Die Lilie von Florenz
Mann, der kein Mann ist, wohl wäre. Möchtest du, dass ich ihn frage, ob er sich zu uns gesellen möchte?â
Matteo nickte. Cristina löste sich von ihm und drohte ihm mit dem Finger. âAber nicht weglaufen, hörst du? Mit einem halben Mann kann ich heute Nacht nichts anfangen, da brauche ich dich schon auch noch!â
Sie spürte seinen Blick im Rücken, als sie zu Allegra und ihrem Bruder hinüberging. Innerlich jubilierte sie. Der schwerste Schritt war geschafft. Jetzt musste sie es nur noch klug anstellen â¦
17. KAPITEL
Allegra spürte, wie ihr jemand auf die Schulter tippte. Der Champagner machte sie überraschend übermütig und kribbelte in der Nase. Daniela Grossi warf ihr immer wieder verführerische Blicke zu, die Allegra nicht ignorieren konnte. Die Tochter des Kardinals schien ernsthaft an Allegra interessiert zu sein. Und dabei hatte sie stets geglaubt, Luigi sei der Mann, dem Daniela ihr Herz geschenkt hatte â auch wenn diese Liebe mindestens genauso unmöglich war wie eine Schwärmerei für Alessandro Bandini.
Sie fuhr herum â und stand plötzlich Cristina della Visconti gegenüber, die leicht knickste.
âSignore, ich hoffe, ich störe nichtâ, sagte sie betont höflich.
Allegra musste sich zusammenreiÃen. Sie reichte Luigi das Champagnerglas und verneigte sich knapp vor der Contessa.
âSignora, ich ⦠Ihr â¦â
âSie ist die Contessa della Viscontiâ, mischte Luigi sich plötzlich ein, und Allegra warf ihm einen dankbaren Blick zu, weil er ihr so schnell zur Seite sprang. Ihr jüngerer Bruder schien nicht so beschwipst zu sein wie sie. AuÃerdem hielt er die Arme vor der Brust verschränkt und hatte die Stirn gerunzelt. Natürlich ⦠Ihm passte es nicht, wie Daniela Grossi seiner Schwester schöne Augen machte.
âContessa.â Allegra nickte.
âSignore ⦠Wie war noch Ihr Name?â
âAlessandro Bandiniâ, sagte Allegra. Nun fühlte sie sich plötzlich ernüchtert und sie war wieder wachsam. Was wollte Cristina della Visconti von ihr? Sie war auf der Hut â¦
âMein Begleiter und ich haben uns gefragt, ob Sie sich nicht zu uns gesellen wollen, Signore Bandini.â
Allegra wurde gleichzeitig heià und kalt. âIhr Begleiter?â
âDer Conte del Pirandelli.â
âDer Conte â¦?â Allegra schluckte. Sie kam sich langsam regelrecht dumm vor, weil sie alles, was Cristina della Visconti sagte, wie ein Papagei nachplapperte.
âJa, er wartet da vorne auf uns.â Cristina trat zwei Schritte näher. Sie stand nun direkt vor Allegra, die ihr schweres Parfüm riechen konnte. âUnter uns, Signore Bandini, ich muss den Conte aus seiner Lethargie reiÃen. Seit dem Tod seiner jungen Verlobten ist er nicht mehr derselbe. Die Trauer nimmt ihn schrecklich mit, und ich mache mir ernsthafte Sorgen um seine Gesundheit.â
Allegras Blick glitt durch den Raum und verharrte an der Nische, in der sie im Halbdunkeln eine hochgewachsene Gestalt mit breiten Schultern erahnte. Das Gesicht lag im Schatten, aber auch ohne sein Gesicht zu sehen, wusste sie, wie Matteo aussah. Sie hätte erblinden können und wäre dennoch jederzeit in der Lage gewesen, seine hohe Stirn, das dunkle Haar, die schwarzen Augen, das eckige Kinn, all das zu beschreiben, was ihn ausmachte. Selbst den Schwung seiner Ohrmuschel hätte sie mit ihrem Finger nachzeichnen können.
Die Gestalt im Schatten wich einen Schritt zurück.
Sie wusste, dass es Matteo war. Allegra blickte Cristina an und überlegte fieberhaft, welches Spiel diesmal mit ihr gespielt werden sollte. Würde Cristina sie wieder so vorführen wie bei der Verlobungsfeier? Würde sie mit Matteo ficken, während Allegra hilflos zum Beobachten verdammt war â wie damals im Buchladen? Würde sie Allegra endgültig in ihre Schranken weisen?
Aber warum sollte Cristina das tun? Hatte sie nicht schon längst gewonnen?
âBitte!â Etwas Flehendes lag in Cristinas Stimme, das Allegra aufhorchen lieÃ.
âWarum?â, fragte sie. âWarum ich?â
Einen Moment schwieg Cristina. Sie blickte zur Nische, und auch Allegra schaute herüber. Die Gestalt im Schatten bewegte sich. Nervös. Auch Cristina wirkte seltsam unruhig. Aber nicht so, als hätte sie einen groÃen Spaà vor, mit dem sie Allegra bis auf die Knochen blamieren wollte. Es
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