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Die Macht der Steine

Die Macht der Steine

Titel: Die Macht der Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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haben Tänze, Dramen, Lustspiele. Oder du kannst dich ins Unterrichtsnetz einloggen.«
    »Sicher. Alles.« Es war ein Gefängnis, egal, wie schön oder befristet der Aufenthalt war. Kahn oder sonst jemand hatte ihn hereingelegt; die Tür ließ sich nicht öffnen. Er saß in der Falle. Er kämpfte einen Anfall von Panik nieder. Er wußte nicht das geringste von Städten. Was, wenn sie sich in Bewegung setzte? Er hatte nie eine Stadt auf dem Marsch gesehen. Wie würde sie einen Raum transportieren? Ihn abbauen oder verkleinern, mit ihm als Inhalt?
    »Vergiß es«, befahl er sich selbst.
    »Vergiß was, Sir?« fragte das Stadt-Teil.
    »Nichts.«
    Er erhob sich aus dem Sessel und ging zum Tisch. »Ich habe Hunger.« Das Stadt-Teil erkundigte sich nach seinen Wünschen, und als das Mahl aufgetragen war, erschien ein neues Dekor auf dem Tisch. Arthur schaute unter die Tischplatte, aber sie hatte eine Stärke von höchstens einem Zentimeter. Noch etwas, das er nicht enträtseln konnte.
    Er bediente sich aus einer Schale mit Obst und etwas, das an Käsescheiben erinnerte, die jedoch cremiger waren als die ihm bekannten Käsesorten. Als er in einen Apfel biß, spürte er Blicke auf sich ruhen. Er drehte sich um.
    In der Mitte des Raums stand eine Frau. Sie war in ein langes grünes Gewand gekleidet, und ihr Haar war grau, dicht und strähnig. Er konnte durch sie hindurchsehen. Ein Stern leuchtete auf ihrer Stirn. Es war die Frau, die auf dem Stuhl ganz oben im Turm gesessen hatte… es war Reah.
    Er legte den Apfel auf den Tisch. Diesmal, dessen war er sich sicher, schaute sie ihn an. Ihr Mund bewegte sich, als ob sie ihm eine Frage stellen wollte, aber es ertönte kein Laut. Er wich zurück. Sie hob den Arm, spreizte die Finger und lächelte. Er hatte fürchterliche Angst. Ascoria hatte zwar gesagt, sie sei tot, aber das war nicht nur ein Zaubertrick oder eine Projektion. Sie sah ihn an, folgte ihm mit den Augen!
    »Wer ist das?« fragte er, wobei er die Worte über eine knochentrockene Zunge schob.
    »Wer ist wer?« fragte das Stadt-Teil zurück.
    »Dort«, sagte er und wies in die entsprechende Richtung.
    Die Frau schüttelte den Kopf und legte einen Finger auf die Lippen. Von ihrer Transparenz und Stummheit abgesehen war sie keinen Deut weniger lebendig als er selbst. Akkurat formte sie ein Wort, das er ihr von den Lippen ablesen konnte:
    Willkommen.
    »Danke«, sagte er. Der Raum war übersichtlich. Er konnte sie von seiner Ecke aus sehen, und er hatte nicht vor, ihr den Rücken zuzuwenden – also mußte er sich behaupten und das Beste aus der Situation machen.
    Woher? Sie zeigte mit einem knochigen Finger. Woher kommst du?
    »Neu-Kanaan«, erwiderte er zögernd. Bevor sie sich ganz auflöste, ging sie auf eine Wand zu – und schritt durch sie hindurch.
    »Jesus, Jesus«, sagte Arthur leise. Erneut nahm er die Frucht und musterte sie dann lange und intensiv. Vielleicht sollte er am besten überhaupt nichts essen. Seine Großmutter hatte ihn nämlich über den Verzehr von Früchten aufgeklärt, die an Geisterpfaden reiften, und daß man davon selbst zum Geist werden könne. Diese Möglichkeit hatte er bisher noch gar nicht berücksichtigt. Es gab vielleicht noch eine Menge anderer Gefahren, von denen er nichts wußte. Die Panik meldete sich zurück. Er schlug die Arme um den Körper und setzte sich auf einen kleinen Stuhl in der Nähe des Tisches, wobei ihm Tränen in die Augen stiegen und sein Magen knurrte.
    Er beschloß sich hinzulegen. Er schlief fast augenblicklich ein. An der Grenze zum Traum spürte er eine liebevolle Berührung in seinem Kopf. Dann, mit einer Erfahrung von fünfundsiebzig Jahren, machte sich das Unterrichtsnetz der Stadt an die Arbeit.
    Arthurs Träume waren nur verschwommen, und einer davon war besonders merkwürdig. Er sah Jeshua, und neben Jeshua eine andere Gestalt mit feuerrotem Haar, die Ähnlichkeit mit dem Kopf aufwies, den der Cyborg mit sich herumgetragen hatte. Aber der Kopf hatte jetzt einen Körper, und in seiner Stirn funkelte das helle Licht eines Sterns.
     
    Jeshua und Thinner wurden auf einem Wagen an Regalen mit Ersatzteilen vorbeigefahren. Die Kammer war groß und düster. Jeshua erblickte endlose Reihen mit menschlichen und tierischen Cyborg-Körpern, wie in einer Leichenhalle – wie die Kammer, die er an seinem ersten Tag in Mandala aufgesucht hatte. Die Körper waren in den Regalen in aufrechter Position fixiert und wurden über Schläuche ernährt. Die meisten befanden

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