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Die Maechtigen

Titel: Die Maechtigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brad Meltzer
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70 000 in Nagasaki. Und bis heute gilt dieser Mann als der einzige Japaner, der beide Atomexplosionen überlebt hat. Zwei Atombomben«, sagt er und schüttelt den Kopf, während er weiterhin auf das Messer in seiner Hand starrt. »Man kann das vielleicht nicht vergleichen, Beecher, aber ich sage Ihnen, es gibt in diesem Leben solche Tage. Für jeden von uns.«
    Ich nicke höflich und hoffe, dass er einfach weiterredet. Die Anzeige auf mein Telefon sagt, dass der Anruf jetzt vier Minuten und siebenundzwanzig Sekunden dauert. Falls Dallas und sein Culperring wirklich so gut sind, wie ich vermute, muss die Kavallerie jeden Moment um die Ecke galoppieren.
    Jetzt hat der Mann hinter mir aufgehört, mir seine zitternden Knie in den Rücken zu bohren.
    »Für mich war es dieser verregnete Abend damals«, fügt er hinzu und spricht jetzt immer schneller. »Ich wusste es sofort, als sie ihn hereinbrachten. Vergiss das Blut und die Knochensplitter, die sie ihm angeblich ins Hirn getrieben hat …«
    Sie? Hat er gerade sie gesagt?
    »… ich habe es den Blicken der Jungs sofort angemerkt. Sie waren nicht nur erschrocken oder reumütig. Der Schmerz in ihren Blicken war wie … als wüssten sie, dass sie Gott nie wieder gegenübertreten könnten.« Er blickt von der geraden Klinge des Messers hoch. Seine Augen sind blutunterlaufen. »Haben Sie jemals das Opfer einer Gewalttat aus der Nähe erlebt, jemand, der vergewaltigt wurde oder zusammengeschlagen oder auch nur beraubt? Diese Tiefe ihres Entsetzens … Man spürt ihren Schmerz durch jede Pore ihrer Haut. Ich wollte es nicht zugeben, aber in jener Nacht … das war mein Hiroshima da direkt vor mir.«
    Bei seinen letzten Worten spüre ich am ganzen Körper die Verzweiflung, die ihn gepackt hat und ihm aus allen Poren strömt. Er hat keine Wahl. Es gibt jetzt für ihn nur noch eine Möglichkeit, mich zum Schweigen zu bringen. Ich werfe einen Blick auf die Lieferantenzufahrt, die vom Haupteingang bis hierher führt. Wo bleibt die Kavallerie? Wenn ich jetzt zu fliehen versuche, erwischt er mich mit dem Messer. Ich lasse meine Hände am Lenkrad, während ich mit dem Blick zwischen den Sitzen … auf dem Boden … nach einer Waffe suche.
    »Das Schlimmste war, wie leicht man es vertuschen und unter den Teppich kehren konnte. Nicht nur die Sache mit Griffin. Auch mit ihr. Das mit dem Schlaganfall …«
    Schlaganfall? Ich denke kurz nach. Er hat ›ihr‹ gesagt. Meint er etwa …?
    »Sie haben es auf das Turner-Syndrom geschoben. Aber wenn jemand den Schlauch vom Staubsauger abmontiert, das eine Ende am Auspuff des Honda Civic ihrer Familie befestigt und das andere Ende ins Fenster auf der Fahrerseite klemmt? Das hat nichts mit Turner-Syndrom zu tun. Das ist Sühne«, fährt er fort. »Palmiotti hat sie erst nach vier Stunden gefunden. Ich finde es nach wie vor ein Wunder, dass sie überhaupt überlebt hat.«
    Meine Brust fühlt sich hohl an, als wären alle Organe verschwunden, und ich bekomme keine Luft mehr. Die ganze Zeit haben wir angenommen, Wallace würde sich selbst schützen. Tatsächlich jedoch versucht er, sie zu beschützen. Seine Schwester. »Sie wollen behaupten, dass … Minnie Wallace diejenige gewesen ist … dass sie versucht hat …?«
    »Sie hören mir nicht zu! Sie müssen mir zuhören!«, fährt er mich an und verzieht das Gesicht vor Schmerz. »Ich war nur der Fahrer. Ich habe nichts getan … Ich wollte ihnen helfen … Es waren doch noch Kinder …«
    »Dann hören Sie mir jetzt auch einmal zu«, falle ich ihm ins Wort und versuche, im Rückspiegel Augenkontakt mit ihm aufzunehmen. »Wenn das wirklich stimmt, müssen Sie Ihre Geschichte erzählen. Sie haben nichts zu befürchten. Schließlich haben Sie ja nichts Ungesetzliches getan.«
    »Das habe ich nicht«, bestätigt er, aber sein Gesicht verzieht sich immer stärker vor Schmerz. »Ich habe sie nur zum Krankenhaus gebracht. Und dort haben sie mir erzählt, Griffin sei gestorben.«
    »Sehen Sie! Nur das zählt«, erwidere ich. In so einer Lage muss man seinem Gegenüber immer zustimmen. Je weiter ich ihn auf meine Seite ziehen kann, desto mehr Zeit gewinne ich. »All diese Jahre … hatten Sie keine Ahnung.«
    »Das stimmt … Ich war nur der Fahrer. Woher sollte ich wissen, dass sie ihm einen falschen Namen gegeben und ihn hierher verlegt haben, nachdem Wallace seinen Sitz im Senat errungen hat. Sie haben mir erzählt, er sei tot.«
    »Eben, man hat Ihnen gesagt, er sei tot. Mehr wussten Sie nicht, nicht

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