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Die Mächte des Feuers

Die Mächte des Feuers

Titel: Die Mächte des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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seinen blauen Augen gefangen, konnte dem Blick nicht mehr ausweichen.
    »Sie werden ruhig, Großmeisterin«, sagte er mit tiefer, leiser Stimme. »Atmen Sie langsam ein und aus, schließen Sie die Lider und«, er wartete, bis sie die Augen geschlossen hatte, »denken Sie dabei an einen Flug mit dem Luftschiff. Um Sie herum ziehen die Wolken vorbei, es ist ein strahlender Tag. Sie sind allein in der Kanzel, niemand stört Sie bei Ihren Gedanken.«
    Silena zögerte, sich auf die beschworenen Bilder einzulassen, doch ihr Widerstand verschwand, je mehr sie von der faszinierenden Stimme vernahm. Sie wurde ruhiger, während sie in ihrer Vorstellung in die Lüfte aufstieg.
    »Sie öffnen den Ausstieg, holen tief Luft und machen einen Schritt auf die nächste Wolke. Sie ist weich und federt unter Ihren Sohlen wie eine saftige, frische Wiese. Sie laufen am Himmel entlang und schauen zurück, nehmen eine der Leinen des Luftschiffs, die von der Nase herabhängen, und ziehen es hinter sich her. Dann legen Sie sich hin, auf den Bauch, und betrachten durch eine Lücke die Erde unter Ihnen, bis die Sterne rings um Sie aufziehen. Sie können sogar einen davon berühren, wenn Sie möchten. Er ist warm und pulsiert, und er leuchtet sogar, sobald Sie ihn anfassen. Dann wird es Zeit, in das Luftschiff zurückzukehren. Ich zähle rückwärts bis eins, und dann werden Sie die Augen öffnen. Zehn…«
    Als Grigorij eins sagte, öffnete Silena die Lider. Sie lag mit dem Bauch nach unten auf dem Tisch, er stand vor ihr und trocknete eben seine Hände an einem Tuch; das Wasser in der Schüssel war rot. Blut – ihr Blut! Neben ihr lag das Stützkorsett, das rot und feucht glitzerte, daneben ruhten ihr seidener Büstenhalter sowie ihr Uniformhemd.
    »Begehen Sie nicht den Fehler aufzuspringen, Großmeisterin«, warnte er sie. »Die Naht war gerissen. Dieser Wagner hat keine große Erfahrung, was das Nähen von Fleisch angeht.«
    »Ich … mein Spaziergang«, sagte sie heiser. »Ich war nicht…«
    Er lächelte. »Es hat Ihnen den Schmerz erspart, Großmeisterin. Hypnose.« Er reichte ihr den Büstenhalter. »Um Sie zu beruhigen: Den habe ich Ihnen erst ausgezogen, nachdem Sie sich auf die Wolke gelegt haben. Ich habe also nichts von Ihren Brüsten gesehen.« Es klang bedauernd.
    Silena versuchte sich zu erinnern. »Das ist… Ich kann mich nicht erinnern, mich ausgezogen und hingelegt zu haben«, sagte sie nach einer Weile und spürte den Schmerz, das Klopfen der frisch behandelten Verletzung. »Und die Bilder waren echt. Als wäre ich tatsächlich spaziert.« Sie lächelte. »Es war wunderschön.« Dann wurde sie sich bewusst, dass Grigorij in diesem Zustand alles mit ihr hätte anstellen können, sie dazu gebracht hätte mitzumachen. »Eine sehr gefährliche Gabe«, befand sie und nahm den Büstenhalter an sich, legte ihn um, ohne ihn zu schließen, und richtete sich vorsichtig auf.
    Grigorij wandte sich um und reichte ihr blind ein frisches Hemd. »Das ist von Patron.«
    »Hat er mich…?«
    »Nein, Großmeisterin. Er hat Sie nicht nackt gesehen. Die Nähte und der Verband sollten halten.« Grigorij bewegte sich auf den Tisch mit den Büchern zu.
    Silena wollte sich ankleiden, doch der Verband spannte zu sehr. Sie fürchtete, dass die Naht erneut aufgehen könnte. Daher rief sie ihn zurück. »Würden Sie mir helfen, bitte?«
    Er wandte sich um, kam mit geschlossenen Augen auf sie zu und fasste zielsicher nach den Verschlüssen des Büstenhalters, als sähe er sie. Dann streifte er ihr das Hemd über und begann mit dem untersten Knopf in der Reihe. Seine Finger bewegten sich langsam, zitterten nicht, doch wirkten sie für einen Mann, der Dutzende Frauen in seinem Leben entkleidet hatte, seltsam ungeschickt.
    Als er auf der Höhe ihrer Brüste angelangt war, sah er Silena in die grünen Augen. Er schluckte, sah sie wieder in dem Zimmer, wie sie die Strumpfbänder anzog. »Ich habe wirklich nichts getan, was Sie desavouieren würde«, flüsterte er.
    Silena bewegte sich nicht. Aus der erbetenen Hilfeleistung erwuchs Ungeahntes, sowohl bei ihr als auch bei ihm.
    »Ich weiß«, gab sie heiser zurück und forderte ihn mit einem Augenaufschlag auf fortzufahren. Es kribbelte in ihrem Magen, sie sehnte sich nach einer Berührung. Sie war beinahe enttäuscht, als er zurücktrat und murmelte:
    »Fertig.« Hastig ging er zum Tisch, wo der Kaffee stand.
    Silena rutschte vom Tisch, ihre Gefühle waren hoffnungslos in Aufruhr. Rasch setzte sie sich,

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