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Die Macht des Zweifels

Titel: Die Macht des Zweifels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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davon, die Handtasche fest unter den Arm geklemmt.
    Â»Warten Sie«, ruft Caleb. Er atmet tief durch. »Ist … ist Nina damit einverstanden?«
    Monica lächelt ihn freundlich an. »Was meinen Sie wohl, wer mich gebeten hat, Ihnen Bescheid zu sagen?«

    Peter ist bereit, mich im Bezirksgericht zu treffen, wo ich die einstweilige Verfügung aufheben lassen will. Der ganze Vorgang dauert lediglich zehn Minuten, einmal Abstempeln, und der Richter stellt bloß eine einzige Frage: Wie geht es Nathaniel?
    Als ich unten in die Halle trete, kommt Peter gerade durch die Eingangstür geeilt. Er läuft auf mich zu, mit besorgter Miene. »Ich bin so schnell gekommen, wie ich konnte«, keucht er atemlos. Sein Blick huscht zu Nathaniel, der meine Hand hält.
    Er denkt, ich brauche ihn, um die Buchstaben des Gesetzes für mich zu verdrehen, um das kalte Herz eines Richters zu erweichen, um irgend etwas zu tun, das die Waage der Gerechtigkeit in meine Richtung ausschlagen läßt. Plötzlich ist es mir peinlich, daß ich ihn angerufen habe.
    Â»Was ist los?« will Peter wissen. »Egal was, Nina.«
    Ich schiebe die Hände in die Manteltaschen. »Eigentlich wollte ich bloß eine Tasse Kaffee mit dir trinken«, gestehe ich. »Ich wollte für fünf Minuten das Gefühl haben, daß alles wieder so ist, wie es mal war.«
    Peters Blick ist wie ein Scheinwerfer, der tief in meine Seele leuchtet. »Das kann ich auch«, sagt er und hakt sich bei mir ein.

    Als Patrick das »Tequila Mockingbird« betritt, sind alle Plätze an der Bar besetzt, aber der Barkeeper sieht ihn nur einmal kurz an und bittet dann einen Geschäftsmann, sich doch mit seinem Drink an einen der Tische zu verziehen. Patrick hüllt sich in seine düstere Stimmung wie in einen Umhang, setzt sich auf den frei gewordenen Hocker und winkt Stuyvesant heran. Der gießt ihm unaufgefordert das Übliche ein, Glenfiddich. Aber dann reicht er Patrick die Flasche und behält das Glas Scotch hinter der Bar. »Nur für den Fall, daß noch ein Gast was Starkes will«, erklärt Stuyvesant.
    Patrick betrachtet zunächst die Flasche, dann den Barkeeper. Er knallt seine Autoschlüssel auf die Theke, ein fairer Tausch, und nimmt einen großen Schluck Whisky.
    Mittlerweile ist Nina im Gericht gewesen und wieder zurück. Vielleicht hat Caleb es rechtzeitig zum Abendessen nach Hause geschafft. Vielleicht haben sie Nathaniel früher als sonst ins Bett gebracht und liegen jetzt, in diesem Moment, nebeneinander in der Dunkelheit.
    Patrick greift wieder zur Flasche. Er war schon in ihrem Schlafzimmer. Ein großes Ehebett. Wenn er mit ihr verheiratet wäre, würden sie in einem schmalen Bett schlafen. Er würde ihr ganz nah sein wollen.
    Er war selbst drei Jahre verheiratet, weil er gedacht hat, daß man ein Loch, das man vergessen wollte, auffüllen müßte. Ihm war nicht klar gewesen, daß es alle möglichen Füllungen gab, die zwar Raum einnahmen, aber keine Substanz hatten. Die ihm nicht das Gefühl von Leere nahmen.
    Es war nun einmal so: Nina hatte ihm jede andere Frau verdorben.

    Nathaniel liegt im unteren Bett, als ich ihm vor dem Einschlafen noch etwas vorlese. Plötzlich fährt er hoch und fliegt beinahe durchs Zimmer zur Tür, wo Caleb steht. »Du bist wieder zu Hause«, sage ich, aber er hört mich nicht.
    Als ich Nathaniel und Caleb so zusammen sehe, würde ich mich am liebsten ohrfeigen. Wie konnte ich nur glauben, daß Caleb seinem Sohn etwas Böses angetan hat?
    Plötzlich ist das Zimmer zu klein für uns drei. Ich ziehe mich zurück, schließe die Tür hinter mir. Unten in der Küche spüle ich das Besteck, das eigentlich schon sauber ist. Ich sammle Nathaniels Spielsachen vom Boden auf. Ich setze mich im Wohnzimmer auf die Couch, stehe wieder auf und arrangiere die Kissen.
    Â»Er schläft.«
    Calebs Stimme geht mir durch Mark und Bein. Ich drehe mich um, die Arme vor der Brust verschränkt. Wirkt das zu abwehrend? Ich lasse sie herabsinken. »Ich bin … ich bin froh, daß du wieder da bist.«
    Â»Wirklich?«
    Sein Gesicht ist ausdruckslos. Caleb tritt aus dem Schatten und kommt auf mich zu. Einen halben Meter vor mir bleibt er stehen, aber es könnte auch ein ganzes Universum zwischen uns sein.
    Ich kenne jede Linie in seinem Gesicht. Die eine, die sich im ersten Jahr unserer Ehe eingegraben hat, vom

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