Die Macht der Macht
waren durchweg einfacher gehalten und juristisch weniger stichhaltig.
Die Einsicht ist bestechend einfach: Je höher Ihre Position in der Hierarchie, desto größer ist Ihre formale Macht. Desto größer ist auch Ihre Verantwortung und, so sollte man meinen, desto sorgfältiger werden Sie mit der Macht umgehen. Der bereits zitierte Dacher Keltner resümiert die Ergebnisse seiner Forschungen jedoch wie folgt: Macht veranlasst Menschen dazu, impulsiv zu handeln, und schränkt unsere Möglichkeit, das Handeln anderer zu verstehen, stark ein. Macht verleitet Menschen dazu, ihren Wünschen und Impulsen zu folgen. Menschen mit Macht neigen dazu, andere Menschen in körperlich unangemessener Weise zu berühren, riskantere Entscheidungen zu treffen und sich generell dominant zu verhalten. In ihrem Verhalten zeigen sie Züge, die dem Verhalten von Soziopathen ähneln: Sie unterbrechen andere Menschen, vermeiden Blickkontakt, verhalten sich verletzend gegenüber Kollegen und auch gegenüber Freunden. Feldstudien zeigen immer wieder, dass die am wenigsten akzeptablen Verhaltensweisen – Beschimpfungen, Flüche, Angriffe und verbale Zumutungen – aus den Büros der Menschen mit wirklicher Macht im Unternehmen herausschallen. Dacher Keltner sieht starke Parallelen zwischen dem Verhalten mächtiger Menschen und dem von Patienten mit Schädigungen der Frontallappen – diese Schädigung führt zu impulsivem und nicht empathischem Verhalten.
Viele unterstellte Mitarbeiter bedeuten in den meisten Hierarchien auch Macht. Ihre Macht den Mitarbeitern gegenüber besteht im Gewähren oder Verwehren von Belohnungen jeglicher Art – von der besseren Ausstattung des Arbeitsplatzes über die Zuweisung bestimmter Aufgaben bis zur Beförderung. Und außerhalb Ihres eigentlichen Machtbereichs wächst Ihre Bedeutung natürlich mit der schieren Größe der Truppen, die Sie ins Feld führen. Das beginnt beim größeren Budget für den größeren Bereich und endet beim Ärger, den Sie mit der Zahl Ihrer Mitarbeiter verursachen können.
Neben der Macht durch die Kontrolle über Ressourcen kann Macht auch aus der Kontrolle über Informationen und Entscheidungsprozesse erwachsen. Aus einer Machtposition heraus kann ich den Weg vorgeben, auf dem Entscheidungsprozesse stattfinden. Sie können die Auswahl und den Fluss von Informationen kontrollieren, Sie bestimmen, wem Aufgaben übertragen werden und Sie entscheiden über die Qualität der erbrachten Leistungen. Sie bewerten Vorschläge und behalten sich das letzte Recht vor, ja oder nein zu sagen.
Der Vorstand oder die Geschäftsführung kontrolliert die meiste Macht im Unternehmen. Dort laufen alle Fäden zusammen, und wer in dieser Position seine Macht geschickt zu nutzen weiß, kann ohne Frage viel erreichen. Doch auch das mittlere Management verfügt über erhebliche Möglichkeiten. Gerade Manager auf den mittleren Ebenen schultern den größten Teil der operativen Verantwortung. Das weiß auch die oberste Führung und darum wird auf diesen Ebenen ein erheblicher Teil der Ressourcen mit allen dazugehörigen Möglichkeiten allokiert. Das ist schön für den Amtsinhaber, es ist aber auch erforderlich. Denn ein Manager mit operativer Verantwortung und ohne entsprechende Befugnisse wird seinen Aufgaben kaum gerecht werden. Ressourcen und Entscheidungsbefugnisse müssen den Erwartungen an die Leistung in Umfang und Tiefe entsprechen.
Diese Macht erfolgreich einzusetzen ist im Wesentlichen von der eigenen Position abhängig, von Ihrer Glaubwürdigkeit, von den Motiven, Glaubenssätzen und Einstellungen der anderen und von den sozialen Kompetenzen im zwischenmenschlichen Bereich.
Ihre Glaubwürdigkeit als Führungskraft bestimmt sich über zwei Faktoren: Da ist zum einen die Überzeugung von der eigenen Stärke – wie gut sind Sie als Chef legitimiert? Und zum Zweiten ist die tatsächliche Stärke der eigenen Machtposition entscheidend. Wie wichtig sindden Mitarbeitern die Belohnungen oder wie sehr fürchten sie Ihre Sanktionen? Brauchen Ihre Mitarbeiter tatsächlich Ihre Informationen und Ihre Unterstützung?
Viele Menschen sind beim Gebrauch ihrer Macht übervorsichtig, weil sie sich der Risiken zu sehr bewusst sind, und treten dann zögerlich auf. Macht verringert sich oder verschwindet sogar ganz, wenn Sie von ihr keinen Gebrauch machen. Sanktionen sind wertlos, wenn sie nur formuliert, aber nicht angewendet werden. Gleichermaßen sollten Sie nicht mit Sanktionen drohen, die Sie nicht
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