Die Mädchen (German Edition)
Wahrscheinlichkeit nicht um ein typisches Sexualdelikt
handelt.“
Almut schüttelte den Kopf.
„Entschuldigung, was heißt das? Sina ist nicht vergewaltigt worden?“
„So ist es.“
Sie schlug die Hände vors Gesicht
und brach in Tränen aus. Es war paradox, aber sie konnte es nicht ändern. Sie
fühlte sich erleichtert. Wenigstens das war ihrem Mädchen erspart geblieben.
„Was bedeutet das?“ Judith meldete
sich das erste Mal zu Wort.
„Das wissen wir auch noch nicht,
aber da sie nackt gefunden wurde, gehen wir davon aus, dass ein
Sexualverbrechen vorgetäuscht werden sollte.“
Was sagte er da? Almut nahm ihre
Hände vom Gesicht und griff nach einer Packung Taschentücher, die auf dem Tisch
lag.
„Aber kann es nicht sein, dass der
Täter vielleicht überrascht wurde?“
„Wie gesagt, etwas Genaueres können
wir noch nicht sagen. Aber wir können nicht mehr ausschließen, dass der Mörder
Ihre Tochter gekannt hat.“
Sie glaubte nicht, was sie da
hörte. Wollte er ihnen allen Ernstes weismachen, dass jemand aus ihrer Familie
oder ihrem Freundeskreis für ihren Tod verantwortlich war? Das Klingeln des Telefons
hinderte sie an einer passenden Erwiderung. Sie schnappte sich den Hörer.
„Ja?“
„Almut, wie schön, deine Stimme zu
hören.“
Ihre Hand verkrampfte sich um den
Hörer. „Falsch verbunden“, sagte sie und drückte ihn weg. Wie lange sollte das
noch so weitergehen? Warum konnte er sie nicht einfach in Ruhe lassen? Machte sie
nicht schon genug durch?
„Wir haben eben mit Sinas
Handballtrainer und den Mädchen dort gesprochen. Wussten Sie, dass Sina seit
zwei Monaten nicht mehr dort gewesen ist?“
Almut starrte ihn an. „Was?“
„Also nicht. Ja, es sieht so aus,
als hätte Sina das Training als Ausrede benutzt, um in Wahrheit was ganz
anderes zu tun.“
Almut konnte kaum glauben, was sie
da hörte. Das klang ja, als ob Sina schon seit längerem in seltsame Dinge
verwickelt gewesen wäre. Wurde sie deshalb ermordet?
„Und was soll das gewesen sein?“
„Das gilt es herauszufinden.“
„Frau Keller“, wandte Funke sich an
Judith. „Wann sagten Sie, haben Sie Ihre Schwester das letzte Mal gesehen?“
„Judith bitte. Und ich hab Sie doch
heute Morgen schon gebeten, mich zu duzen. Sonst hab ich das Gefühl, Sie reden
mit meiner Mutter. Es war so gegen halb zwei, vielleicht etwas später. Wir sind
uns hier kurz über den Weg gelaufen, bevor ich dann zu meinem Freund gefahren
bin. Also, um genau zu sein, war ich erst noch kurz bei einer Freundin, um ihr
ein Buch für die Schule zu bringen.“
„Und deine Schwester blieb hier?“
Sie zuckte mit den Achseln. „Keine
Ahnung. Sie war zumindest noch hier, als ich ging.“
„Hat sie irgendetwas gesagt? Was
sie vorhat oder so?“
„Nein. Ich hab eigentlich gedacht,
dass Birthe jeden Moment rüberkommen würde, um etwas zu essen zu bringen.“
Das Telefon klingelte erneut und
Almut drückte das Gespräch sofort weg. „Jetzt nicht“, sagte sie zur
Bekräftigung. Sie musste ja den Beamten nicht darauf aufmerksam machen, dass
mit diesen Anrufen etwas nicht stimmte. Unauffällig stellte sie den Hörer auf
lautlos. So, jetzt konnte er anrufen so viel er wollte.
„Und nachdem du bei deiner Freundin
warst, bist du zu deinem Freund gefahren?“ Funke sah erst zu ihr und dann
wieder zu ihrer Tochter hinüber. „Kannst du mir seinen Namen geben?“
„Wozu brauchen Sie den?“
Almut war erstaunt über den Ton in
ihrer Stimme. Warum gab sie ihm nicht einfach den Namen?
„Bitte, Judith. Wie heißt er?“
„Bent Masio.“
Bei der Erwähnung des Namens zuckte
Almut unwillkürlich zusammen. Wie konnte ihre hübsche Tochter sich nur mit
diesem Oberproll abgeben? Was war da schief gelaufen?
Funke notierte Namen und Adresse.
„Er wohnt allein?“
„Ja.“
„Wann warst du bei ihm?“
Sie zog die Stirn kraus. „Kann ich
nicht auf die Minute sagen, aber wir waren um halb drei verabredet. Also so um
und bei halb drei.“
„Und du warst bis zum Abend mit
Herrn Masio zusammen?“
„Ja. Bis er mich so gegen halb elf
nach Hause gebracht hat.“
„Was macht er?“
„Was meinen Sie?“
„Beruflich. Ich meine, wenn du dich
um zwei Uhr nachmittags mit ihm treffen kannst...“
„Er hat ein paar Bewerbungen
laufen.“ Es klang defensiv und Almut war sicher, dass Funke das ebenfalls
auffiel.
„Also hat er keinen Job?“
Jetzt wurde es Almut zu bunt.
„Warum interessieren Sie sich so für diesen Kerl?“
„Mama,
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