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Die Macht der Medusa

Die Macht der Medusa

Titel: Die Macht der Medusa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Kilometer, den die beiden zurücklegten, stieg auch die Spannung in ihnen an. Sie freuten sich auf die nächsten Stunden, und hätten sie gekonnt, dann hätten sie diesen Tag bestimmt verlängert. Sie wollten das große Wiedersehen feiern, denn sie wußten, daß Medusa sie erhören würde. Letztendlich hatten sich die drei gesucht und gefunden, um wieder zu einem Gorgonen-Trio zusammenschmelzen zu können. Nach der Tat waren sie in Miranda’s kleine Wohnung gefahren. Sie bewohnte nur zwei Zimmer in einem achtstöckigen Eckhaus, in dem sich kaum ein Mieter um den anderen kümmerte. Es war Miranda sehr recht. Sie mochte es nicht, wenn sie unter Beobachtung stand. So konnte sie schalten und walten wie sie wollte.
    Beide hatten sich umgezogen. Dünne T-Shirts, darüber die kurzen Lederwesten in Ochsenblutfarbe. Durch das neue Outfit wirkten sie wie Geschwister, und so fühlten sie sich auch. Sie waren verwandt und zugleich seelenverwandt.
    Die Beine wurden ebenfalls von engen Hosen umschlossen, die allerdings relativ luftig waren, da sie an den Außenseiten der Beine geschnürt werden mußten.
    Öfter hatten sie sich während der Fahrt zugelächelt. Verschiedene Gedanken bewegten sie, doch im Prinzip waren sie gleich. Es drehte sich alles um das große Ziel, das an diesem Tag, spätestens aber am Abend, erreicht werden sollte.
    Die Frauen hörten Musik. Miranda fuhr. Das Verdeck war zurückgeklappt. Auf dem Beifahrersitz hatte es sich Alina bequem gemacht und genoß die Fahrt und besonders den warmen Wind, wenn er ihre Haare aufwühlte. Dann hatte sie den Eindruck, zu einer echten Medusa zu werden, denn aus den Haaren wurden Schlangen, die mit nicht vorauszuberechnenden Bewegungen ihren Kopf streichelten.
    Sie mochte das Leben. Seit dem gestrigen Abend besonders, als es ihr gelungen war, die letzte Last über Bord zu werfen. Es gab keinen Rob Gilmore mehr. Nur noch ein versteinertes Stück Mensch ohne Augen, das die Polizei vor ein Rätsel stellen würde.
    »Dir geht es wunderbar, nicht?« fragte Miranda.
    Alina lachte. »Und ob.« Sie lachte noch einmal, und der Wind schaufelte den Klang über den Wagen hinweg. »Wir sind auf dem besten Weg. Ich fühle mich erlöst. Der Druck ist weg. Warum sollte es mir denn schlechtgehen?«
    »Das wollte ich nur wissen.«
    Alina schloß die Augen. »Mal ehrlich. Glaubst du, daß sie uns mag oder liebt?«
    »Medusa? Natürlich. Sie braucht uns. Sie braucht uns ebenso wie wir sie.«
    »Dann bin ich zufrieden.«
    »Quält dich Zweifel?«
    »Manchmal schon.«
    »Unsinn, Alina, vergiß sie. Wir werden das Gorgonen-Trio der neuen Zeit. Die Medusen des Millennium. Alles kehrt zurück, denn alles befindet sich in einem Kreislauf. Die Dinge, die vorbei sind, verschwinden zwar, aber sie sind nicht vergessen. Irgendwann kehren sie in einer anderen und manchmal leicht veränderten Form zurück. Aber im Prinzip sind sie gleich geblieben.«
    »Das hast du toll gesagt. Ich mag es, wenn du so redest.«
    »Die Wahrheit auszusprechen, ist in diesem Fall nicht schwer. Außerdem sind wir bald da.«
    Alina öffnete die Augen wieder und stellte fest, daß ihre Freundin recht hatte. Sie fuhren relativ nah an der Themse entlang. Der Fluß war zu riechen, weil die Luft schon drückte. In der Schwüle, die von einem brütenden Sonnenlicht durchdrungen wurde, waren nur wenige Biker und Fußgänger unterwegs. Dafür hatten sich in den Auen rechts und links der Straße die Mücken gesammelt und führten innerhalb der dunklen Wolken ihre Tänze auf. Wegweiser wiesen zu den kleinen oder größeren Ausflugslokalen, die auch von weiter entfernt wohnenden Gästen angefahren wurden, weil sie eben die so modern gewordenen Biergärten besaßen und man die Themse so wunderbar beobachten konnte.
    Die beiden Frauen hatten mit der Idylle nichts zu tun, denn schon bald bog Miranda nach Süden hin ab, in Richtung eines Ortes, der eigentlich kein richtiges Dorf war, der allerdings einen Namen besaß und Mainville hieß.
    Allmählich verlor die Gegend ihre sommerliche Heiterkeit. Das Grün wurde dunkler und feuchter. Auch die normale Straße verließen sie jetzt und fuhren über einen schmalen Weg, dessen Beschaffenheit dem Wagen hart zusetzte und ihn manchmal wie ein Schiff schaukeln ließ.
    Dieses kleine Gebiet zog kaum Menschen an. Es war immer irgendwie feucht und deshalb auch eine Brutstätte für Mücken. An den alten Löschteich erinnerten sich auch nur die wenigsten. Er lag inmitten der waldreichen Umgebung wie eine

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