Die Macht der Dunkelheit
Augen. Er hätte zumindest gern mit ihr gesprochen, aber man hatte ihr ebenfalls den Übersetzer weggenommen.
Der hagere Vater der Jagd kletterte auf seinen hohen Stuhl, um den Vorsitz zu führen. Schwarzlicht war so verzweifelt über Schneefeuers Lage, daß er nur vereinzelte Worte der in archaischem Nggongganisch gehaltenen Anklage verstand: »... unerlaubtes Betreten der Heiligen Jagdgründe ... Totschlag eines Anderswelters, des Griffels Ooth Ansk ...« Dann hörte er überhaupt nichts, bis der Vorsitzende mit den Speer auf den Boden schlug. »Haben die Angeklagten etwas zu ihrer Verteidigung vorzubringen?«
»Ich«, rief Schwarzlicht. Beide Hände klammerten sich an die Gitterstäbe, und er blickte, so gut es in der Enge des Käfigs ging, zu Steinbrechers tätowiertem Gesicht auf. »Wir kamen als Menschenfreunde, als Beauftragte des Hilfswerks, hierher. Als solche steht uns diplomatische Immunität zu. Für Menschenfreund Schneefeuer und mich verlange ich die Rechte, die uns unter den Allgemeinen Vereinbarungen zugesichert sind.«
»Menschenfreund Schwarzlicht, wir hören deine Worte. Bedauerlicherweise müssen wir dir jedoch mitteilen, daß die Stadt- und Clanväter die Vereinbarungen, die dem Hilfswerk Sonderrechte und Immunität zugestehen, nicht mehr anerkennen. Ihr untersteht nun dem Clangesetz.«
»Dürfen wir wenigstens Xyr benachrichtigen?«
»Nicht, ehe ihr eure Strafe überstanden habt. Sollte es euch gelingen, die Oase des Asyls lebend zu erreichen, wird das Gericht eure Unschuld anerkennen und euch Unterstützung gewähren.«
»Ich bitte nicht um mich, aber habe Vater der Jagd Erbarmen mit Menschenfreund Schneefeuer. Sie ist ein zartes Mädchen aus einer geschützten, lebensfreundlichen Welt. Die Gerechtigkeit Nggonggas ist zu grausam für sie.«
»Wenn unsere Art zu grausam für sie ist, ist ihre es erst recht für uns.« Eisenbrechers Zähne glitzerten in der tätowierten Maske. »Die Weißen öffneten das Tor mit großen Versprechungen, was sie Gutes tun und bringen würden – und dann kamen sie, unseren Körper zu kaufen, unsere Seelen zu verderben, und sie säten die Eier ihrer Monsterwürmer, damit sie unsere Welt verschlingen. Wir kennen kein Erbarmen mehr, nur noch Gerechtigkeit. Die Jagd mag hart sein, doch die Regeln sind fair. Wir beschränken die Jäger auf drei und gestatten euch einen ganzen Tag Vorsprung, ehe der erste aufbricht. Wir versprechen euch die Freiheit, falls ihr Nggooth, die Oase des Asyls erreicht.«
Ein sarkastisches Grinsen verzog sein narbiges Gesicht. »Solltet ihr eure eigenen planetenverschlingenden Würmer als Hindernis finden, dann gebt dem Jagdclan nicht die Schuld für etwas, das ihr selbst heraufbeschworen habt.«
Er erhob die Stimme noch mehr. »Und jetzt, geschätzte Jäger, bietet für das Recht an der Jagd.«
»Vater der Jagd«, bat Schwarzlicht verzweifelt. »Dürften wir wenigstens unsere Übersetzer zurückhaben ...« Er erhielt keine Antwort.
Die interessierten Jäger kamen an die Käfige. Ein hochgewachsener kahlköpfiger Mann langte durch das Gitter und betastete Schneefeuer, die sich in dem engen Käfig nicht dagegen wehren konnte. Werkzeugmacher stapfte sichtlich verlegen hinter ihm her und murmelte auf nggonganisch eine Entschuldigung. Der bleiche Kahlkopf war vermutlich Goldschmied, nahm Schwarzlicht an.
Auch Dr. Vogeltöter kam in Begleitung seiner runzligen Klientin herbei.
Steinbrecher versteigerte die Rechte auf die Jagd. Sie gingen an Goldschmied und Rotblume in dieser Reihenfolge. Der dritte Jäger würde er selbst sein.
Ein Flugzeug brachte die beiden Gefangenen nach Tlootl Tloo, dem mythischen Horst des Tlys der Gerechtigkeit. In einer geräumigen Zelle wurden sie endlich aus den körperengen Käfigen befreit.
Als die Wärter sie alleinließen, lief Schneefeuer auf Schwarzlicht zu. Sie rief etwas, da wurde ihr erst klar, daß er sie ohne Übersetzer genausowenig verstehen konnte, wie sie ihn. Gegen ihren Willen begannen Tränen über ihre Wangen zu perlen.
Er hätte ihr so gern gesagt, daß sie nicht die Hoffnung aufgeben sollte. Als er sich auf seine Kämpfe in der Arena vorbereitete, hatte er längere Zeit mit den primitiven Windclanleuten gelebt, mit ihnen wilde Tlys gejagt und sich gegen Fastmenschen zur Wehr gesetzt. Ihr Gebiet war kaum weniger rauh und trocken gewesen als die Heiligen Jagdgründe. Aber er konnte nur ihren Namen murmeln und ihr mit Gebärden andeuten, sich auszuruhen.
Müde, wie sie war, schlief sie
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