. «Sie haben ihre Differenzen, wie alle Ehepaare. Aber sie stammen doch im Grunde aus denselben Kreisen und verstehen sich. Ally hat Glück, dass sie Blake hat. Er ist ein sehr stabiler Mensch.»
«Was meinst du damit?»
«Nichts weiter.»
«Es ist allerdings eine interessante Wortwahl.»
Phyllida seufzte in die Leitung. «Wir müssen darüber sprechen, aber ich weiß nicht, ob das jetzt der richtige Moment ist.»
«Warum nicht?»
«Nun, es ist ein ernstes Gespräch.»
«Das passiert jetzt alles nur, weil Ally so eine Schnüfflerin ist. Sonst wüsstest du nichts davon.»
«Das stimmt. Aber Tatsache ist,
dass
ich es weiß.»
«Mochtest du Leonard nicht? War er nicht nett?»
«Er war sehr nett.»
«Sah er so aus, als stimmte was nicht mit ihm?»
«Nein, nicht unbedingt. Aber ich habe in der vergangenen Woche viel über manische Depression erfahren. Kennst du die Tochter der Turners, Lily?»
«Lily Turner nimmt Drogen.»
«Ja, jetzt nimmt sie bestimmt Drogen. Und wird es für den Rest ihres Lebens tun.»
«Das heißt?»
«Das heißt, dass manische Depression eine
chronische
Krankheit ist. Die Leute haben es
ihr Leben lang
. Es gibt keine Heilung. Sie gehen im Krankenhaus ein und aus, sie haben Zusammenbrüche, sie können sich auf eine Arbeit nicht dauerhaft einlassen. Und ihre Familien müssen dasalles mitmachen. Schätzchen? Madeleine? Bist du noch da?»
«Ja», sagte Madeleine.
«Ich weiß, du weißt das alles. Aber ich möchte, dass du darüber nachdenkst, was es heißen würde, jemanden mit einer … mit einer Geisteskrankheit zu heiraten. Geschweige denn, mit ihm eine Familie zu gründen.»
«Wer sagt denn, dass ich Leonard heiraten will?»
«Nun, ich weiß ja nicht. Ich sage nur, falls.»
«Nehmen wir mal an, Leonard hätte eine andere Krankheit, Mummy. Nehmen wir an, er hätte Diabetes oder so was. Würdest du dich dann genauso aufführen?»
«Diabetes ist eine schreckliche Krankheit!», rief Phyllida.
«Aber es wäre dir
egal,
wenn mein Freund Insulin brauchte, um gesund zu bleiben. Das wäre in Ordnung, stimmt’s? Es wäre nicht so ein
moralisches Versagen
.»
«Ich habe nichts von Moral gesagt.»
«Brauchtest du auch gar nicht!»
«Ich weiß, du hältst mich für unfair. Aber ich versuche doch nur, dich zu beschützen. Es ist sehr schwierig, sein Leben mit jemandem zu verbringen, der so labil ist. Ich habe einen Artikel von einer Frau gelesen, die mit einem Manisch Depressiven verheiratet ist, und mir standen die Haare zu Berge. Ich schicke ihn dir.»
«Nein.»
«Doch!»
«Ich schmeiße ihn weg!»
«Was gleichbedeutend damit ist, den Kopf in den Sand zu stecken.»
«Hast du deshalb angerufen?», sagte Madeleine. «Um mir einen Vortrag zu halten?»
«Nein», sagte Phyllida. «Eigentlich habe ich wegen Thanksgiving angerufen. Ich habe mich gefragt, was für Pläne ihr habt.»
«Weiß ich nicht», sagte Madeleine, einsilbig vor Wut.
«Ally und Blake kommen mit Richard Löwenherz. Wir möchten so gern, dass du und Leonard auch kommt. Es wird dieses Jahr keine große Sache. Alice hat ihr freies Wochenende, und wie’s aussieht, komme ich mit dem Backofen nicht so zurecht wie sie. Er ist aber auch wirklich bald museumsreif. Dein Vater
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