Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Madonna von Murano: Historischer Roman (German Edition)

Die Madonna von Murano: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Madonna von Murano: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
Vom Netzwerk:
erhob sich von dem Schemel, auf dem sie gesessen hatte, und fing an, ruhelos im Zimmer auf und ab zu laufen. Ihr Fuß stieß gegen ein Stück Seife, und achtlos trat sie es unters Bett. Herkules, der das für ein neues Spiel hielt, flitzte sofort hinterher, um den Gegenstand zu suchen.
    »Wir haben doch schon so oft darüber gesprochen«, sagte Sanchia. »Du musst Geduld haben. Lorenzo hat versprochen, dass er mit deinem Großvater spricht, sobald er aus Neapel zurück ist.«
    »Das dauert noch Wochen«, rief Eleonora wütend aus. »Ich will Pasquale aber jetzt heiraten! Du hast gesagt, Lorenzo nimmt den Taubenschlag auf seinen Reisen mit! Und die weißen Tauben sind oben auf dem Dach, ich habe nachgeschaut! Warum schickst du ihm keinen Brief?«
    Herkules kroch mit der Seife unterm Bett hervor und legte sie seiner Herrin vor die Füße, um sich gleich darauf winselnd an Sanchias Beine zu drücken, weil ihm der ätzende Schaum in die Nase biss. Eleonora hob die Seife auf und schleuderte sie so heftig in den Zuber, dass das Wasser bis an die Decke spritzte. »Ich will den Dispens! Ich will ihn!«
    »Manchmal kriegt man nicht, was man will«, versetzte Sanchia ruhig, aber mit einer Spur von Ärger. »Da hilft auch alle Wut nichts.«
    Sie hatten das Thema schon mehrere Dutzend Male durchgekaut. Annunziata als Leiterin des Klosters würde zustimmen, ebenso der gutmütige greise Pater Alvise. Aber der unverzichtbare Dritte im Bunde, Eleonoras und Lorenzos gemeinsamer Großvater, war allem Anschein nach eine uneinnehmbare Bastion.
    »Wenn er tot wäre, hätte ich es leichter«, sagte Eleonora verbittert. »Er ist schon zweiundneunzig und kann kaum noch laufen! Ich glaube, er ist nur noch da, um mir das Leben schwer zu machen!«
    Die letzte Option war die Flucht und eine heimliche Heirat, doch das bedeutete zwangsläufig nicht nur den Verstoß aus dem Orden, sondern auch Exkommunikation. Dass Pasquale sich damit auch nach den weltlichen Gesetzen strafbar machte, wäre eine weitere unangenehme Folge einer solchen Tat. Um nicht ins Gefängnis zu wandern, würden sie beide aus Venedig fliehen müssen, was ihm wiederum als Glasmacher unter Androhung der Todesstrafe verboten war.
    Wie man es auch drehte und wendete, es war alles äußerst vertrackt.
    »Wäre er tot, würden andere darüber entscheiden können.« Eleonora blieb plötzlich wie angewurzelt stehen. »Ich weiß, wie wir es machen! Es ist ganz einfach! Warum ich nicht gleich darauf gekommen bin! Du wirst es nie erraten!«
    »Wahrscheinlich nicht«, meinte Sanchia, von einer unguten Vorahnung erfüllt. »Ich hoffe, du planst nicht, den Alten aus dem Weg zu schaffen.«
    »Du lieber Himmel, nein. Lorenzo wird mich heiraten.«
    Sanchia zuckte verblüfft zusammen.
    »Natürlich nicht in Wirklichkeit«, meinte Eleonora eilig. »Er wird nur so tun, als ob. Er wird bei Großvater um meine Hand anhalten und behaupten, dass er mich über alles liebt. Dass er mich unbedingt zu seiner Ehefrau machen will. Seine Mutter …« – bei diesen letzten beiden Worten kräuselte sich ihre Oberlippe in leiser Verachtung – » …wird mit dem nötigen Nachdruck dahinterstehen, denn wenn jemand diesen alten Gichtkrüppel überzeugen kann, dann noch am ehesten seine Lieblingstochter.« Eifriger setzte sie hinzu: »Die Mitgift wäre kein Hindernis. Lorenzo würde sich mit einer winzigen, eher symbolischen Summe zufriedengeben, weil er mich so sehr liebt, dass ihm Geld völlig egal ist.«
    Sanchia musste zugeben, dass der ganze Vorschlag nicht allzu abwegig klang. Eleonora hatte in der Vergangenheit schon weit weniger plausible Ideen kundgetan. Dennoch fand sie die Vorstellung, dass es so ablaufen könnte, alles andere als bestrickend.
    »Und dann? Soll er deinen Großvater zum Patriarchen schleifen? Oder wie stellst du dir das vor?«
    »Das wäre nicht nötig. Ein ausführliches, gut begründetes Schreiben meines Großvaters würde sicher mehr Eindruck machen. Lorenzo müsste sein Anliegen selbst vortragen, und zwar mit der nötigen Überzeugungskraft. Das ist ja eine Sache, die ihm wirklich liegt, wie jedermann weiß.« Eleonora furchte angestrengt die Stirn. »Vielleicht würde es sich unterstützend auswirken, wenn sein Vater mitginge. Der ist immerhin außerdem noch mein Onkel. Und obendrein ein hohes Tier im Zehnerrat.« Ihre Augen leuchteten. »Einer Bitte des Rats hat das Patriarchat sich noch nie widersetzt! Ich bekomme meinen Dispens – und werde sofort Pasquale

Weitere Kostenlose Bücher